Zeitschrift

TEC21 2014|20
Spiel mit dem Feuer
TEC21 2014|20
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Heiss, aber harmlos

Russ und Asche sind unerwünschte Nebenprodukte, wenn es darum geht, die Wärme- und Rauchausbreitung eines Brands nachzustellen.
Ein neues Verfahren simuliert Brände verunreinigungs- und zerstörungsfrei.

16. Mai 2014 - Nina Egger
Um die Gefahr durch einen Brand zu minimieren, wird der Entstehung und Ausbreitung eines Brands baulich vorgebeugt. Sollte es dennoch dazu kommen, dass es brennt, gibt es Massnahmen, die gewährleisten, dass sich alle Anwesenden ausreichend schnell in Sicherheit bringen können. Für die Zeit der Evakuierung muss eine raucharme Schicht vorhanden sein, in der sich die Personen fortbewegen können. Daher muss in einem Konzept die Rauch- und Wärmeausbreitung geplant werden.

Wenn ein Brandschutzkonzept objektspezifisch zu erstellen ist, wird es rechnerisch nachgewiesen und mit einer Computersimulation überprüft. Zur Verifizierung der numerischen Simulation bietet sich zusätzlich ein Versuch am gebauten Objekt an.

Dazu gibt es drei Arten von Rauchtests, die alle wertvolle Resultate, aber auch Probleme mit sich bringen. Mit dem Kaltrauchtest kann lediglich die Funktionalität der Rauchabzüge überprüft werden, es gibt keine Rauchschichtung. Warmrauchtests stellen zwar die Rauchschichtung dar, aber wegen der zu geringen Temperatur keine realistische. Die Wärmeverteilung entspricht nicht der eines realen Brands.

Beim Realbrandversuch werden bislang flüssige Kohlenwasserstoffe in Form von sogenannten «poolfires» verbrannt. Damit lassen sich zwar die Wärmeentwicklung nachbilden und Temperaturen im Versuchsraum untersuchen, aber es bleiben Rückstände der Verbrennung an den Wänden und der Decke zurück. Die Beseitigung der Verunreinigungen stellt einen zusätzlichen finanziellen Aufwand dar.

In einer Forschungsarbeit hat ein Team der Basler&Hofmann AG Zürich in Zusammenarbeit mit der University of Edinburgh einen neuen Realbrandversuch entwickelt, mit dem ein breites thermisches Spektrum und die Rauchausbreitung nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ untersucht werden können. Ziel war es, die Verschmutzung des Untersuchungsraums und eine mögliche Gefährdung der Anwesenden sowie die potenzielle Beschädigung von Bauteilen zu vermeiden.

Die mobile Anlage in der Grösse eines Tischs besteht aus einem Gasbrenner und der Nebelmaschine sowie im Raum verteilten Sensoren zur Temperaturaufzeichnung. Dem Propangas im Brenner wird gezielt und unter Druck so viel Sauerstoff zugeführt, dass die Verbrennung im stöchiometrischen Gleichgewicht passiert. Stöchiometrisch bedeutet, dass in der chemischen Reaktionsgleichung kein Rest bleibt. Alle Atome, aus denen sich die Moleküle des Ausgangszustands zusammensetzen, werden im Endzustand gebraucht.

Die Kardinalgleichung für die Verbrennung von Propangas lautet: C3H8+5O2->3CO2+4H2O. Für jedes Mol Propan müssen also 5 Mol O2 zugeführt werden, um eine vollständige Verbrennung zu gewährleisten. Bei Methan wäre das Verhältnis für die stöchiometrische Verbrennung 1 : 2. Abgesehen davon, dass die stöchiometrische Verbrennung sauber ist, wird dabei fast ausschliesslich (98 %) konvektive Wärme freigesetzt. Diese ist die für Rauch- und Wärmeabzugsanlagen relevante Wärmeform. Bei einem Naturbrand von 1.9 MW ist ca. ein Drittel der Wärme Strahlungswärme. Das heisst, im Realbrandversuch müssen 1.25 MW konvektive Wärme erzeugt werden, um den Naturbrand nachzustellen. Durch die geringe Strahlungswärme müssen die den Test durchführenden Personen seitlich der Flamme kaum Abstand halten.

Um den Rauch eines natürlichen Brands nachzustellen, wird oberhalb des Brandherds ein hitzebeständiges, niederschlagsfreies Nebelfluid zugeführt. Unter der Hitzeeinwirkung des Brenners verhält es sich genauso, wie Rauchgas es tun würde. Damit wird die Rauchschichtung, die es bei einem Naturbrand gäbe, sicht- und messbar.

Die Wärmefreisetzung wird stufenweise geregelt, wodurch die ganze Bandbreite eines Brands abgedeckt wird. Beliebige Brandverläufe werden auf diese Weise nachgebildet. Die Messung der Temperaturen und die Darstellung des Rauchs sind dadurch realitätsnäher, als dies bei konstanter Hitze der Fall wäre.

Der neu entwickelte Realbrandversuch weist die raucharme Schicht während der Evakuationsphase realistisch nach. Der Versuch kann in Gebäuden, Tiefgaragen und Tunnels durchgeführt werden. Er überprüft die Realitätsnähe von Simulationen, wenn diese aufgrund einer komplexen Gebäudegeometrie die Realität nicht exakt genug abbilden können.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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