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Ingenieurbaukunst
Neue Zürcher Zeitung

Ein neues Jahrbuch in Deutschland

21. November 2002 - Bruno Meyer
Heutzutage ist es zwar selbstverständlich, dass bei jedem grösseren Bauwerk auch Ingenieure mitwirken, doch ihr Einfluss auf die Architektur ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Statt nun die alten Klagen über mangelnde Anerkennung des Berufsstands zu wiederholen, hat die Bundesingenieurkammer Deutschlands einen neuen Weg eingeschlagen. In Form des Jahrbuchs zeigt sie eine Auswahl von Projekten und Ingenieurporträts, öffnet geistigen Raum für Essays, interviewt Ingenieure und Architekten bezüglich ihrer Zusammenarbeit und berichtet über bautechnische Schwerpunkte aus der wissenschaftlichen Forschung. Markante Beispiele sind die Autobahnbrücke über die Saale bei Beesedau, das Wasserstrassenkreuz Magdeburg, der Tiergarten-Tunnel in Berlin, ein Rückblick auf die Schalen von Ulrich Müther und ein Ausblick auf adaptive Tragwerke im Leichtbau. Die Autoren der Beiträge sind hauptsächlich Bauingenieure bzw. Architekten aus der Praxis, Redaktoren oder Vertreter aus der Lehre und Forschung, während für die Auswahl ein Beirat unter Federführung von Jörg Schlaich verantwortlich war.

Sich mit guten Projekten auseinanderzusetzen und die Tendenzen der eigenen Disziplin theoretisch aufzuspüren, sind zwei Aspekte, die aus diesem Jahrbuch eine Architekturkritik der Ingenieure machen werden. Beide sind anspruchsvoll, denn das Spektrum ist weit und oft schwierig darzustellen, wie das Elbe-Entlastungsprogramm in Hamburg, die Passivhäuser in Kassel oder die Lichtplanung für die Fünf Höfe in München zeigen. Doch es lohnt sich. Auf diesem Weg können Ingenieurleistungen als Beiträge an die Baukultur jene Aufmerksamkeit finden, die Bundesminister Kurt Bodewig zur Bewältigung unserer Zukunftsprobleme fordert. Nach dem gelungenen Start bleibt dem Jahrbuch eine Kontinuität zu wünschen. Die Voraussetzungen dazu sind günstig: Das gewählte Konzept scheint für das nächste Jahrzehnt tragfähig zu sein.


[Ingenieurbaukunst in Deutschland. Jahrbuch 2001. Hrsg. Ulrich Schwarz und Bundesingenieurkammer. Junius-Verlag, Hamburg 2001. 200 S., Fr. 69.-.]

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