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Das Richtige, nicht das Neue
Oberösterreichische Nachrichten
13. Februar 2005
Der Doyen der österreichischen Architektur, Roland Rainer, ist am Samstag kurz vor Vollendung seines 94. Lebensjahres in Wien gestorben. Er galt als Advokat einer humanistischen Moderne.

„Der Architekt darf nicht damit anfangen, Kunst zu wollen, sondern er muss nach den Aufgaben fragen, die zu lösen sind“, formulierte Roland Rainer sein Credo. Und: „Ich will nichts Neues, sondern das Richtige. Das Neue wird morgen sowieso schon alt sein - unsere Häuser aber halten unter Umständen bis übermorgen.“

Als Stadtplaner hat sich Rainer international einen Namen gemacht, er war der Lehrer einer Generation erfolgreicher Architekten, Autor zahlreicher Bücher und unermüdlicher Kritiker von Bausünden und fortschreitender Umweltzerstörung. In über 50 Jahren bewältigte er Bauaufgaben verschiedenster Art und Größe: Bürogebäude, Schulen, Kindergärten, Bäder, Kirchen, Mehrzweckhallen, Fabriksgebäude, Hotels, Wohn- und Siedlungsbauten. Zu seinen Hauptwerken zählen die Wiener Stadthalle und das ORF-Zentrum auf dem Küniglberg.

Mit der Gartenstadt Puchenau realisierte Rainer modellhaft seine Idee eines humanen Wohnens im verdichteten Flachbau, die Erkenntnisse vorindustriellen Bauens mit zeitgenössischem ökologischen Bewusstsein verbindet. Seit Jahrzehnten äußerte er sich gegen das Hochhaus als Wohnort, der zur Folge habe, dass die Bewohner am Wochenende in die Zweitwohnungen auf dem Land flüchten.

1947 veröffentlichte Rainer sein erstes Buch über „Die Behausungsfrage“, dem ein Jahr später die „Städtbauliche Prosa - praktische Grundlagen für den Aufbau der Städte“ folgte. In einer Zeit allgemeiner geistiger Ratlosigkeit knüpfte Roland Rainer an jene gestalterischen und sozialen Kräfte an, welche die ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts entscheidend geformt hatten.

Der oberösterreichische Architekturtheoretiker Friedrich Achleitner würdigte Roland Rainer als „Motor“ der österreichischen Architektur, der seine Vorstellungen immer wieder gepredigt und als Lehrer eine Meinung vertreten habe, „an der sich seine Schüler reiben konnten“.

Roland Rainer:
Nach dem Studium an der Technischen Hochschule Wien wurde der am 1. Mai 1910 in Klagenfurt geborene Roland Rainer Mitarbeiter der Deutschen Akademie für Städtebau in Berlin. 1945 Rückkehr nach Österreich, Professuren in Hannover, Graz und Wien. Von 1958 bis 1963 Wiener Stadtplaner, von 1980 bis 1999 Präsident des österreichischen Kunstsenats. Träger vieler in- und ausländischer Preise und Auszeichnungen.

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