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Feines Linienspiel

Zweifeldsporthalle mit Mehrzwecksaal in Döbeln

Eine Schulsporthalle im sächsischen Döbeln präsentiert sich als rundherum gelungene Lösung für eine nicht sonderlich spannend erscheinende Bauaufgabe. Das von BURUCKERBARNIKOL Architekten realisierte Projekt ‧überzeugt durch eine klare Grundrisslösung und eine unkonventionelle Fassade. Den stärksten Eindruck aber hinterlässt die Gestaltung der Halle.

5. Oktober 2021 - Mathias Remmele
Sagen wir mal so: Eine Schulsporthalle in einer kleinen deutschen Provinzstadt – für ein junges, in gestalterischer Hinsicht ambitioniertes Architekturbüro ist das alles andere als eine Traumaufgabe. Man denke nur an die vielen, vielen Normen, die es bei einem solchen Projekt penibel zu erfüllen gilt. Man denke an die knappen Budgets, die es regelmäßig erschweren, von Standardlösungen abzuweichen. Man denke an Baubehörden und kommunale Entscheidungsträger, für die baukünstlerische Fragen dabei, wenn überhaupt, nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Ein junges Büro freilich, das wie BURUCKERBARNIKOL Architekten aus Dresden und Erfurt die Strategie verfolgt, sich über öffentliche Wettbewerbe zu profilieren, darf bei der Auswahl der Projekte nicht pingelig sein. Im Übrigen gilt wie immer: jede Beschränkung ist Herausforderung und Chance zugleich.

In Döbeln, einer Kleinstadt in Mittelsachsen, so ungefähr zwischen Leipzig, Dresden und Chemnitz gelegen, entstand in den 80er Jahren auf einem Hügel oberhalb des historischen Stadtzentrums eine jener Plattenbausiedlungen, die auf dem Gebiet der früheren DDR unweigerlich zum Weichbild jeder Kommune gehören: Döbeln-Nord. Wie üblich ergänzten Nahversorgungseinrichtungen – Kaufhalle, Schule und Kitas – die Zeilenbauten des Wohngebiets, das in den letzten Jahren eine Nachverdichtung durch Einfamilienhäuser erlebte. Der damit einhergehende Bevölkerungszuwachs machte den Neubau einer Zweifeldsporthalle mit Mehrzwecksaal erforderlich. BURUCKERBARNIKOL gewannen den 2016 dafür ausgeschriebenen Wettbewerb. Im vergangenen Spätsommer konnte die für den Schul- und Vereinssport gleichermaßen benötigte Halle fertiggestellt werden.

Kupferfarbenes Blechkleid

Für das Projekt stand zwischen Schulzentrum »Am Holländer«, Kitagärten und ehemaliger Kaufhalle ein recht großes, fußläufig gut erreichbares Baufeld zur Verfügung. Die Architekten entschlossen sich daher, das gesamte Raumprogramm ebenerdig zu organisieren. Das vereinfacht die Wegführung, erleichtert die Barrierefreiheit und verringert durch den Wegfall von Treppen und Aufzügen die Kosten. Der annähernd quadratische Baukörper setzt sich jeweils hälftig aus der hohen Zweifeldhalle und einem deutlich niedrigeren Gebäudeteil zusammen, in dem der Mehrzwecksaal, das Foyer sowie die Funktions- und Nebenräume untergebracht sind. Geschickt nutzten die Architekten die leichte Hanglage des Areals, um das Volumen der Halle optisch zu verkleinern, in dem sie diese zu etwa einem Drittel im Erdreich verbargen. Nach außen hin tritt das Gebäude als einmal abgestufter, weitgehend geschlossener, kupferfarbener Körper in Erscheinung. Erst beim Näherkommen offenbart sich: Feine Vertikallinien in unregelmäßigen Abständen, die durch Abkantungen entstanden, beleben die aus Alublech gefertigte Fassadenhaut.

Um den höheren Teil des Gebäudes herum ist diese Haut perforiert. Dahinter liegt ein umlaufendes, die Sporthalle erhellendes Fensterband, das sich je nach Tageszeit und Lichtsituation verschieden deutlich abzeichnet.

Die feine Linienstruktur der Fassade mag v. a. als Schmuckelement wahrgenommen werden, tatsächlich repräsentiert sie, wie später in der Sporthalle selbst offenbar wird, das gestalterische Leitmotiv des Projekts – die Architekten ließen sich dabei von den Markierungslinien eines Sportfelds inspirieren. Mit der Linienstruktur der Fassadenhaut verbinden sich aber auch konstruktive, ökologische und ökonomische Vorteile: Die Abkantungen sorgen für eine Aussteifung der Alupaneele und ermöglichen so den Einsatz vergleichsweise dünner Bleche.

Ein lang gezogener, mehrere Meter tiefer Einschnitt an der Ostfassade markiert unmissverständlich den Eingang und bietet sich gleichzeitig als wettergeschützte Wartezone an. Von hier aus betritt man das nach außen hin flächig verglaste und entsprechend helle Foyer, das v. a. als Verteilerzone dient und – unvermeidbar bei einer Sporthalle – zur Präsentation der Pokal-Sammlung. Vom Eingangsfoyer abgesehen, besitzt nur die zu den benachbarten Kitagärten ausgerichtete Mehrzweckhalle eine Fensterfront, die direkte Ein- und Ausblicke ermöglicht. Umkleiden und Sanitärräume erhalten Tageslicht über Oberlichter. Die übrigen Funktions- und Technikräume kommen ohne natürliche Lichtquelle aus.

Direkt rechts neben dem Foyer liegt der quadratisch geschnittene Mehrzwecksaal. Er dient als Bewegungsraum für die Kitas und wird ansonsten u. a. von einem ortsansässigen Judo-Verein zu Trainingszwecken genutzt. Alle weiteren Räume werden über zwei Korridore erschlossen, die, im Foyer beginnend, vorbei an Umkleiden, Sanitär- und Technikräumen, zur Zweifeldsporthalle führen. Die Lage der Korridore wurde so gewählt, dass im Fall einer Teilung, beide Hallenhälften jeweils separat erreicht werden können.

Schichten und Linien

Während die Gestaltung des Foyers, der Korridore und Funktionsräume zwar durchdacht, aber demonstrativ einfach und zweckmäßig erscheint, bezeugen die beiden Hallenräume die kreative Kompetenz der Architekten. Sie sind in jeder Hinsicht die Herzstücke des Gebäudes. Beide präsentieren sich einerseits sachlich-nüchtern und aufgeräumt, wissen aber andererseits durch eine ungewöhnlich warm wirkende Atmosphäre für sich einzunehmen. Das liegt wesentlich an der Materialisierung und der Farbwahl, die ein Schichtenmodell erkennen lässt. Ins Auge fällt zunächst der fugenlose, magentafarbene Bodenbelag – ein PU-beschichteter Sportboden, der als besonders robust und langlebig gilt. Für die umlaufenden, etwa 2 m hohen Prallwände, die den Hallenraum begrenzen und sowohl dem Unfallschutz als auch der Schallabsorption dienen, wählten die Architekten einen auch haptisch angenehmen Textilbezug, dessen Grauton fein auf die Bodenfarbe abgestimmt ist und sich zugleich von der darüberliegenden weißen Wandfläche abhebt.

Im Mehrzwecksaal folgt als nächste Schicht das hölzerne Dachtragwerk, eine quadratisch strukturierte Holzbinderkonstruktion, deren honigfarbener Ton dem Raum eine fast wohnliche Note verleiht. Dazu passt wiederum der dunkel-auberginefarbene Anstrich der Trapezblech-Decke, der das Farbkonzept des Saals komplettiert.

Noch eindrücklicher und gleichsam reichhaltiger ist die Komposition in der großen Sporthalle. Denn oberhalb des Wandstreifens schließt sich hier ein helles Fensterband an, das zwischen den bemerkenswert schlanken Holzbindern fast bis zur Decke reicht.

Es sorgt zumindest bei günstigen Wetterbedingungen für eine gute natürliche Belichtung der Halle und lässt ihre Decke dann wunderbar leicht erscheinen. Blendeffekte bei starker Sonneneinstrahlung können dank der perforierten äußeren Blechhaut vermieden werden. Die bereits von der Fassade her bekannte feine vertikale Linienstruktur tritt hier als rhythmisches Gestaltungsmotiv wieder auf und findet in der Deckenkonstruktion – in Form der Holzträger und der zwischen ihnen verlaufenden linearen Kunstlichtbänder – ihre Fortsetzung. Ein originelles und gekonntes Linienspiel, das der Halle eine fast schon elegante Anmutung verleiht. Es ist eine Freude, das anzuschauen.

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Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: Ulrike Kunkelulrike.kunkel[at]konradin.de

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