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Schöner wohnen ist utopisch
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„In den letzten Jahren ist die Idee des Fortschritts in den Ruf der Monstrosität gekommen.“

29. Oktober 2002 - Friedrich Tietjen
„Utopisches Denken gilt als naive, gefährliche Hybris,“ klagen Zaha Hadid und Patrik Schumacher im Vorwort des Kataloges. Diese Gleichsetzung von Fortschritt und Utopie führt die von ihnen kuratierte Ausstellung allerdings geraden Wegs in die Affirmation des Bestehenden.


Kapitalismus ist Fortschritt

An den ausgestellten Arbeiten lässt sich dies in unterschiedlicher Deutlichkeit erkennen. Beschränken sich eine Reihe von ihnen darauf, mehr oder weniger gelungen „Form follows Function“ als Maxime der Architektur der klassischen Moderne zu subvertieren, machen andere wiederum deutlich, auf welcher Grundlage Fortschritt und Utopie hier gedacht werden.

Die britischen Foreign Office Architects erklären zu ihrem Projekt zum Wiederaufbau von Ground Zero: „Mit dem Bundle Tower sollte ein neues architektonisches Maß für zukünftige Höhepunkte der Intensivierung und Aktivierung geschaffen werden. Ziel war die Einführung von Hochhausstrukturen, die eine weitere Stufe der kapitalistischen Entwicklung im 21. Jahrhundert tragen werden.“ Im Klartext: Fortschritt ist Kapitalismus. Dass eine solche Ansicht aus guten Gründen kritisierbar ist, kommt in der Ausstellung so wenig in den Blick wie Utopien und Architekturen anderer gesellschaftlicher Organisationsformen.


Oberfläche ist attraktiv

Statt dessen glänzt sie durch gelungene Oberflächenbehandlungen: Handwerklich beeindruckend verarbeiteten Modelle wie die von NOX wechseln mit Installationen, die einige Spielmöglichkeiten und ein erheblich größeres Maß an optischer Attraktivität aufweisen: In einem von Reiser & Umemoto entworfenen Kubus etwa sind einige hundert kleine und fluoreszierend gefärbte Röhrchen leicht beweglich aufgehängt, deren Ausrichtung durch außen von Spulen erzeugte Magnetfelder und deren Störungen durch die Körper der Besucher bestimmt wird. Was allerdings an solchen Arbeiten latent, was utopisch sein soll, bleibt undeutlich - ihr Mangel an Konkretion lässt sie eher als fantastische Improvisationen erscheinen.

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