Zeitschrift

steeldoc 02/08
Durchblick
steeldoc 02/08
zur Zeitschrift: Steeldoc
Herausgeber:in: Stahlbau Zentrum Schweiz
Stahl in der Fassade ist meistens Nebensache. Er soll möglichst nicht in Erscheinung treten, denn er dient ja bloss als Träger anderer, meist lichtdurchlässiger Materialien. Doch es kann auch ganz anders sein. Wenn Stahl in der Fassade sichtbar trägt und nicht nur hintergründig stützt, wird er zum Ornament. Natürlich ist Stahl an und für sich nicht lichtdurchlässig, aber er ist doch so form- und faltbar, dass das Licht ihn zu einem skulpturalen Element erhebt. Weil Stahl so eine elementare Kraft besitzt, wäre es geradezu unsinnig, eine solche Fassadenskulptur nicht gleich als Tragelement zu nutzen und dabei seine charaktervolle Materialpräsenz zu inszenieren. Wenn es dabei noch gelingt, mit Licht- und Schattenspiel dem Stahl jegliche Schwere zu nehmen, ist die Kunst vollendet.

Im vorliegenden Steeldoc zeigen wir, wie man das macht – und zwar detailgenau. Dass die Japaner Meister der ruhenden Leichtigkeit sind, anerkennen wir Europäer vorbehaltlos. So hat der Architekt Jun Aoki ein luftig leichtes und doch in sich ruhendes Raumvolumen für eine Hochzeitskapelle geschaffen. Dort trägt eine aus Stahlringen gewobene Struktur das Dach. Den Raum in Licht und Schatten taucht auch die Dachlaterne der Synagoge in München. Die Konstruktion ist eine Art Zelt mit einer ornamentalen Fachwerkkonstruktion als Tragstruktur und einem transparenten Metallgewebe als Hülle – ein Gedenken an das Zelt Jakobs. Beim Sammlungszentrum des Schweizer Landesmuseums in Affoltern am Albis tritt Stahl als Schutzschild gegen die Spuren der Zeit in Erscheinung.

Unbehandelte Stahlplatten, durchbrochen von einer zarten Linie, welche die Topographie der Alpenkette symbolisiert, trotzen Wind und Wetter. Stahl wird hier greifbar und in einer rohen, archaischen Weise zu einem natürlichen Schmuck der Fassade. Schliesslich folgt die fast vollständige Auflösung der Hülle in einem Hotel in Nordspanien. Hier verschwimmt die Grenze zwischen Aussen und Innen durch ein Verweben transparenter und metallischer Strukturen. Die Elemente Wasser, Erde, Licht und Metall sind zu einer verwirrenden,betörenden Komposition gefügt, der man sich am Ende widerstandslos ergibt. Es gibt hier nichts zu verstehen, sondern nur zu empfinden.

Allen Projekten ist gemein, dass sie Stahl als sichtbares Tragelement sinnlich erfahrbar machen. Und es ist wie mit allen Dingen: ein Element alleine genügt nicht. Stahl wird dann wirklich schön, wenn er in einem harmonischen Gefüge von harten und weichen Elementen seinen Ausdruck findet. Deshalb gilt hier die Hommage weniger dem Material, als dem Genie seiner «Schmiede». Wir wünschen viel sinnliches Vergnügen beim Studium und der Lektüre nachfolgender Seiten.

03 Editorial

04 Hochzeitskapelle White Chapel, Osaka
Herr der Ringe

10 Synagoge Ohel Jakob, München
Ein Zelt aus Stahl

16 Sammlungszentrum Landesmuseum, Affoltern a. A.
Schutzschild gegen die Spuren der Zeit

22 Restaurant und Hotel Les Cols, Olot, Spanien
Im Reich der Elemente

27 Impressum

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Stahlbau Zentrum Schweiz

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