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Katalysator der Stadtentwicklung
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Die Initiative „Kulturhauptstadt Europas“ wurde 1983 auf Anregung der damaligen griechischen Kulturministerin Melina Mercouri ins Leben gerufen und zwei Jahre später mit Athen begonnen.

19. Juni 2002
Mit einem reichhaltigen Kulturangebot sollen die Vielfalt und die Gemeinsamkeiten der europäischen Kulturen herausgestellt werden. 15 Jahre lang gab es eine jährlich wechselnde „Kulturstadt“. 1999 wurde der Begriff in „Kulturhauptstadt“ umbenannt, seit 2000 können sich mehrere Städte pro Jahr den Titel teilen.


Frischzellenkur

Das Kulturhauptstadt-Projekt hat Graz einen Bauboom beschert, und zwar nicht nur durch die Errichtung neuer Spielstätten, sondern auch im Bereich der Infrastruktur und der Gastronomie. Die Stadt selbst putzt sich heraus, investiert wird auch in Neugestaltungen des öffentlichen Raums. Städtebaulich hervorgehoben wird das traditionell als benachteiligt geltende rechte Murufer, wo die meisten Schlüssel-Objekte verwirklicht werden.


Die Blaue Blase

Der spektakulärste 03-Bau ist ohne Zweifel das Kunsthaus, die „blaue Blase“ der Architekten Cook/Fournier: Mit dem Hochbau wurde begonnen, im Juli erfolgt die Ausschreibung der heiklen äußeren Hülle, für die gekrümmtes Plexiglas oder faserverstärkter Kunststoff in Frage kommt - heikel deshalb, weil eine derartige Dachkonstruktion bisher einmalig ist. Die Eröffnung ist für 23. September 2003 vorgesehen, die erste Ausstellung wird im November, also gerade noch im Kulturhauptstadt-Jahr, starten.


Neue Spielstätten

Ein über das 03-Budget finanziertes Projekt ist die Acconci-Insel, die noch heuer im November in der Mur vor Anker gehen wird und ein kleines Amphitheater, einen Kinderspielplatz und ein Cafe auf dem Wasser bietet. Ebenfalls mit Beginn des Kulturhauptstadtjahres zur Verfügung stehen wird die Helmut List-Halle nahe dem Hauptbahnhof - moderne Architektur von Markus Pernthaler, aufbauend auf das Stahlgerippe eines Industriebaus aus dem vorigen Jahrhundert und mit einer besonderen Akustik.


Platz für Literatur

Im Laufe dieses Jahres wird das ehemalige Kulturhaus in der Elisabethstraße von den Architekten Riegler/Riewe in ein Literaturhaus umgestaltet. Die Eröffnung ist für März 2003 vorgesehen, ein Datum, das wegen anhängiger Anrainerverfahren allerdings noch mit einem Fragezeichen versehen ist. Im bestehenden Gebäude wird das Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung und eine Bibliothek untergebracht, in einem dreistöckigen, zugebauten Hofgebäude werden zwei Veranstaltungssäle und ein Schauarchiv entstehen. Auch die Pop- und Independent-Sparte wird im Teatro am Lendplatz („Haus der Popkultur“) und im Palais Thienfeld direkt neben dem Kunsthaus bedient.

Weitere Bauvorhaben, die nicht direkt dem Kulturhauptstadt-Projekt zuzuordnen sind, sind das Kindermuseum im Augarten (geplante Eröffnung Herbst 2003), die neue Stadthalle (Eröffnung Oktober 2002) sowie der Um- und Ausbau der Thalia, in der ein Hotel und Probebühnen für die Oper Platz finden sollen.


Erste Projekte

Wie sich die Stadt für den Anlass 03 herausputzt, ist zum Teil jetzt schon zu sehen: Die Murpromenade wurde bereits eröffnet, im September wird ein Facelifting für die Hauptbrücke folgen, um dem Kunsthaus einen attraktiven Zugang und Blickpunkt zu geben. Darüber hinaus werden sich auch der Hauptplatz, der Hauptbahnhof und der Flughafen im neuen Outfit präsentieren.

Auch die Lokalszene erfährt eine Bereicherung: Schon offen ist die 03 Bar samt Info-Center am Mariahilfer Platz. Am Schlossberg entsteht ein neues Cafe, zusätzlich wird das Restaurant umgebaut, was aber über 2003 hinaus dauern könnte. Fix ist auch eine Sacher-Dependance in der Herrengasse beim Hauptplatz.


Geldfragen

Zur Realisierung ihres Programms hat die Graz 2003 Kulturhauptstadt Europas Organisations GmbH 50,9 bis 54,5 Mio. Euro an Mitteln der öffentlichen Hand (Bund, Land, Stadt) zur Verfügung. Je die Hälfte wird für Programm und Marketing investiert. Darüber hinaus erwartet man sich noch 3,6 bis 5,1 Mio. Euro von Sponsoren. Über die erwarteten Rückflüsse aus den Eintritten wurden bisher noch keine Zahlen genannt.

Für die Baumaßnahmen kommen von Stadt und Land weitere beträchtliche Beträge: 43,6 Mio. Euro für das Kunsthaus, 38,3 Mio. für die Stadthalle, 3,2 Mio. für das Literaturhaus, 2,2 Mio. für das Kindermuseum. Vorwiegend aus privater Kasse werden die Helmut List-Halle (6,5 Milo.) und die Thalia neu (rund 15 Mio. Euro) finanziert.


Bestellmodus

Um die Ernennung der Kulturhauptstädte gab es immer wieder Diskussionen. Die Kulturhauptstädte bis 2004 wurden einstimmig im EU-Ministerrat ernannt. Danach wurde die Prozedur geändert. Über die Kulturhauptstädte 2005 bis 2019 entscheidet der Ministerrat auf Grund einer Jury von Fachleuten aus dem Kulturbetrieb, die von Vertretern der verschiedenen EU-Institutionen jährlich neu ernannt werden. Bis 2019 soll pro Jahr jeweils nur eine Kulturhauptstadt aus einem der derzeit 15 EU-Mitgliedsländer gewählt werden, eventuell mit einer assoziierten Stadt aus einem EU-Beitrittskandidatenland. Im Rahmen der EU-Erweiterung wird die Länder-Liste aber voraussichtlich wieder abgeändert werden. 2004 geht der Titel an Lille und Genua, 2005 an Cork.

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