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Neuer Glanz für alte Räume
Neue Zürcher Zeitung

Erste restaurierte Säle im Kunsthaus Zürich sind geöffnet

Die laufende Ausstellung im Kunsthaus Zürich gibt Gelegenheit zu einer Art Vorbesichtigung: Sie zeigt, was von der Renovation des Gebäudeflügels von Karl Moser zu erwarten ist. Die Sammlungsräume, in denen zurzeit fünfzig Stillleben des niederländischen Barockmalers Pieter Claesz hängen, sind weitgehend originalgetreu rekonstruiert.

10. Mai 2005 - Martino Stierli
Seit kurzem ist im Zürcher Kunsthaus eine Ausstellung mit Stillleben des niederländischen Barockmalers Pieter Claesz (1597-1660) zu sehen. Gleichzeitig bietet sich dem Publikum Gelegenheit, einen ersten Blick auf die bereits restaurierten Säle im Kunsthaus-Bau Karl Mosers aus dem Jahr 1910 zu werfen. Noch sind erst einige sanierte Räume im Gebäudeflügel an der Ecke Heimplatz/Rämistrasse zugänglich. Die prächtig hergestellten Säle und Kabinette lassen aber erahnen, was man von der Renovation der weiteren Sammlungsräume erwarten darf. Diese sollen Ende Juli dem Publikum übergeben werden. Der mehrjährige Umbau steht unter der Leitung des Zürcher Architekturbüros SAM Schnebli Ammann Menz. Mit letzten Eingriffen im rückseitigen, von Erwin Müller stammenden Erweiterungsbau soll das Vorhaben noch vor dem Ende dieses Jahres seinen Abschluss finden.

Originalgetreue Rekonstruktion

Soeben vollendet worden ist die Raumfolge im ersten Obergeschoss links des grossen Treppenhauses. Dieses erschliesst vom Haupteingang und vom kürzlich ebenfalls neu gestalteten Foyer aus die oberen Etagen; die Stockwerke sind neu mit einem Lift erreichbar. Während in diesen Sälen bis zum Umbau die Werke von Füssli, Böcklin und Segantini präsentiert wurden, bilden sie nun vorübergehend den Rahmen für die niederländischen Stillleben. Die Vorhalle der mittleren Achse stellt einen würdigen Auftakt zum zentralen Oberlichtsaal dar (dem ehemaligen Füssli-Saal). Dessen beige Wände werden künftig einen dezenten Hintergrund für die Präsentation der Hodler-Bestände der Kunsthaus-Sammlung abgeben.

Die restauratorischen Eingriffe in den Räumen folgen weitgehend dem Prinzip einer originalgetreuen Rekonstruktion. Mit Hilfe von historischen Fotografien konnte eine Raumfolge wiederhergestellt werden, die den Esprit Mosers und seiner Zeit neu aufleben lässt. So wurde etwa der schwarzweisse Teppich mit einem geometrischen Ornament nachgewoben. Dieses antwortet seinerseits auf die kassettierte Decke. Ebenso wurden die Ornamentfriese nach alten Befunden rekonstruiert und die wertvolle Palisanderverkleidung der Heizkörper entlang den Fussenden von ihren Übermalungen befreit. In den seitlich angrenzenden Räumen, wo einfachere Holzarten verwendet worden waren, griff man dagegen auf die historische, farbige Schwammtechnik zurück, um einen Marmoreffekt zu erzeugen.

Eine Trouvaille befindet sich in den kleinen Kabinetten am Kopfende des Baus: Die jetzt wieder sichtbare Verkleidung der Heizkörper zeugt von der hohen Qualität der Tischler-, Drechsler- und Einlegearbeiten jener Zeit. Zum Gesamteindruck tragen auch die neu bezogenen Originalmöbel nach Entwürfen Mosers bei, die ebenso wie die geometrischen Ornamente in den Sälen von den Wiener Werkstätten inspiriert sind. In einem kleinen Raum mit Seitenlicht ist sogar der Verkaufstisch aufgestellt, an dem die Künstler damals mit den Sammlern um den Preis ihrer Werke verhandelten.

Haustechnik auf dem neusten Stand

Die Restaurationsarbeiten sind lediglich der sichtbare Teil der aufwendigen Sanierungsarbeiten der letzten Jahre, mit denen die Haustechnik auf den neuesten Stand gebracht und das Haus durchwegs rollstuhlgängig gemacht wurde. Auch in den historischen Räumen wurde zwischen gläserner Saaldecke und dem äusseren Glasdach eine neue Klimaebene eingezogen, während hinter den Wänden eine neue Lüftung entlangführt. Diese Eingriffe sind auf den ersten Blick kaum bemerkbar und beeinträchtigen den Raumeindruck kaum. Wo Modifikationen dennoch sichtbar werden, fügen sie sich ins Gesamtbild, bleiben aber dennoch ablesbar.

Die Ausstellung mit Stillleben von Pieter Claesz im Kunsthaus Zürich ist noch bis zum 21. August zu sehen.

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