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werk, bauen + wohnen 10-10
Die Vorstadt
werk, bauen + wohnen 10-10
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
Die «Vorstadt» ist aus dem heutigen Sprachgebrauch fast verschwunden. Nur hie und da taucht das Wort wieder auf, wenn vom «herben Charme der Vorstadt» oder sogar von einer «Vorstadt-Avantgarde» die Rede ist. Das liegt wahrscheinlich an der Schwierigkeit, eine klare Grenze zwischen Kernstadt, Vorstadt, Agglomeration und suburbanem Gürtel zu ziehen. Angesichts weitläufiger Stadtregionen erscheint die Definition einer Vorstadt tatsächlich nicht mehr zeitgemäss: Wenn überall gleichermassen Stadt ist, kann es gar keine Vorstadt geben. Diese Blickweise blendet jedoch die vielfältigen Ausformulierungen der Stadt innerhalb einer verdichteten Siedlungsgebietes aus. Stadt mag überall sein, aber gewiss in unterschiedlicher Intensität. Wenn wir in diesem Heft von Vorstädten sprechen, schauen wir auf die schon vor dem Zweiten Weltkrieg verstädterten Gemeinden in der nahen Umgebung von Kernstädten. In Orten wie Schlieren, Dietikon, Kloten, Renens, Pratteln, Emmen oder Kriens spielen sich Transformationsprozesse in einem bisher nicht gekannten Tempo und Massstab ab. Das «Urbane», verstanden als das fruchtbare Nebeneinander unterschiedlicher Nutzungen und Bevölkerungsschichten, macht sich ausgerechnet in den als besonders urban bezeichneten Zentren der Kernstädte zunehmend rar. Allein die Marktmechanik der Bodenpreise führt zu einer Ausdifferenzierung und Homogenisierung der Bewohner über das Einkommen. Auf der Suche nach Bauland richtet die Immobilienwirtschaft deshalb ihr Augenmerk auf die Vorstädte: grosse Areale, hohe Ausnützungspotenziale, kürzere Entscheidungswege und weniger kontextuelle Anpassungsarbeit erleichtern die Verwertung der Grundstücke.
Die Entwicklung ist nicht zu übersehen, trotzdem findet eine entsprechende Planungs- und Baukultur erst langsam ihren Weg in die Vorstädte des frühen 21. Jahrhunderts. Grund genug also, diesen so geläufigen wie unbekannten Gebieten, denen wir im Gegensatz zur unpersönlichen Agglomeration mehr Qualitäten beimessen, ein Heft zu widmen. Im einleitenden Gespräch schildern Manuel Scholl von agps.architecture und Andreas Sonderegger von pool Architekten, wie sie räumliche Vorstellungen für grossflächige Planungen in Schweizer Vorstädten wie Pratteln und Emmen entwickeln. Der Städtebauhistoriker Angelus Eisinger lokalisiert in der näheren Umgebung von Zürich «wanderende Typologien» von Wohnbauten, während Anna Schindler auf einer Rundfahrt durch den Ouest Lausannois auf eine sich dynamisch entwickelnde Vorstadt trifft, in der sich eine neue Identität gerade erst herausschält. Von der ganz eigenen Charakteristik des schon 1919 von Bern einverleibten Bümpliz berichtet Christoph Schläppi, und Thomas Stadelmann machte sich auf nach Kloten zur Zentrumsüberbauung «Square» von Ernst Niklaus Fausch Architekten. Schliesslich stellt uns ein Autorenteam von der Hochschule Rapperswil und vom Kompetenzzentrum Soziale Räume der FH St. Gallen den typischen Vorstadt-Bewohner als Menschen in einer «doppelten Randlage» vor.

Die Redaktion

Im offenen Raum Manuel Scholl und Andreas Sonderegger im Gespräch mit Tibor Joanelly und Caspar Schärer

Angelus Eisinger
Montageplätze des urbanen Wohnens K(l)eine Ode an die Vorstadt

Thomas Stadelmann
Grundsteinlegung in Kloten Zentrumsüberbauung von Ernst Niklaus Fausch Architekten

Christian Reutlinger, Joachim Schöffel, Eva Lingg
Der Vorstadt-Bewohner Sozialgeografische Betrachtungen

Anna Schindler
Im Westen viel Neues Wo die Vorstadt geplant gedeiht: Eine Rundfahrt durch Lausanne-Ouest

Christoph Schläppi
Bümpliz Mythos und Realität einer Vorstadt

Forum
Orte: Beatrix Ruf
Einfamilienhaus in Thônex von Nussbaumer Perone Architectes
Wettbewerb: Zur Thesenkonkurrenz Klanghaus Toggenburg
Zum werk-material: Bürogebäude Axpo in Baden von Meier Leder Architekten
Zum werk-material: Der Hauptsitz der IUCN in Gland von agps.architecture
Umbauten: Zur Umnutzung einer Industriebrache auf dem Pérolles-Plateau in Fribourg von Lehmann Fidanza & asscociés, Fribourg und Zürich
Innenarchitektur: Umbau der Apotheke am Schaffhauserplatz in Zürich von Baumann Roserens Architekten
Bücher: Raumpilot – Ein neues Nachschlagewerk für Architekten
Ausstellung: «Geschichte der Rekonstruktion – Konstruktion der Geschichte» in München
Leserbrief: Zum Beitrag «Hinter den Kulissen», in: werk, bauen wohnen 4|2010, S. 20–25
bauen rechnen: Zielgruppen im Wohnungsbau: «Ältere Paarhaushalte»
bauen rechten: Aktuelle Rechtsfragen im öffentlichen Baurecht
Ausstellungen | Veranstaltungen
Neuerscheinungen | Produkte

werk-material
agps architecture, Zürich: IUCN Conversation centre, Gland, VD
Rolf Meier Martin Leder AG, Baden: Bürogebäude Axpo AG, Baden, AG

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