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Das Rennen um den schrägsten Bau
ORF.at

Dior, Hermes und Co. konkurrieren auch bei Glas und Stahl

11. Oktober 2004
Nicht nur bei Tweed und Seide versuchen die großen Namen der Modeindustrie einander zu überbieten, auch bei Glas und Stahl liefern einander die Luxusmarken mittlerweile einen Wettkampf um die mutigsten und originellsten Prachtbauten.

Spielwiese Japan

Das bevorzugte Gelände dieses millionenschweren Wettstreits ist Japan: Der weltweit größte Markt für Luxusgüter bietet nicht nur eine zahlungskräftige Klientel, sondern auch genügend Spielraum bei den Bauvorschriften.

Und so bringen Hermes, Dior, Gucci und Konsorten nicht nur Luxusartikel an den Kunden, sondern auch spektakuläre Neuerungen in die Stadtbilder japanischer Metropolen.

Häuser machen Werbung

In Tokio gibt es zwei Luxusviertel, in denen berühmte Architekten wie Peter Marino, Renzo Piano und die Japanerinnen Kumiko Inui und Kazuyo Sejima ihren Ideen freien Lauf lassen können: die Luxusmeile Omotesando und der leicht abschüssige Stadtteil Ginza. Aber auch in Osaka im Westen des Landes werden Filialen der weltberühmten Marken errichtet.

„Es besteht der Wunsch, die Architektur als Werbeinstrument für die Marke zu nutzen“, sagt David McNulty, Chef der Architekturabteilung bei Louis Vuitton. „Wir haben das gemacht, aber auch Prada und Hermes - und diese Häuser haben auch die finanziellen Mittel, neue Ideen in der Architektur auszuprobieren.“

Chanels „Tweed-Fassade“

Diese Mittel sind auch notwendig: 170 Millionen Dollar zahlte Chanel für ein altes Gebäude an der Omotesando, um es abzureißen und sein neues zehnstöckiges Flaggschiff zu konstruieren, das im Dezember eröffnet werden soll.

Allein die Fassade, die mit Tausenden Glasplatten das Tweedmuster der legendären Chanel-Kostüme imitiert, „kostet so viel wie ein nettes kleines Gebäude in Tokio“, sagte Chanels Japan-Chef Richard Collasse bei der Vorstellung des Projekts im März. Ein Bienenkorb aus poliertem Stahl und Hunderttausende computergesteuerte Leuchtdioden runden das Kunstwerk ab.

Ein Haus wie ein Koffer

Die italienische Marke Prada baute ebenfalls in Tokio: Das Schweizer Architektenbüro Herzog & de Meuron entwarf ein Gebäude mit einem Vorplatz, „wie es in Europa üblich ist, damit das Ganze auch ein Ort für Kontakte ist“, so die Erläuterung von Prada.

Louis Vuitton errichtete sein erstes Prestigegebäude 2002 in Omotesando, ein vom Architekten Jun Aoki entworfener Quader aus fünf aufgeschichteten Einheiten, der an den ersten Reisekoffer der Lederwarenmarke von 1854 erinnern soll.

Neuer Dior-Tempel

In Osaka, wo Vuitton im Oktober seinen zweiten japanischen Prachtbau eröffnen will, ließ sich Inui vom nicht minder berühmten Schachbrettmuster der Marke inspirieren.

Auch Dior lässt sich sein architektonisches Image in Japan etwas kosten: Rund 30 Millionen Euro zahlte die Firma für ihr im Dezember eingeweihtes Gebäude in Omotesando, noch in diesem Oktober soll ein weiteres in Ginza eröffnet werden.

Glasziegel in Handarbeit

Hermes ist schon seit 2001 mit einem 128 Mio. Euro teuren Luxustempel vertreten. Piano, weltberühmter Architekt des Centre Pompidou in Paris und des Konzertsaales Parco della Musica in Rom, errichtete ihn aus Glasziegeln, von denen jeder einzeln von einem italienischen Glaser gegossen wurde.

Der Glasbau sieht nachts völlig verwandelt aus: „Das ist die Schönheit dieser Stadt, die totale Verwandlung zwischen Tag und Nacht“, schwärmte Piano bei der Einweihung.

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Für den Beitrag verantwortlich: ORF.at

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