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db deutsche bauzeitung 04|2011
Schwarzwald
db deutsche bauzeitung 04|2011

Markante Transparenz

Erweiterung derProduktionshalle der Firma Ziefle Koch in Waldachtal-Cresbach

Roh und dennoch edel: Die in Teilen gläserne Produktionshalle im nördlichen Schwarzwald verweist mit ihren ungewöhnlichen Baumstamm-Stützen geschickt auf den Rohstoff, der hier bearbeitet wird. Ein passendes und wirkungsvolles Motiv für einen Inneneinrichter.

11. April 2011 - Ulrike Kunkel
Übersehen kann man den Hotel- und Objekteinrichter Ziefle Koch spätestens seit den jüngsten Baumaßnahmen auf seinem Firmenareal in Waldachtal-Cresbach freilich nicht mehr. Von Osten, aus Richtung Stuttgart kommend, kündet schon aus einiger Entfernung eine Stützmauer aus ca. 500 Granitstein-Blöcken von der Größe und Bedeutung des Familienbetriebs für die Region. Eine imposante, wenngleich vielleicht etwas zu mächtig geratene Geste für die knapp 6 000 Einwohner umfassende Gemeinde Waldachtal im Landkreis Freudenstadt im nördlichen Schwarzwald und den lediglich 800 Seelen zählenden Ortsteil Cresbach. Folgt man der Straße (zunächst entlang der Steinmauer), umrundet man das Firmengelände fast vollständig, bis man von Westen die Besucherzufahrt und den Haupteingang erreicht. Rechter Hand liegt die neue »gläserne« Produktionshalle, deren Besonderheit die groben Baumstamm-Stützen hinter der Glasfassade sind: »das neue Gesicht der Firma«, wie Gunnar Ziefle, Sohn des Inhabers, das Gebäude durchaus treffend bezeichnet. Denn diese, ebenfalls markante, dabei aber wesentlich zurückhaltendere Geste erscheint schlüssig und überzeugt durchaus.

Gelungene Neuorganisation des Firmenareals

Platzmangel in den bestehenden Hallen und der Bedarf nach Erweiterung machten den Bau dieser Produktionshalle erforderlich. Da es im Zuge der Planungen aber nicht ausschließlich um den Neubau der Halle gehen sollte, sondern auch um eine Umstrukturierung des gesamten, seit den 60er Jahren kontinuierlich entwickelten Areals, erstellte das Architekturbüro Schmelzle und Partner zunächst einen Masterplan. So konnte sichergestellt werden, dass die Ausrichtung des Gebäudes, die neue Zufahrt, die Mitarbeiter- sowie Besucherparkplätze und der Logistikhof für Anlieferung und Versand funktionieren würden sowie spätere Erweiterungen auf dem Gelände möglich wären. Mit der Verlagerung des Logistikhofs auf die Ost-Seite – und damit weg vom Haupteingang und der Besucherzufahrt – bestand außerdem die Chance, das gesamte Firmen-Entree gestalterisch aufzuwerten. Das neue Gebäude sollte ein Übriges dazu beitragen und dem Holzverarbeiter und Inneneinrichter Ziefle Koch zu einer einprägsamen Adresse verhelfen.

Architektonisch gliedert sich die Halle in zwei Bereiche: Die Fassaden zum Betriebshof sind technisch und funktional gemäß den Nutzungsanforderungen gehalten, im Bereich der Besucherzufahrt sind sie hingegen als Glasfassaden ausgeführt (außen: ESG 12 mm, innen: Float 10 mm, SZR 16 mm, Ug-Wert: 1,1 W/m²K). Durch die gläserne Hülle wird Einblick in den vollautomatischen Lagerbereich für etwa 3 000 Spanplatten gewährt. Größe, Konstruktion und innere Aufteilung der Halle werden im Wesentlichen durch ihre Nutzung bestimmt. Die Abmessungen des auf zwei parallelen Schienen laufenden Portalkrans, mit dem das Plattenmaterial befördert wird, erfordern einen stützenfreien Raum, weshalb die Lasten des Stahltragwerks lediglich im Bereich der Fassaden abgetragen werden. Auf den »Schauseiten« des Gebäudes unmittelbar hinter den Glasflächen über 67 nur geraspelte, nicht geschälte, und damit relativ roh belassene, z. T. diagonal gestellte Eichenstämme mit einem Durchmesser von ca. 25 cm. »Ein Verweis auf den Rohstoff, der in der Tischlerei dann weiter bearbeitet und verfeinert wird«, so Ziefle. Die Baumstämme kommen übrigens aus dem Nachbarort und haben auf ihrem Weg zur Baustelle lediglich wenige Kilometer zurückgelegt.

Die technische Erschließung der Produktionshalle erfolgt ausschließlich über den Bestand, so dass auf neue Technikräume verzichtet werden konnte. Das Gebäude wird über eine Späneheizung, die mit anfallendem Restholz aus der Tischlerei befeuert wird, beheizt und verfügt über eine Betonkernaktivierung.

Zeichen am Ortsrand

Die Grundidee der Kombination der Materialien Glas und Holz war fast von Beginn an klar, die detaillierte Ausformulierung des Entwurfs erfolgte in einem engen Abstimmungsprozess zwischen Planer und Bauherr. Kein Problem, denn der Architekt ist mit der Bauherrn-Familie verwandt. Keine Seltenheit in der Region, oft sind die an Planung und Bau Beteiligten miteinander verwandtschaftlich verbunden oder bereits zusammen zur Schule gegangen. Im Falle des Projekts in Waldachtal scheint die Zusammenarbeit jedenfalls funktioniert zu haben. Das Ergebnis erfüllt die Wünsche und Erwartungen des Bauherrn, trifft auf große Akzeptanz bei Mitarbeitern und Kunden und setzt in der kleinen Gemeinde ein markant transparentes architektonisches Zeichen am Ortsrand, das zudem Bezüge zu seiner Nutzung herstellt.

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Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: Ulrike Kunkelulrike.kunkel[at]konradin.de

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