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hochparterre 11|2009
Zeitschrift für Architektur und Design
hochparterre 11|2009
zur Zeitschrift: hochparterre

Zuerst die Landschaft, dann die Architektur

16. November 2009 - Roderick Hönig
Beim Bürohaus Futuro ist alles umgekehrt: Die 9100 Quadratmeter Nutzfläche liegt unter der Erde, der Garten auf dem Dach. Damit markieren die Architekten den Anfangspunkt der Kulturlandschaft des Waldenburgertals nicht, wie man erwarten würde, mit einem kantigen Volumen. Sie verwandeln die ehemalige Kuhweide in eine Art Klostergarten auf einer monumentalen, gegen Liestal ansteigenden Rampe. Erschlossen werden die Büroflächen übers Dach, in dessen Vegetationsmosaik ein Wegraster und Sitzplätze eingelassen sind. Der Aushub wurde aufs Dach geschüttet und grossflächig mit Stauden bepflanzt, die je nach Jahreszeit eine andere Farbe in den Vordergrund treten lassen.

Vier doppelgeschossige grüne Glaskuben mit den Eingängen und ein betonierter «Kopfbau» wachsen aus dem Dach heraus und geben den vorbeiflitzenden Pendlern einen Hinweis darauf, dass unter der Grünfläche auch noch ein Gebäude liegt. Alle Büros sind nach innen orientiert und reihen sich um insgesamt zehn grosse, im vorderen Teil zwei-, im hinteren Teil eingeschossige Lichthöfe. Diese sind karge klösterliche Orte der Ruhe, in denen aus langen Pflanzkisten mehrstämmige Grosssträucher wachsen. Die verglasten Hoffassaden sind gerade so hoch, dass man die umliegenden Hügelsilhouetten noch sieht. Überraschend ist, wie hell und offen die Büroräume sind und wie wenig man die entlang dem Gebäude verlaufende Überlandstrasse und die Waldenburgerbahn hört.

Diese städtebauliche Idee zeigt jedoch Schwachstellen auf der architektonischen Ebene — insbesondere bei den Abgängen zu den Büros. Der inszenierte spannende Zugang übers Dach weckt Erwartungen: Man fragt sich, wie es in den Glaskuben wohl nach unten geht. Doch wenn man die monumentalen Kästen betritt, passiert nichts. Man kommt in eine kühle Glashaube über einem schmucklosen Betontreppenhaus, aus dem ein kantiger Liftturm wächst. Das war ursprünglich nicht so geplant: Die Glastürme hätten bis in die Tiefgarage hinabreichen und Tageslicht ins Parkgeschoss bringen sollen, und sie sollten die Orientierung in den Untergeschossen erleichtern. Nun sind aus den emblemhaften Lichtkaminen blosse architektonische Zeichen ohne lichtleitende Funktion geworden.

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Für den Beitrag verantwortlich: hochparterre

Ansprechpartner:in für diese Seite: Roderick Hönighoenig[at]hochparterre.ch

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