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zur Zeitschrift: Bauwelt

Schindlers Häuser

Film von Heinz Emigholz

2. März 2007 - Doris Kleilein
Eine Straßenkreuzung in West Hollywood. Werbung, Stromkabel, Mülleimer. Eine Limousine kommt von links, eine alte Dame geht mit ihrem Hund Gassi. „Irgendwo hier auf dem Bild ist ein Haus von Rudolph Schindler zu sehen“, spricht nach einigen Minuten eine nasale Stimme. Lakonisch wird eine Entschuldigung für die folgenden eineinhalb Stunden hinterhergeschoben: Angesichts des „architektonischen Verhau-Zustandes“, der unsere Umwelt ausmache, sei es eigentlich ein Unding, einen Film über das „gestalterische Ego eines einzelnen Architekten“ zu machen.

Heinz Emigholz konnte es natürlich nicht lassen. Im Mai 2006 ist er einen Monat lang kreuz und quer durch L.A. gekurvt und hat 40 Häuser des Architekten Rudolph Schindler (1887–1953) aufgesucht. Privathäuser, die der österreichische Auswanderer seit den 20er Jahren bis kurz vor seinem Tod vor allem für die Bohème Hollywoods gebaut hat. Häuser, die hinter der üppigen Vegetation Kaliforniens manchmal kaum zu sehen sind und die dann umso mehr überraschen, wenn Emigholz die Kamera im Schlafzimmer aufbaut und dem Zuschauer die skulpturalen Einbaumöbel vor die Nase hält.

Nach „Sullivans Banken“ (2000), „Maillarts Brücken“ (2000) und „Goff in der Wüste“ (2002; Heft 37.04) würdigt Emigholz auf enzyklopädische Weise einen weiteren Architekten, der in der Architekturgeschichte der Moderne nur allmählich einen Platz findet. 400 Häuser hat Schindler entworfen, 150 gebaut – und bleibt doch in zweiter Reihe hinter Ri­chard Neutra, den er seinerzeit selbst in die USA holte. Emig­holz ist kein Architekt; er entdeckte Schindler zufällig, im Jahr 1975, als er am Lovell House in Newport Beach vorbeifuhr. Seither ist er der Komplexität der Räume Schindlers verfallen, den aufwendigen Details, gebaut in unendlichen Handwerkerstunden. Aber auch beeindruckt von der Fürsorge der Hausbesitzer, die ihren – heute meist teuer erstandenen – Schindler ohne jegliche Auflagen des Denkmalschutzes liebevoll pflegen.

Stoisch zieht Emigholz sein filmisches Konzept durch: Name und Ort des Hauses werden eingeblendet, der Tag der Aufnahme. Dann folgen zwei feste Einstellungen von außen und einige weitere von in­nen, die Kamera immer leicht schief gehalten, das Licht, wie es eben so ist. Kein Weitwinkel, kein Schwenk, keine Handlung. Nur das Rauschen der Palmen, eine gelegentliche Katze und ein Hausbesitzer, der das dreiköpfige Filmteam ignoriert. Was die Zuschauer angeht: Die einen schlafen nach fünf Häusern ein. Die anderen stehen mit Heinz vor bröckelnden Betonornamenten und grünen Holzbrettern und können gar nicht genug kriegen.

„Alle Leute sagen, sie kennen meine Filme und brauchen sie nicht mehr anzuschaun“, sagte Heinz Emigholz nach der Uraufführung von „Schindlers Häuser“ auf der Berlinale. Dem muss widersprochen werden: Die Fans freuen sich schon jetzt auf „Loos ornamental“ und „Kieslers Projektionen“.

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