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werk, bauen + wohnen 03-10
et cetera: DSDHA
werk, bauen + wohnen 03-10
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
DSDHA steht für die Namen der Londoner Architekten, deren Arbeit wir im ersten Beitrag vorstellen. Eine erstaunliche Vielfalt an Aufgaben haben sie bereits gemeistert, im kleinen wie im grossen Massstab. Vieles lassen sie im entwerferischen Prozess offen, arbeiten mit dem Prinzip der Schichtung, die nicht bis ins Letzte alles offenbart, auch Unvorhergesehenes ermöglicht und nicht selten eindeutig zweideutig ist.
«Ein Tisch ist ein Tisch» heisst eine der sieben Kindergeschichten des Schriftstellers Peter Bichsel aus dem Jahr 1969 – die wie Märchen nur vordergründig für Kinder gedacht sind. Den Protagonisten der kleinen Erzählung treibt eine ernsthafte philosophische Frage um: Sind die Dinge wirklich so, wie wir sie sehen und betiteln? Der alte Mann nennt sein Bett «Bett» und den Stuhl «Stuhl» – und wundert sich selber darüber: «Warum denn eigentlich? Die Franzosen sagen dem Bett «lit», dem Tisch «table», nennen das Bild «tableau» und den Stuhl «chaise», und sie verstehen sich. Und die Chinesen verstehen sich auch. – «Weshalb heisst das Bett nicht Bild», dachte der Mann und lächelte, dann lachte er, lachte, bis die Nachbarn an die Wand klopften und «Ruhe» riefen.»
Das scheinbar Einfache erweist sich bei genauerem Hinschauen als schwierig, das Offensichtliche als doppeldeutig. So kann ein Haus durchaus gleichzeitig das «Bild» seiner selbst sein oder des Archetyps, den es darstellt. In Weil am Rhein treffen wir auf ein Gebäude, das zwar «Haus» genannt wird, aber eigentlich gar keines ist – sondern aus einem ganzen Stapel Häuser besteht. Diese wiederum sehen aus, wie sich jedes Kind ein Haus vorstellt, und machen das ganze «Vitra-Haus» zum kunstvollen multiplizierten Bild seiner selbst.
Zum Glück werden die Verhältnisse im Herzen der Schweiz klarer: Ein Dorf ist ein Dorf – z.B. am Walensee. Doch halt... Die Häuser in Answiesen, die Bank und das Dorflädeli, stehen nur scheinbar um einen funktionierenden, friedvollen Dorfplatz. In Wirklichkeit sind sie Kulissen, in denen vor allem geschossen, gekämpft, mit Rauchgas und Gummischrot gewütet wird. Eine besondere Art Authentizität ist das wichtigste Element militärischer Übungsdörfer: Sie sind echt falsch.
Eine Schule wenigstens ist eine Schule, mag man denken – auch im universitären Kontext. Nicht ganz in der Ostschweiz, wo die neue Dreifachsporthalle der Hochschule St. Gallen seit ihrer eigentlichen Fertigstellung noch nie als solche genutzt wurde. Vielmehr beherbergt sie mehrere Seminar- und Lehrräume, die schon im Wettbewerb als Provisorien ausgeschrieben, von Anfang an eingebaut wurden und drei Jahre stehenbleiben sollen. Bis 2011 ist also auch die Halle keine Halle. – Bichsels Geschichte endet traurig: Der Mann benennt die Dinge neu und erfindet eine eigene Sprache – mit dem Resultat, dass ihn keiner mehr versteht. Wir hoffen aufs Gegenteil: Dass es diesem Heft gelingt, zu überraschen, zu zeigen, was unter der Oberfläche der Dinge liegt, das Sein hinter dem Schein zu beschreiben und zu erläutern.

Rosamund Diamond
Dynamische Collagen: DSDHA Deborah Saunt David Hills Architects – ein Architekturbüro in London

Anna Schindler
Domestic Scale: Das Vitra-Haus von Herzog & de Meuron in Weil am Rhein

Aita Flury und Katharina Stehrenberger
Ambivalentes Le Havre: Eine Annäherung an Potenziale und Defizite in Auguste Perrets Wiederaufbau des Stadtzentrums

Tibor Joanelly
Taktischer Funktionalismus: Besuch in der supponierten Normalität

Caspar Schärer
Kontrollierte Zwischennutzung: Sporthalle und Provisorien für Seminarräume an der Universität St. Gallen von Lauener Baer Architekten

Avec des résumés en français à la fin des articles
With english summaries at the end of the articles

Forum
Orte: Bettina Oberli
Einfamilienhaus: Haus in Weggis LU von Unger & Treina Architekten, Zürich
Wettbewerb Kunstmuseum Basel, Erweiterungsbau «Burghof»
Zum Wettbewerb für den Neubau der Nouvelle Comédie in Genf
Zum werk-material: Gemeindesaal – Kirchenzentrum in Flawil von
Bischoff Kopp Architekten und Blatter Müller Architekten
Zum werk-material: Evangelisches Kirchgemeindezentrum Dornach von Pascal Guignard und Stefan Saner
Bauten: Zur Debatte um den Engepark
Stadtentwicklung: «Recht auf Stadt»?
bauen rechnen: Zielgruppen im Wohnungsbau: «Junge Singles»
Umbauten: Umbau Villa und Nebenhaus in Engelberg
Innenarchitektur: Maiensässhotel Guarda Val in Sporz, Lenzerheide
Forschung: Das BSA-Forschungsstipendium 2010
bauen rechten: Die Landschaftsarchitekten als Geprellte bei Architekturwettbewerben
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werk-material
Bischoff Kopp Architekten und Blatter Müller Architekten, Zürich: Gemeindesaal – Kirchenzentrum in Flawil SG
Guignard & Saner Architekten, Zürich: Evangelisches Kirchgemeindezentrum Dornach SO

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