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TEC21 2014|25
Grüne Infrastruktur
TEC21 2014|25
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

M25 versus A13

Die Ausbreitungsachsen der Wildtiere enden nicht an den Landesgrenzen. Doch inzwischen werden Luchs, Hirsch oder Wildkatze durch Tierquerungshilfen gelenkt und ihre Wanderungen genau verfolgt.

20. Juni 2014 - Daniela Dietsche
Die europäischen Länder stehen alle mehr oder weniger vor demselben Problem: Die Lebensräume der Wildtiere sind überbaut, verkleinert, isoliert oder in ihrer Qualität beeinträchtigt. Die Gefahr ist seit den 1980er-Jahren bekannt, dennoch verschärft sie sich laufend weiter. Vor allem Querungshilfen für Grosssäuger durchzusetzen scheint aufgrund der Finanzlage und der Genehmigungsprozesse schwierig zu sein. Alle Beteiligten – Landwirte, Verkehrswegebauer, Behörden und Naturschützer – dazu zu bringen, an einem Strang zu ziehen, ist ebenfalls kein länderspezifisches Problem. Es geht nicht nur darum, die heute heimischen grossen Wildtiere wie Rothirsche oder Wildschweine zu schützen und deren Situation zu verbessern, sondern auch Raubtieren wie Luchs, Wolf oder Bär wieder eine Heimat zu bieten. Erste Erfolge gibt es bereits.

Anfang Mai wanderte wieder ein zweijähriger männlicher Bär durch das Münstertal. Diese Aussagen zu M25, wie die Kennung des Bären lautet, stützen sich nicht nur auf Zufallsbeobachtungen. Der Bär wurde am 12. Februar 2014 im Südtirol eingefangen und besendert. Um die Wanderbewegungen nachzuvollziehen und die wichtigsten Korridore festzulegen, werden die Wildtiere überwacht. Für dieses Monitoring kommen mehrere Methoden infrage. Die Fotofallen-Beobachtung wird in der Schweiz seit 1998 angewandt und gehört heute zu den Standardmethoden. Gegenüber der reinen Spurensuche hat sie den Vorteil, auch das Verhalten der Tiere beobachten zu können. Zudem müssen die Tiere nicht vorab besendert werden. Wildtiere wie Luchse oder Rothirsche, die ein Sendehalsband tragen, können mit Radiotelemetrie angepeilt werden. Der im Halsband integrierte Sender überträgt auf einer individuell vergebenen Frequenz ein Signal. Seit 2005 werden in der Schweiz auch GPS-GSM- Systeme eingesetzt. Die GPS-Einheit im Halsband der Tiere speichert zu vorprogrammierten Zeiten den Standort und verschickt die Daten über das GSM-Mobilfunknetz direkt an einen Computer, an dem sie weiterverarbeitet werden können. Durch Umfragen beispielsweise bei der Jägerschaft und Zufallsbeobachtungen werden die Ergebnisse verdichtet. Zufallsbeobachtungen sind wertvoll, weil sie auf neue Entwicklungen hinweisen oder Lücken im Monitoringsystem aufdecken. Die Anzahl bekannter Verluste in den Populationen und die Verlustursachen liefern wichtige Hinweise über den Zustand der Populationen. Dazu gehören tot aufgefundene Tiere, aus den Populationen entfernte Tiere und konkrete Hinweise auf Wilderei. Genetische Methoden helfen ebenfalls, Wanderbewegungen nachzuvollziehen.

In Bezug auf spezifische Tierquerungshilfen ist es interessant zu zu wissen, wer die Wildtierpassage nutzt und ob es sich bei den nachgewiesenen Tieren um unterschiedliche Individuen handelt. Um beurteilen zu können, ob das Bauwerk seine ökologische Funktion erfüllt, ist es wichtig, Aussagen zum Verhalten der Tiere machen zu können. Zeigen die Tiere Anzeichen von Stress, oder fühlen sie sich wohl? Je nach Ergebnis können diverse Anpassungen erforderlich sein. Insgesamt ist das Ziel dieser Überwachungen, mehr über das Verhalten der Wildtiere und die Wirksamkeit der Wiedervernetzungsmassnahmen zu erfahren. Grünbrücken funktionieren insgesamt sehr gut; ob sie jedoch die Überlebenschancen und den Genfluss im Hinterland gewährleisten können, kann noch nicht beantwortet werden.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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