Akteur

sabarchitekten ag
Basel (CH)

Befreite Geometrien

Bauten und Projekte von «sab architekten» aus Basel

5. November 2004 - J. Christoph Bürkle
Das Büro «sab architekten», dessen Kürzel für Städtebau, Architektur und Bauen steht, wurde 1997 von Markus Kägi, Andreas Reuter, Dominique Salathé und Thomas Schnabel in Basel gegründet. Zunächst bearbeiteten die Architekten zahlreiche Wettbewerbe, Studienaufträge und kleinere Projekte im Raum Basel. Daneben konnten sie für die Expo-Arteplage in Murten das «Panorama 2000» in Jean Nouvels Monolithen realisieren. Zurzeit beschäftigen sie sich mit dem Breite-Zentrum, einer Quartierüberbauung mit unterschiedlicher Nutzungsstruktur in Basel, und mit der Heilpädagogischen Schule in Liestal, die beide 2005 realisiert werden sollen. Zweifellos sind die Projekte von «sab architekten», die mehrheitlich an der ETH Zürich studiert haben, von der rationalen Sprache der Deutschschweizer Szene beeinflusst. Zugleich haben sie aber «Lust auf mehr Grosszügigkeit». Und in der Tat scheinen ihre Projekte von freieren Geometrien geprägt zu sein, das Dogma der Rechtwinkligkeit einem stärkern Bezug von Innen- und Aussenraum zu weichen und das Kontextuelle gegenüber dem Objekthaften Vorrang zu haben.

Die Schule als Dorf

Das lässt sich besonders an ihrem ersten grösseren Werk nachvollziehen, das vor wenigen Wochen im freiburgischen La Tour-de-Trême eingeweiht wurde. Die Schulanlage mit Dreifachsporthalle und Theater nennt sich «Cycle d'orientation de la Gruyère». Sie öffnet sich am Dorfrand zur Landschaft und zum spektakulären Alpenpanorama. Hier werden 800 Sekundarschüler unterrichtet. Mit der Sporthalle und dem vielfältig verwendbaren Theaterraum ist die Anlage aber auch ein wichtiger Ort für die Dorfgemeinschaft. Dies war für das junge Architektenteam, das sich hier nicht an einem urbanen Kontext oder an einer bereits bestehenden Anlage orientieren musste, Herausforderung und Verpflichtung zugleich. So wählten «sab architekten» die Mikrostruktur eines aufeinander bezogenen Gebäudegevierts, das - an einen Stadtplatz erinnernd - den westlichen Abschluss der Siedlungsstruktur markiert. Das umfassende Raumprogramm wurde den Funktionen entsprechend auf drei eigenständige Baukörper verteilt. Das langgestreckte, grosszügig befensterte Schulgebäude, dessen Unterrichtsräume den Blick auf die Landschaft freigeben, bildet das Rückgrat der Anlage und schirmt diese zur Quartierstrasse ab. Zugleich bestimmt es den Erschliessungsweg durch die Gesamtanlage und den zentralen Platz des Pausenhofes zwischen den Gebäuden.

Die Schulzimmer im dreigeschossigen Gebäude sind parallel zum mittigen Korridor angeordnet. An den Kopfenden liegen spezielle Räume wie Computerzimmer und Bibliothek. Die drei vertikalen Erschliessungsbereiche sind zu Aufenthaltszonen erweitert. Im Erdgeschoss verschmelzen sie zu einer grossen Eingangshalle, die für Ausstellungen oder schulinterne Aktivitäten genutzt werden kann. Durch ein zweimaliges Abknicken des gestreckten Gebäudes im Bereich der Aufenthaltszonen wird die blockhafte Typologie geschickt aufgeweicht, wodurch differenziertere Raumstrukturen entstehen. Die Klassenzimmer vermitteln mit den grossen, dreigeteilten Schiebefenstern nicht nur den Bezug zur Landschaft und zu den Nachbarbauten von Sporthalle und Theater. Mit der modernen Ausstattung, der Farbgebung und der Möblierung balancieren sie pädagogisch geschickt zwischen Lernort und Gemeinschaftsraum. Dies zeigt sich auch im Ersatz der klassischen Wandtafel durch den zeitgemässen Beamer.

Nach Nordosten hin wird das Areal durch die Dreifachturnhalle begrenzt, die zugleich die räumliche Verbindung zwischen dem Sportplatz und dem zentralen Pausenplatz herstellt. Wie heute üblich ist die hohe Halle zur Hälfte im Boden versenkt, wodurch sie sich diskret in die Topographie der Gesamtanlage einfügt. Mit viel Tageslicht, einer seitlichen Tribüne und der raumgreifenden Betonrahmenstruktur bildet sie das funktionalistische Pendant zu den übrigen Bauten. Die Verglasung des zum Platz hin orientierten Eingangsbereiches stellt die volumetrische Beziehung zu den übrigen Bauten her, wodurch der Aussenraum zu einem eigentlichen Forum wird.

Ort der Öffentlichkeit

Der dritte Solitär im Ensemble, das sich mit seinen gediegen wirkenden Fassaden aus sandgestrahltem, beige eingefärbtem und mit Kies aus Jurakalk versetztem Beton als Einheit zu erkennen gibt, ist das Theater. Sein Restaurant dient als Mensa für die Schüler, kann aber auch mit dem Foyer des Theaters für Abendanlässe gekoppelt werden. Das Theater hat entsprechend seinen differenzierten Funktionen das aufwendigste Bauvolumen. Der 700 Personen fassende Zuschauersaal bestimmt mit seiner nach akustischen Gesichtspunkten gewölbten Decke die auffällig geknickte Form des Daches, die im Bühnenturm ihren Kontrapunkt findet. Hier klingen Analogien zum Turm von La Tour-de-Trême an, und gleichzeitig wird die öffentliche Funktion sinnfällig dargestellt. - Immerhin 70 Millionen Franken hat sich die kleine Gemeinde La Tour-de-Trême ihr neues Schulhaus mit Sporthalle und Theater kosten lassen - ein stolzer Preis, der durch die attraktive Gebäudegruppe der jungen Architekten mehr als gerechtfertigt wird.

In einem Vortrag stellen «sab architekten» ihre Arbeit am 10. November um 18.30 Uhr im Architekturforum Zürich vor.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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