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werk, bauen + wohnen 03-21
Starke Dörfer
werk, bauen + wohnen 03-21
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
Das Dorf sei längst tot, sagen viele. Verschwunden ist jedenfalls seit Langem jene in sich geschlossene, ländliche Welt, die um die bäuerliche Arbeit kreiste und wo Kirche, Schule, die Käserei und der Bäcker das Dorfzentrum eindeutig markierten. Für viele andere – und zwar vor allem für die Dorfbewohner selbst – lebt das Dorf weiter, einfach in veränderter Form und in veränderten ökonomischen Bahnen. Auch wenn sein historischer Kern in der periurbanen Siedlungslandschaft ertrinkt – oder unter Entvölkerung leidet: Das Dorf bleibt politischer Handlungsraum und Identifikationskern in der mobilen Konsumgesellschaft. Dazu muss es sich jedoch mancherorts neu erfinden. Das gilt für Agglomerationsgemeinden im Bauboom genauso wie für die von Entleerung bedrohten Bergdörfer.

Manchen Gemeinden gelingt es, diese Identität dank beharrlicher politischer und planerischer Arbeit zu stärken: Sie beleben historische Bauten neu, schaffen Wohnraum im Dorf und pflegen den öffentlichen Raum im Dorfzentrum. Dafür sind klare Entwicklungsziele und kommunaler Grundbesitz die zentrale Voraussetzung, weitsichtige Politikerinnen oder Politiker unverzichtbar und der aktive Einbezug der Bevölkerung zwingend. Wichtig ist aber auch die Begleitung durch Ortsbildkommissionen und engagierte Fachleute wie etwa in den Bergdörfern Vrin und Valendas durch Gion Caminada, im sanktgallischen Mels durch Christian Wagner oder in Prangins, der Wakkerpreis-Gemeinde 2021, durch Bruno Marchand: Sie haben als treue und ortskundige Sachwalter den Prozess über lange Jahre in Gang gehalten, seine Ziele im Auge behalten und Methoden der öffentlichen Mitwirkung angeregt.

Auch junge Architektinnen und Architekten haben in den letzten Jahren vermehrt das Dorf als Handlungsraum wiederentdeckt, wo ihre Arbeit ein unmittelbares Echo findet und ungewohnte Wirkung erzielen kann. Aus einer privaten Anfrage, familiären Kontakten oder einem gewonnenen Wettbewerb wird nicht selten ein dauerndes Engagement, das sie als Chance und Verantwortung wahrnehmen: Darüber berichten diese Jungen im Gespräch mit Jenny Keller und Roland Züger.

Das Dorf war nie autark
Aufgaben und Chancen im Berggebiet
Tibor Joanelly, Petra Steiner (Bilder)

Im Resonanzraum
Im Burggarta / Erlihuus in Valendas von Gion A. Caminada
Tibor Joanelly, Jaromir Kreiliger (Bilder)

Mit Ausdauer zum Wakkerpreis
Dorfentwicklung in Prangins
Patrick Schoeck-Ritschard, Pierre Marmy (Bilder)

On-off mit dem Dorf
Ein Dorfgespräch unter vier Jungbüros
Jenny Keller, Roland Züger

Den Dorfkern stärken
Dorfzentrum und Kulturhaus in Mels von Raumfindung Architekten
Karin Salm, Ladina Bischof (Bilder)

Zudem:
werk-notiz: Das Startup Scanvision bespielt unsere Titelseite im aktuellen Jahr. Mit ihren Punktwolken machen sie verborgene Zusammenhänge in Architektur und Landschaft sichtbar.
Debatte: Martin Klopfenstein plädiert in seinem Essay von der «dunklen Architektur» dafür, das Hässliche, Kaputte einzugestehen, um dem unerwartet Schönen Gestalt zu geben.
Wettbewerb: Ob ein besseres Morgen möglich sei, fragt die Tessiner Ortsgruppe des BSA mit ihrem Wettbewerb für Architekturstudierende unter dem Titel tomorrow? Drei ex aequo prämierte Arbeiten sagen Ja !, und repräsentieren drei verschiedene Medien: Assemblage, Film und Text.
Ausstellungen: Wenn die Museen wieder offen sind, kann man in Zürich anlässlich von Total Space Begegnungen der anderen Art machen, Enzo Mari in Mailand besuchen oder in Wien der rhetorischen Frage nachgehen, ob der Boden für alle reicht.
Bücher: Jenny Keller empfiehlt das neue Buch von Archijeunes: Elemente einer baukulturellen Allgemeinbildung; Tibor Joanelly stellt einen tiefschürfenden Führer zur Frankfurter Architektur der 1980er sowie den biografischen Roman Le Corbusier Saga vor. Daniel Kurz lobt Jürgen Tietz’ Essay Die drei Monde der Moderne sowie Agro City, einen Denkanstoss des Afrikakenners Al Imfeld.
Erstling Wettbewerb Architekturkritik: Vieles ist vergänglich, ein gedrucktes Magazin nicht: Vier Arbeiten aus dem Architekturkritikwettbewerb Erstling sind dieses Jahr bei uns zu lesen. Den Anfang macht Mirjam Kupferschmid mit dem Bericht über einen Arbeits- und Wohnraum von Bessire Winter, der selbst schon wieder Geschichte ist.
Mimetisch eingepasst: Nach der Walliser Hebamme Adeline Favre ist das Haus für das Gesundheitswesen der ZHAW in Winterthur benannt. Im Innern stapeln Pool Architekten die Räume und Nutzungen und lassen einen überdachten Ort des informellen Austauschs entstehen.
Das Haus als Weg: Zum Thema des Offenen Museums macht die Erweiterung des Kunsthauses Zürich in der Gestalt eines Renaissance-Palazzo widersprüchliche Aussagen. Trotzdem ist der Kritiker fasziniert vom räumlichen Erlebnis.
werk-material: Wohnüberbauung in Zürich-Seebach von Sergison Bates
werk-material: Wohn- und Geschäftshaus Bankstrasse in Uster
von Käferstein Meister

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