Zeitschrift

werk, bauen + wohnen 09-19
Autonom im Alter
werk, bauen + wohnen 09-19
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
Was heisst das eigentlich, «Wohnen im Alter»? Für die allermeisten älteren Menschen eigentlich nichts anderes als das Gewohnte: den Tag verbringen, Lesen, Hobbies pflegen, Freunde empfangen, Ausgehen. Nur eben oft allein, nach dem Ende der Familienzeit, vielleicht dem Tod des Partners. Und oft mit kleinen oder grösseren Einschränkungen. Die Mobilität nimmt ab, die Reichweite täglicher Verrichtungen wird enger, und im «fragilen» Alter über 85 tritt die Sorge hinzu, wie lange die Selbstständigkeit noch ohne Hilfe zu bewältigen sein wird.
Das alles ruft nach einem Wohnungsangebot, das sich nur wenig vom gewöhnlichen unterscheidet: integriert ins öffentliche Leben, aber hindernisfrei und in geeigneter Grösse für eine oder zwei Personen. Vor allem aber mit sozialem Anschluss und der Chance, in gesundheitlich schwierigen Zeiten Unterstützung in Pflege oder Haushalt zu beanspruchen. Könnte da nicht eine gemeinschaftliche Wohnform die passende Lösung bieten?
Autonome und vor allem gemeinschaftliche Formen des Alters-oder Mehrgenerationenwohnens sind jedoch immer noch recht selten. Es fehlt – vor allem auf dem Land – an geeigneten Trägerschaften, an Finanzierungsmodellen und an typologischen Referenzen. Alterssiedlungen bieten nur wenige Gemeinden, Mehrgenerationenwohnen ist eine seltene Ausnahme. Derweil werden landauf, landab neue Altersheime und Pflegezentren gebaut. Doch die sind weniger eine Form des Wohnens als eine der Pflege; die fortschrittlichsten unter ihnen bieten ihre Dienstleistungen wie Pflege oder Mahlzeiten mobil auch den umliegenden Quartieren an und fördern so das selbstständige Wohnen. In die Lücke, die Staat und Gemeinden entstehen liessen, treten Akteure wie etwa die Age-Stiftung. Sie sammelt Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Forschung und aus vielen, meist aus privaten Initiativen entstandenen Projekten.
Dieses Heft will dazu anregen, das Wohnen im Alter aus dem Ghetto der Institutionen herauszuholen und als autonome Lebensform zu verstehen, die im gesellschaftlichen Alltag stattfindet und – wie aller Wohnungsbau – die Chance zu städtebaulichem und architektonischem Mehrwert wie auch zu neuen Formen des Zusammenlebens beinhaltet. Sei es unter Gleichaltrigen oder mit Menschen anderer Generationen.

Mitten im Quartier
Mehrgenerationensiedlung Bergli in Bülach ZH von Meier Hug
Ruedi Weidmann, Meinrad Schade (Bilder)

Normal, nicht normiert
Alterswohnen in die Gesellschaft integrieren
Matthias Ackermann

Adressen und Literatur

Dialog mit dem Alter
Masseria Cuntitt in Castel San Pietro TI von Edy Quaglia
Alberto Caruso

Strasse zur Nachbarschaft
Alters- und Sozialzentrum Orleanshof in Aarschot B von DRDH und DVVT
Roland Züger, Filip Dujardin, David Grandorge (Bilder)

Autonom in Gemeinschaft
Hausgemeinschaft «Füfefüfzg» in Bern
Paula Sansano, Istvàn Balogh (Bilder)

Zudem:
werk-notiz: Laure Nashed, Architektin und ehemalige Praktikantin von wbw, berichtet online direkt aus Mexico City und stellt interessante junge Büros vor.
Debatte: Bauteil-Recycling zum Zweiten: Marc Loeliger und Andreas Sonderegger berichten aus ihrem Entwurfsstudio an der ZHAW und plädieren für umfassende Wertstoffkreisläufe auch in der Architektur. Dabei zeigt die Digitalisierung ihre nützliche Seite.
Ausstellungen: Jan Geipel erklärt die Architektur von BIG anhand der grossen Schau im Dänischen Architekturzentrum Kopenhagen. Nicht minder gewichtig sind Ausstellungen über Lacaton & Vassal und die Filmarchitektur des Expressionismus.
Bücher: Endlich liegt eine umfassende Monografie zu Hans Bernoulli vor. Was sie einlöst und was darin fehlt, sagt Daniel Kurz. Vorgestellt werden zudem Bücher über Wiener Architekturdiskurse und das weithin verkannte Werk Ricardo Bofills.
Nachruf: Benedikt Huber, 1928 – 2019
Agenda: Ausstellungen und Veranstaltungen
Im Sog des analogen Blicks: In Hasselt, der «lebenswertesten Stadt Flanderns» hat die Genueser Architektin Francesca Torzo das Museum Z33 für zeitgenössische Kunst erweitert und umgebaut. Entstanden ist eine sehenswerte Raummaschine mit diskreten aber effektvollen Bezügen zum Stadtraum.
Unsichtbare Gründlichkeit: Mit der denkmalgerechten Instandsetzung von Le Corbusiers Maison d’homme durch Silvio Schmed und Arthur Rüegg findet der Zürcher Pavillon eine definitive Bestimmung und seine turbulente Geschichte ein einstweiliges Ende.
werk-material: Altersheim Trotte in Zürich von Enzmann Fischer
werk-material: Casa anziani Giornico TI von Baserga Mozzetti

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Verlag Werk AG

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