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Der Wahnsinn braucht Methode
ORF.at

Die spielerischen Beiträge der Österreicher bei der achten Architekturbiennale in Venedig.

11. September 2002
Was kommt in der Architektur als Nächstes? Diese Frage behandelt nicht nur die „NEXT“-Hauptschau der 8. Architekturbiennale, die Samstags offiziell eröffnet wurde. Dies haben sich auch die meisten Länderkommissäre gefragt. Als Nächstes kommt der Nachwuchs, lautete in vielen Fällen die Antwort. Und so sind Jungarchitekten heuer gleich zu Dutzenden bei dieser Leistungsschau der Weltarchitektur vertreten. Auffallen können da nur Länder mit einem klaren Konzept - wie die Schweiz etwa, in deren Pavillon zwei Architekten Licht- und Luftbedingungen schaffen, wie sie in 3.000 Meter Höhe herrschen.


Konzeptuelle Architektur

Unkonventionelle Architektur-Zugänge hatte Dietmar Steiner, der Nachfolger von Hans Hollein als Kommissär des Österreich-Beitrages, versprochen: „Architektur als Denkansatz, nicht als Beruf oder Stil.“ Kommissär Dietmar Steiner wählte Arbeiten von Nelo Auer, Rainer Köberl, Heidulf Gerngroß und Jan Turnovsky aus. Ungewöhnlich geriet die Präsentation tatsächlich.


Nelo Auer

Die 35-jährige aus Bozen stammende Architektin Nelo Auer hat ihren Raum mit bunten Sitzkissen ausgestattet. Ihre Parole lautet „tasting architecture“, und daher gab es zur Eröffnung nicht nur auf einem Campingkocher gegrillte Würstchen, sondern auch speziell gefertigte Schoko-Riegel. Im österreichischen Pavillon hat die Architektur 75 Prozent Kakao-Anteil.

„Jeder sollte sich in einem Raum verwirklichen, auf den Raum reagieren, ihn mit Ideen und Visionen füllen“, lautete Steiners Programm. Während in Auers Raum bald eine Polsterschlacht tobte, wurde nebenan fröhlich herumgespritzt.


Rainer Köberl

Der 1956 in Innsbruck geborene Rainer Köberl setzte seinen Raum unter Wasser, platzierte Tische und Sessel in ihm und schrieb Teile der Mail-Korrespondenz über sein Projekt, die Rückseite des Pavillons neu zu gestalten, an die Wände. Die feuchte Eröffnungs-Performance sorgte allerdings dafür, dass so mancher Text an der Wand bald nicht mehr lesbar war. Köberls Plan, das rückwärtige Dickicht zu roden und als Zusatz-Fläche für den Pavillon zu gewinnen, wurde von den Behörden vorerst abgeschmettert.


Weitere Österreicher

Ein dritter Raum wurde mit Manuskripten des 1995 verstorbenen Architekten und Architekturtheoretikers Jan Turnovsky ausgekleidet. Auch der Österreicher Heidulf Gerngroß ist mit seiner „aula discorsiva“ im Pavillion vertreten. „Mehr Inszenierung und konkrete Realisation als Repräsentation“, hatte sich Dietmar Steiner gewünscht. Dieses Ziel zumindest hat der Auftakt im Österreich-Pavillon ohne Zweifel erreicht.


Löwen

Auch bei der Architektur-Biennale werden „Löwen“ vergeben. Der erste, eine Würdigung des Lebenswerks, ging an den japanischen Architekten Toyo Ito (Jahrgang 1941), dem Erbauer des „Turms der Winde“ in Tokio. „Ito verweigert sich vorschnellen Einordnungen“, lobt die Jury seine vielfältige Arbeit, die von großer Bedeutung für die Gegenwartarchitektur sei und auch innovative neue Technologien mit einbezieht, „seine Experimente bedeuten kontinuierliche Inspiration, seine Architektur ist von bleibender Schönheit.“

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