Zeitschrift

werk, bauen + wohnen 01/02-11
Vorgefertigt
werk, bauen + wohnen 01/02-11
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
Das vorliegende Heft nähert sich dem Thema der Vorfabrikation von einer ungewohnten Seite, nämlich von den einzelnen Bauteilen her. Von übergeordneten Bausystemen ist hier nur unterschwellig die Rede. Bei der Konzeption dieser Ausgabe interessierten uns die unscheinbaren und gerade deshalb erfolgreichen Bauelemente und eine alltägliche Systematik im Bauen, die einem pragmatischen Weg zwischen architektonischem Entwurf und der Machbarkeit auf der Baustelle folgt. Schnell wurde klar, dass dieser Bereich des Konstruierens aus der Zusammenarbeit von Architekt, Hersteller, Ingenieur und – oft ungelerntem – Arbeiter heraus fast unbemerkt eine Menge an Innovationen hervorbringt. Den hier gezeigten Bauten gemein ist, dass bei allen Elemente verbaut wurden, die sehr einfach und robust sind und dennoch funktional speziell ausgerüstet wurden. Sie vermögen verschiedene Funktionen wie Tragen, Dämmen und Medieninstallation in sich zu vereinen und teilweise sogar mit einer veredelten Erscheinung zu verbinden.

Vorfertigung ermöglicht heute für das einzelne Element eine Komplexität, die zwar weit unterhalb den Möglichkeiten und Erwartungen vorausschauenden Planens liegt, die aber auf der Baustelle ein hohes Mass an Vereinfachung und Rationalisierung mit sich bringt. Gegenüber herkömmlichen standardisierten Bauelementen ist die höhere Komplexität der Elemente aber augenfällig. Hochaufgerüstete Bauteile, die sowohl untereinander als auch zwischen Baustelle, Hersteller und Architekt vermitteln, finden sich in der Architekturgeschichte nur wenige: Zu verorten wären sie allenfalls in einer Geschichte der Bautechnik: Erwähnt werden müssen etwa Hourdis-Decken und die ihnen verwandten Systeme, welche bis zum Siegeszug der Eisenbeton-Flachdecke den Alltag der Baustelle prägten.

Eine bekannte Ausnahme stellen die «textile blocks» von Frank Lloyd Wright dar. Die Elemente, die Wright ab etwa 1920 entwickelte, kommen mit ihrer formal-konstruktiven Komplexität heutigen funktional hybriden Elementen sehr nahe. Heute verschwinden Bauelemente oft hinter einer Isolationsschicht – und trotzdem deuten die Möglichkeiten der Bautechnik in Richtung einer Architektonisierung: Ganz im Sinn Frank Lloyd Wrights ist es vom stummen Bauelement hin zu einem sprechenden Gewebe nur ein kleiner Schritt. Dabei bietet der Bauprozess selber Hand, denn eine Verringerung von Schichtenzahl und Konstruktionsstärke geht mit einer Vereinfachung auf der Baustelle einher und sie ermöglicht darüber hinaus eine ästhetische Aufwertung des einzelnen Elements. Hier offenbart das Bauen plötzlich eine lang in den Hintergrund gedrängte Tektonik: Modularität und konstruktive Systematik zwingen Entwerfende zur Disziplin. Sie führen aber auch zu einem inneren Zusammenhalt des Entwurfs, der sich vielleicht nicht immer auf den ersten Blick mitteilt, der aber jeweils mindestens latent mitschwingt.

Inhaltsverzeichnis:

Sacha Menz
Der Versuch, die Lücke zu schliessen Über die Vorfertigung im Bauprozess – Von der Teilfertigung zum Ganzen

Jürg Graser
Keine Angst vor der Regel Ein Plädoyer für das Allgemeine in der Architektur

Christoph Wieser
Befreite Systembauweise Wohn- und Geschäftshaus Badenerstrasse von pool Architekten und
Wohnhaus Habsburgstrasse von Hauenstein La Roche Schedler hls Architekten, beide in Zürich

Caspar Schärer
Serie nach Mass Neubau Zentrum für Alterspsychiatrie Klinik St. Pirminsberg, Pfäfers SG,
von huggenbergerfries Architekten

Thierry Voellinger
Schlank und effizient An der EPFL wird ein neues, ultradünnes und hochisolierendes Betonelement entwickelt

Forum

Orte: Ricco Bilger
Einfamilienhaus in Port von Bart Buchhofer Architekten
Städtebau-Wettbewerb «Métamorphose, Les Plaines-du-Loup» in Lausanne
Mittwirkungsprozesse beim Wettbewerb für das Pfingstweidareal
Zum werk-material: Schulanlagen Oescher in Zollikon von Harder Spreyermann Architekten und Collège du Léman in Renens von Javet Esposito Architectes
Umbauten: Umbau der Fabrik Levy Fils AG in Basel zum Musikerwohnhaus
mit neun Wohnungen von Buol & Zünd Architekten
Bauten: Shanghais Stadterneuerung und die Sanierung des Rockbund-Museums
durch David Chipperfield Architects
Design: Willy Guhl, ein Gestalter auf Reisen
Nachruf: Jakob Zweifel (1921–2010)
Nachruf: Heidi Wenger (1926–2010), Peter Wenger (1923–2007)
Ausbildung: Wir sind gut und günstig
Ausstellung: Karl Moser – Architektur und Kunst
Bücher: Vittorio Magnago Lampugnanis Städtebau-geschichte in zwei Bänden
bauen rechten: Kostenvoranschlag und Kostenüberschreitungen

werk-material

Harder Spreyermann, Architekten ETH/SIA/BSA AG, Zürich: Neubau Schulhaus Oescher B und Betreuungshaus C, Zollikon, ZH
Esposito & Javet, Lausanne: Collège du Léman, Renens, VD

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Weiterführende Links:
Verlag Werk AG

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