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Sternbrauerei-Areal in Salzburg

Das Grundstück der ehemaligen Sternbrauerei im Salzburger Westen böte sich an für ein Wohnhochhaus der besonderen Art – die massive Felswand des Rainbergs im Rücken, den Blick frei auf die Stadt. Die Jury diskutierte lange über die zahlreichen spektakulären Entwürfe für „hohe Häuser“ und entschied sich dann für den eher zurückhaltenden, städtebaulich sinnfälligen Entwurf der New Yorker Architektinnen Gisue und Mojgan Hariri.

6. Oktober 2006 - Doris Kleilein
Es sei einer der am besten vorbereiteten Wettbewerbe gewesen, die es in der Stadt Salzburg je gegeben habe, versicherten Bürgermeister Heinz Schaden und Planungsstadtrat Johann Padutsch bei der Vorstellung der Preisträger im August. 18 internationale Bü­ros hatte der Investor, die österreichische Immobiliengesellschaft Asset One, Anfang des Jahres nach Bürovisiten von Oslo bis Osaka ausgewählt und dazu eingeladen, Entwürfe für das Areal der ehemaligen Sternbrauerei zu entwickeln. Das Programm ist ambitioniert: 100 Wohnungen in drei Kategorien (Luxuswohnen, „bürgerliche Stadtwohnungen“ und kleine, günstigere Atelierwohnungen) sind auf dem westlichen Teil des Grundstücks geplant, ebenso eine behutsame Revitalisierung des denkmalgeschützten Gebäudes der Sternbrauerei. Das „Haus der Architektur“ soll nach Grazer Vorbild ein eigenes Domizil auf dem Areal finden. Ein besondere Aufgabe bestand zudem darin, das steil aufragende Felsmassiv des Rainbergs für die Öffentlichkeit erlebbar zu machen. Das frü­here Brauereigasthaus, das derzeit verschlossen an der Straße steht, soll auch wieder eröffnen, und zwar als bodenständiges Wirtshaus – und nicht als Luxusrestaurant.

Über Jahrhunderte wurde am Rainberg Stein gebrochen und in der Altstadt verbaut. Die steile Felswand ist eines der Wahrzeichen der Stadt; das gut 13.000 m² große Grundstück am Fuß des Felsens wurde seit der Stilllegung der Sternbrauerei vor fast 50 Jahren allerdings nur noch sporadisch für Lager- und Gewerbezwecke genutzt. Die Siegerinnen des Wettbewerbs, die New Yorker Architektinnen Hariri & Hariri, erklimmen mit ihrem Entwurf nicht wie viele andere Beiträge die Felswand, sondern halten respektvoll Abstand: Sie benutzen die Analogie herabfallender Steinbrocken und arrangieren die Baukörper als vier- bis fünfgeschossige Ensembles vor der Wand. Der Übergang zwischen Bebauung und Felsen wird durch eine nach Osten hin in Kaskaden abfallende Wasserfläche betont, die als öffentlich zu­gängliches Felsenbad genutzt werden kann. Davor gruppieren sich vier Wohngebäude um einen grünen Hof. Die bestehenden Gewölbekeller der Brauerei werden für das Haus der Architektur genutzt, obenauf entsteht ein öffentlicher Platz mit Oberlichtern, gerahmt von zwei weiteren Wohnriegeln und dem Altbau der Brauerei, in dem eine Post-Graduate-School untergebracht ist. Der Entwurf bietet ein sensibles städtebauliches Konzept, mit dem die umliegende kleinteilige Struktur weitergebaut wird – große Widerstände vonseiten des Ensemble- und Naturschut­zes sind nicht zu erwarten.

Einstimmig empfahl die Jury das Projekt zur Realisierung. Bereits im nächsten Jahr soll mit der Umsetzung begonnen werden, 45 Millionen Euro Bausumme sind veranschlagt. Der Vorsitzende der Jury, Claude Vasconi aus Paris, drückt dennoch vorsichtig ein gewisses Bedauern darüber aus, dass die beiden anderen mit ersten Preisen ausgezeichneten Entwürfe von BRT und Christoph Langhof, die aufsehenerregend in die Höhe bauen, nicht umgesetzt werden. Die Vertikale stelle an diesem besonderen Bauplatz eine Chance dar, da es sich um ein Haus vor dem Felsen und nicht um ein städtisches Hochhaus handele – man habe die seltene Möglichkeit, nahe der Innenstadt ein Zeichen zu setzen, ohne negative Auswirkungen auf die Umgebung, etwa durch Beschattung, in Kauf nehmen zu müssen.

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