Akteur

Günter Behnisch
* 1922 Lockwitz 2010 Stuttgart

Günter Behnisch 1922-2010

Freie Geometrie für freie Menschen: Zum Tod des großen deutschen Architekten

14. Juli 2010 - Paul Divjak
Eine Ikone der deutschen Nachkriegsarchitektur ist tot. Günter Behnisch, 1922 in Dresden geboren, war nach seinem Einzug zum Militär im Jahr 1939 U-Boot-Kommandant in der deutschen Wehrmacht. Später geriet er in englische Kriegsgefangenschaft. Nach dem Krieg hatte er in Stuttgart Architektur studiert und war zunächst Mitarbeiter bei Rolf Gutbrod. 1952 gründete er sein eigenes Büro, das er über die Jahrzehnte mit wechselnden Partnern betrieb und das nun von seinem Sohn Stefan weitergeführt wird. Von 1967 bis 1987 war Behnisch ordentlicher Professor für Entwerfen, Industriebau und Baugestaltung und Direktor des Instituts für Baunormung an der TH Darmstadt.

Öffnung nach außen

Behnisch widmete sein Schaffen schon von einem frühen Zeitpunkt an Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen, Universitäten und Sportstätten. Zu seinen bekanntesten Bauten zählen der Plenarsaal des Deutschen Bundestages in Bonn, die - ob ihrer Mängel - oftmals kritisierte Akademie der Künste in Berlin, sowie, ein Monument der alten Bundesrepublik, das Olympiastadion in München mit seiner, in Zusammenarbeit mit Frei Otto entwickelten, revolutionären, dynamischen Zeltdachkonstruktion.

Die geplante architektonische Verstümmelung des Stadionbaus, mit dem Behnisch weltweit Bekanntheit erlangt und mit dem er Architekturgeschichte geschrieben hatte, wusste der Architekt mit Hinweis auf sein Urheberrecht später erfolgreich zu verhindern. Behnischs Architektur ist von Öffnungen nach außen geprägt, von Klarheit und den Materialien Glas, Metall und Beton. Seine Bauten sind offene Zentren der Arbeit und der Begegnung, kommunizierende Gefäße der Gemeinschaft, hybride Aktions- und Lebensräume.

Freie Geometrie für freie Menschen, demokratisches Bauen für mehr Licht in der Gesellschaft. Stimmungen und Raumzusammenhänge: Behnisch setzte auf verbindende architektonische Elemente, die als soziokulturelle Werkhallen funktionieren und konstruktionstechnische wie gesellschaftliche Teilbereiche zusammenführen. Transparent, schnörkellos, uneitel und stets anthropozentrisch.

Behnisch war Träger eines Ehrendoktorats der Uni Stuttgart sowie zahlreicher renommierter Architekturpreise. 1992 erhielt er den Großen Architekturpreis des Bundes deutscher Architekten, 1997 den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland und 2008 den Deutschen Kritikerpreis.

Günter Behnisch starb am Montag 88-jährig in Stuttgart.

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