Zeitschrift

werk, bauen + wohnen 11-18
Lernlandschaften
werk, bauen + wohnen 11-18
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
Die Schule erfindet sich soeben neu. Moderne pädagogische Grundsätze stellen das einzelne Kind in den Mittelpunkt, es soll in der Schule möglichst selbstständig Kompetenzen erwerben, unterstützt von einem Team von Lehrpersonen. Im Gleichschritt mit diesem inneren Umbau der Schule sind die Erwartungen der Gesellschaft an sie gewachsen: an ihre soziale Integrationskraft, aber auch an Wissen und Können ihrer jungen Abgänger. Immer deutlicher zeichnet sich schliesslich ein Übergang zur Ganztagesschule ab, die nicht nur berufstätige Eltern entlastet, sondern benachteiligten Kindern sehr viel bessere Integrations- und Bildungschancen verspricht.

Durch diese Veränderungen geraten traditionelle Schulhaustypologien unter Druck; die vertrauten vier Wände des Klassenzimmers verlieren ihre absolute Bedeutung. Cluster und Lernlandschaft bieten neue Raumsequenzen an, welche ein klassenübergreifendes Arbeiten in ganz unterschiedlichen Gruppenkonstellationen ermöglichen. Sie bilden im grossen Schulhaus überblickbare, geschützte Zonen mit grosser innerer Flexibilität. Mit der Auflösung des Klassenzimmers verlieren Korridore und Treppenhäuser ihre traditionelle Bedeutung – auch als Spielfeld der Architektur: Die einst so lärmigen, aber repräsentativen Erschliessungsräume werden für den Unterricht und für die Betreuung beansprucht. Schulen, die schon nach neuen typologischen Grundsätzen gebaut wurden, fanden wir überwiegend jenseits der Schweizer Landesgrenzen, im nahen Bregenz und in München. Die Beispiele zeigen sehr deutlich, dass neue Unterrichtsformen und Schulhaustypologien vor allem dann gut funktionieren, wenn sie von der Schule selbst in partizipativen Diskussionen entwickelt und getragen werden. Dies erfordert ein Umdenken bei Bestellern wie bei Architekturschaffenden und hat sogar Einfluss auf die Art, wie Wettbewerbe durchgeführt werden. Gerade weil der Schulbau in der Schweiz als Königsdisziplin gilt, ist es entscheidend, dass die Verfahren geöffnet werden für das Wissen der Pädagogen. Das erfordert auf allen Seiten die Bereitschaft, eine gemeinsame Sprache zu finden und über das Ästhetische hinaus an neuen räumlichen Lösungen zu arbeiten.

Schule in Bewegung
Neue Pädagogik, neue Typologien
Daniel Kurz

Möglichst viel Platz!
Was Lehrer für Schulräume brauchen
Felix Ackerknecht (Text und Bilder)

Vernetzung macht Schule
Schule Schendlingen in Bregenz (A) von Matthias Bär (Entwurf), Bernd Riegger und Querformat
Daniel Kurz, Adolf Bereuter (Bilder)

Lernmodule fürs Leben
Münchner Tagesschulen im Modulbausystem von Wulf Architekten
Ulrike Wietzorrek, Brigida González (Bilder)

Geballter Spielraum
Primarschule, Kindergarten und Hort in Berlaar (B) von Bovenbouw Architectuur
Roland Züger, Filip Dujardin (Bilder)

Aussicht nach innen
Schulhäuser in Rapperswil-Jona und in Port, Karamuk Kuo und Skop
Tibor Joanelly, Julien Lanoo, Karin Gauch und Fabien Schwartz (Bilder)

Zudem:
werk-notiz: Im Genf wurde zum vierten Mal der Architekturpreis Distinction Romande verliehen. Die acht Preisträger wurden nicht nur aufgrund der Qualität ihrer Entwürfe, sondern auch mit Blick auf deren soziale und ökologische Relevanz beurteilt.
Debatte: Damit Dekarbonisierung beim Bauen mehr als Absicht ist, sind neue Konzepte im Umgang mit Baustoffen gefragt. Anja und Martin Fröhlich plädieren dafür, nutzlos gewordenen Bauelementen neues Leben einzuhauchen.
Wettbewerb: BIM im Architekturwettbewerb: Was es bedeutet, wenn Architekturschaffende, Bauherrschaften und Behördenmitglieder 3D-Brillen aufsetzen, erläutert Patric Furrer.
Recht: Verträge können ausgehandelt, erfüllt, geschieden werden. Ein neues Urteil des Bundesgerichts hat auch für Werkvertrag und Auftragsverhältnis in der Architektur Bedeutung.
Bücher: Das Handbuch Schulen Planen und Bauen 2.0 bietet das unentbehrliche theoretische Rüstzeug für den nächsten Wettbewerb – der Bildband Neue Schulräume von Roman Weyeneth gibt anschaulichen Einblick in die Basler Praxis.
Ausstellungen: Im ehemaligen Jugoslawien gedieh eine ureigene Form der Moderne. Sarah Pines bespricht die grosse Ausstellung im MoMA über eine Architektur des dritten Wegs zwischen Sozialismus und Kapitalismus.
Nachruf: Joseph Gasser (1925–2018)
Kolumne: Architektur ist ... BIM BAMM BUMM
Minimaler Fussabdruck: Im beschaulichen Winterthur Töss strebt das Haus von Wild Bär Heule über kleinstem Grundstück entschieden in die Höhe. Alles an Grundriss und Konstruktion ist minimiert und durchtrainiert, freilich mit der Eleganz eines Bootsinterieurs. Den Luxus der Weite bietet die gemeinschaftliche Dachterrasse.
Ein Dreieck mit fünf Seiten: In Renens ersetzt ein Mehrfamilienhaus aus Beton ein bestehendes Einfamilienhaus. Auf dem engen Grundstück zeichnen die Wände die Grenzen des bebaubaren Perimeters nach, die aussenliegenden Treppen sparen anrechenbare Geschossfläche. Das Bild kommt der angrenzenden Bebauung aus dem 19. Jahrhundert irgendwie sehr nahe.
werk-material: Oberstufenschule Weiden in Rapperswil-Jona SG von Karamuk Kuo Architects, Zürich
werk-material: Primarschule in Port BE von Skop GmbH, Zürich

teilen auf

Weiterführende Links:
Verlag Werk AG

Tools: