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TEC21 2013|40
Baubiologie
TEC21 2013|40
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Spezialisten für die dritte Haut

Gebäude sind nach dem Verständnis der Baubiologie die «dritte Haut» des Menschen. Baubiologisches Bauen hat somit zum Ziel, dass sich die Nutzer in dieser Hülle möglichst wohl fühlen und gesund bleiben. Daneben bezieht es auch bauökologische Aspekte mit ein, also die Umweltbelastungen durch Bauvorhaben.

27. September 2013 - Claudia Carle
Bei einem Neu- oder Umbau nach baubiologischen Kriterien stehen einerseits die Raumgestaltung und bauphysikalische Aspekte (Licht, Farbe, Temperatur, Feuchtigkeit, Akustik) im Vordergrund, andererseits die Auswahl der Materialien. Bevorzugt werden natürliche und zugleich umweltfreundliche Baustoffe wie Holz, Lehm oder Kork.[01] Ein zweiter Schwerpunkt ist das Erkennen und Vermeiden von Störfaktoren wie Schadstoffe im Innenraum (u. a. Formaldehyd, VOC, Asbest, Radon oder Schimmelpilze) und elektrische sowie magnetische Felder, deren Quellen sowohl ausserhalb als auch innerhalb des Gebäudes liegen können. Das Einsatzgebiet der Baubiologie erstreckt sich über den gesamten Planungs- und Ausführungsprozess, beginnend bei der Auswahl des Grundstücks bzw. der Platzierung des Gebäudes bis hin zur Auswahl der Materialien für den Innenausbau. Baubiologen stützen sich dabei sowohl auf wissenschaftlich abgesicherte Untersuchungsmethoden und Richtwerte als auch auf Erfahrungswissen.[02]

Als Begründer der Baubiologie gilt der deutsche Arzt Hubert Palm, der in seinem 1972 erschienenen Buch «Das gesunde Haus» erstmals den Zusammenhang zwischen Gebäuden und dem Auftreten gewisser Krankheitsbilder, in erster Linie Haut- und Atemwegserkrankungen, beschreibt. Bereits seit 1955 hatte er darauf in verschiedenen Vorträgen und Artikeln hingewiesen. Seine Beobachtungen an kranken Patienten decken sich zeitlich weitgehend mit der Einführung petrochemischer Produkte im Bauwesen, beispielsweise in Leimen oder Farben. Daraufhin entstanden Anfang der 1970er-Jahre in Deutschland erste baubiologische Vereinigungen und Pionierprojekte. 1977 wurde auch das Schweizerische Institut für Baubiologie SIB in Sullens VD gegründet. 2002 musste es aus finanziellen Gründen geschlossen werden, und ein Verein unter der Bezeichnung «Schweizerische Interessengemeinschaft Baubiologie SIB»3 übernahm seine Aufgaben. Aktuell zählt die SIB rund 800 Mitglieder und ist damit einer der grössten Baubiologievereine weltweit. Seit 2011 führt die SIB auch die Geschäftsstelle des Baustofflabels natureplus.

Während die Ausbildung zum Baubiologen in den umliegenden Ländern über Fernlehrgänge erfolgt, bietet in der Schweiz die Bildungsstelle Baubiologie4 seit 1996 einen eigenständigen Kurs mit Fachdozenten an. Die zehn Module (vgl. Kasten) mit 21 Kurstagen können berufsbegleitend in ein bis drei Jahren absolviert werden und mit dem eidgenössisch anerkannten Fachausweis als Baubiologe/Baubiologin SIB abgeschlossen werden. Die Ausbildung richtet sich an Fachleute sowohl aus dem Handwerk als auch aus der Planung.


Anmerkungen:
[01] Auflistung empfehlenswerter Materialien: www.gesundes-haus.ch → Themen von A–Z → Naturbaustoffe – Tipps
[02] Auflistung baubiologischer Richtwerte: www.gesundes-haus.ch → Themen von A–Z → Baubiologieberatung – Tipps
[03] www.baubio.ch
[04] www.bildungsstellebaubio.ch

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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