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werk, bauen + wohnen 04-19
Im Stadtblock
werk, bauen + wohnen 04-19
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
Wo der Blockrand herrscht, ist Stadt. Das ist nicht nur ein Klischee, denn städtisches Leben erfordert Dichte, Diversität und Unmittelbarkeit, wie sie der Blockrand sehr oft bietet. Einzelne Exponenten verklären den Blockrand deshalb pauschal als Allheilmittel zur «Stadtwerdung der Agglomeration ». Architekten und Investoren bleiben dagegen skeptisch, sie kritisieren die Starrheit der Strassenraster, die Schwierigkeit guter Ecklösungen und die Verschattung der Höfe. Zu den Feinden des städtischen Blocks zählen auch die landläufigen Baugesetze, welche die Licht- und Luft-Ideologie der Moderne festschreiben. Doch wie lässt sich das Prinzip des Blocks variieren und aus seiner Starre lösen? Wir widmen dieses Heft dem Kneten des Blocks, dem Abwandeln seiner Konturen und teilweisen Öffnen seiner Begrenzungen. Dieses Kneten ist an sich nichts Neues: Schon vor hundert Jahren übten sich Architekten und Städtebauer darin, den Block zu humanisieren, ihn und aus Erstarrung und spekulationsgetriebener Übernutzung zu befreien. Vittorio Magnago Lampugnani zeigt in seinem Beitrag, was Reformarchitektur zur Rehabilitation des Blocks beigetragen hat – und auch heute wieder beitragen kann. Der Fluchtlinien-Städtebau des 19. Jahrhunderts bewirkte eine klare Trennung von öffentlichem und privatem Bereich und eine klare Hierarchie von Repräsentations- und Hinterseite. Wird die Begrenzung des Blocks im Reform-Städtebau geöffnet und volumetrisch geknetet, so dringen Licht und Luft in die Tiefe der Höfe, meist auch Freiraum und Grün,
neue Sichtbezüge und Wegverbindungen werden möglich. Das heisst aber auch: Die Übergänge von Öffentlich zu Privat werden unübersichtlicher. Das zeigen die gebauten Beispiele in diesem Heft mit ihren hybriden Raumtypen: Im Zürcher Surber-Areal wirkt die Gasse auf privatem Grund öffentlicher als die Strasse selbst; in der St. Leonhard-Schule in St. Gallen entstand ein erhöht liegender und bedeutungsvoll inszenierter Raum. An der Maiengasse in Basel wiederum öffnet sich das Hofhaus zur Strasse; die physischen Schwellen zum Privaten sind bewusst niedrig gehalten. Die Grenzen müssen in allen Fällen im Alltagsgebrauch ausgehandelt werden. Gerade dadurch tragen solche Hybridformen zur Diversität des Städtischen bei.

Wohnen am Hofe
Wohnanlage in Basel von Esch Sintzel
Roland Züger, Kuster Frey (Bilder)

Urbane Bühne
Schulanlage St. Leonhard in St. Gallen von Clauss Merz
Benjamin Muschg, Christian Kahl (Bilder)

Die Mebes-Kralle
Surber-Areal in Zürich von Züst Gübeli Gambetti
Daniel Kurz, Roger Frei (Bilder)

Der vielseitige Stadtblock
Variationen eines städtebaulichen Typus
Vittorio Magnago Lampugnani

Zudem:
werk-notiz: Vom Schanzengraben ins Zett-Haus am Stauffacher: werk, bauen + wohnen und der Verlag Werk AG haben seit dem 1. April ein neues Zuhause in Zürich.
Debatte: Seit in den 1980er Jahren die öffentlichen Räume in den Blick geraten sind, hat sich um deren Gestaltung und Möblierung ein ganzes Tätigkeitsfeld entwickelt. Jeder städtische Raum soll heute seine eigene Prägung bekommen. Doch welche Gestaltung brauchen öffentliche Räume und wie viel davon vertragen sie? Das fragt die Architektin und Stadtplanerin Sonia Curnier.
Ausstellungen: Zwei Häuser würdigen angesagte ortsansässige Architekten mit je einer monografischen Schau: Das Antwerpener VAI stellt das Büro Bovenbouw mit The House of the Explorer vor, im Londoner Design Museum ist in Making Memory die Arbeit von David Adjaye zu sehen.
Bücher: Die Swiss architecture der 1980er und 90er Jahre zählt zu den soliden Mythen der hiesigen Architekturgeschichte. Irina Davidovici hat ihr Standardwerk Forms of Practice zum Thema erweitert und neu aufgelegt. Ein Lesegenuss. Dazu zweimal Städtebau: Der Wettbewerb Gross-Berlin 1910 und Atlas zum Städtebau.
Nachrufe: August Künzel (1952 – 2018), Peter Stiner (1955 – 2019)
Wohnen in der Leere: Im Süden der Stadt Zürich steht das 2000-Watt-Quartier Greencity vor der Fertigstellung. Allzu viel Grün findet man dort jedoch nicht. Und trotz sorgfältiger Planung präsentiert sich das gebaute Quartier in unerbittlicher Strenge. Und eine neu ausgebaute Schnellstrasse zerschneidet die Manegg.
Ménage à deux: Eine Stiftung für die Integration psychosozial Benachteiligter hat ihre Institution am Lac de Joux um einen Herbergsbetrieb erweitert und hierfür ein ehemaliges Postgebäude um einen Neubau. Rapin Saiz mischten Neu und Alt subtil zu einer Einheit im Verschiedenen.
Eigenständig, produktiv, kreativ: Thomas Cuginis Fotoreportage von 1958 über die Architektin Elsa Burckhardt-Blum: Eine Bildbetrachtung über die Inszenierung einer Berufsfrau.
werk-material: Schule und Quartierzentrum Les Vergers in Meyrin GE von Widmann architectes
werk-material: Oberstufen-Schulhaus Halden in Opfikon von Guignard & Saner

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Verlag Werk AG

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