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Beispielhaft für die neue Form von Ausstellungen in der Akademie der bildenden Künste, wie sie Rektor Stephan Schmidt-Wulffen vorhat, ist die aktuelle Schau über Architektur-Fotografie.

31. Oktober 2002 - Katharina Menhofer
Eigentlich ist die Aula der Akademie der bildenden Künste mit ihren schweren Säulen und ihren reichen Verzierungen generell ein denkbar schlechter Ort für Ausstellungen, für die Fotos von Thomas Ruff scheint sie aber wie geschaffen. Die Schau „l.m.v.d.r - Architektur-Fotografien von Thomas Ruff und Studierenden des IKA“ findet von 30. Oktober bis 17. November und danach von 2. Dezember bis 19. Jänner 2003 statt.

Die Säulen strukturieren die Hängung der großformatigen Bilder, die klare Bildästhetik der Fotos kontrastiert mit der Üppigkeit des Raumes. Thomas Ruff hat die Häuser des Bauhausarchitekten Ludwig Mies van der Rohe abgelichtet und dann farblich bearbeitet und künstlerisch verändert - die Villa Tugendhat in Brünn, das Haus Esters Krefeld in Deutschland oder der Barcelona Pavillon in Spanien - Fotos mit violettem Himmel, lindgrünem Gras, graublauen Ziegelmauern.


Kraftfeld

Thomas Ruffs Fotos zeigen einerseits klare klischeebeladene Standard-Ansichten, dann wieder verwischte und kaum erkennbare Farbflächen, manche Bilder wirken wie nostalgische Erinnerungen.

Dem gegenüber stehen Fotos von Architektur-Studenten, die sich im Rahmen einer Amerika-Exkursion ebenfalls mit Mies van der Rohes Architektur beschäftigt haben. Dazu erklärt Rektor Stephan Schmidt-Wulffen: „Das soll ja nicht nur Ausstellung sein, sondern auch Labor. Und in diesem Labor gibt es zwei Pole: einmal diese sehr präzise ästhetisch formulierten Werke eines Künstlers und dann diese bearbeiteten Souvenirs, die die Studenten aus den USA mitgebracht haben. Das ist ein Kräftefeld.“


Exkusion nach Chicago

Exkursionen sind in der Akademie der bildenden Künste an der Tagesordnung. Nach Indien, China oder Kuba begab man sich heuer nach Chicago und New York, wohin Mies van der Rohe 1938 emigrierte und dort Generationen von Architekten prägte.

August Sarnitz, der die Exkursion geleitet hat, berichtet: „Wir sind zu verschiedenen Tageszeiten zu den Gebäuden gefahren, haben sie also mit unterschiedlichen Rezeptoren aufgenommen. Manche Studenten haben Schwarz-Weiß-Fotos, andere Farbfotos gemacht. Die Überlegung war dann, aus der Vielzahl der Fotos hier im Team eine Struktur auszuwählen.“


Aus dem Objektiv der Studenten

Ganz bewusst haben die Studierenden nur jene Gebäude fotografiert, die Thomas Ruff niemals abgelichtet hat.

Dazu zählen u.a. das Appartement-Gebäude Lake Shore Drive im nördlichen Teil von Chicago, das zu den Ikonen der modernen Architektur geworden ist, oder das Seagram Building in New York, und weiters der Gebäudekomplex des IIT-University-Campus aus den 40er Jahren.


Gegensätze

Während die Hochhäuser in einem elitären Umfeld stehen und baulich in hervorragendem Zustand sind, präsentiert sich der nach dem Zweiten Weltkrieg sehr billig errichtete Campus in einem anderen Zustand.

„Da gibt es jetzt - und das war besonders spannend - die Überlagerung mit der Vegetation. Man hat sie damals mitgepflanzt, um die moderne Glas-Architektur etwas abzuschwächen. Und jetzt hat diese Vegetation diese Bauten komplett überwuchert und arbeitet bis in die Gebäude. So kann man manche Fenster nicht mehr schließen. Es ist eine neue Symbiose geworden“, berichtet Sarnitz.


Experiment und Chance

Natürlich gibt es ein Qualitätsgefälle zwischen den Arbeiten des etablierten Künstlers Thomas Ruff und jenen der Studenten. Aber gerade das sei das Spannende und gerade für ein solches Experiment sei in einem normalen Museum kein Platz, meint Rektor Schmidt-Wulffen.

Genau hier müsse die Universität zum Zug kommen, denn hier sei eine Marktlücke vorhanden: „Die öffentlichen Museen sind immer stärker darauf angewiesen, ein großes Publikum anzusprechen. Die Einnahmen an der Kasse werden ein immer wichtigerer Teil bei der Museums-Finanzierung. Ich glaube, das darf man nicht aus dem Auge verlieren, dass die Veränderung der Rolle der Museen den Universitäten eine zusätzliche, eine neue Rolle geben kann“, so Schmidt-Wulffen.


[Tipp:
„l.m.v.d.r - Architektur-Fotografien von Thomas Ruff und Studierenden des IKA“, Ausstellung in der Aula der Akademie der bildendenden Künste Wien, von 30. Oktober bis 17. November und von 2. Dezember bis 19. Jänner 2003]

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