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Die Höhepunkte der Kulturhauptstadt
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Architektur spielt in Graz seit Jahrzehnten eine herausragende Rolle. Dem entspricht auch das Kulturjahr 2003 mit einigen Projekten. Graz darf aber nicht nur alles, es kann auch mehr.

2. Januar 2003
Mit einem großen Straßenfest in der Innenstadt feiert Graz am 9. Jänner 2003 den Auftakt seines Jahres als Kulturhauptstadt Europas. Ein Highlight ist sicher die Eröffnung der Mur-Insel von Vito Acconci, doch auch zahlreiche Ausstellungen versprechen interessant zu werden, etwa Latente Utopien, „M_ARS. Kunst und Krieg“ oder „Der Turmbau zu Babel. Ursprung und Vielfalt von Sprache und Schrift“.

Eine Übersichtsausstellung zum Gesamtwerk des slowenischen Architekten Joze Plecnik, „Städtebau und sakrale Gefäße“, zeigt das Stadtmuseum Graz (9. Jänner - 30. März). Der Steirerin Inge Morath (1923-2002) ist die Schau „Grenz.Räume/Steirisch-Slowenische Wegzeichen“ im Kunsthaus Graz gewidmet (30. Jänner - 9. März). Gezeigt werden Fotografien von der historisch-kulturellen Spurensuche der Österreicherin in den Grenzgebieten


Sacher-Masoch-Schwerpunkt

Mit dem Grazer Schriftsteller Leopold von Sacher-Masoch beschäftigen sich zwei Ausstellungen: „Venus im Pelz. Visionen des Masochismus in der Kunst“ im Stadtmuseum Graz (26. April - 24. August) zeigt u. a. Werke von Helmut Newton, Lovis Corinth und Annette Messager. Mit dem Masochismus aus der Sicht von Angelica Aurora Rümelin, Sacher-Masochs erster Frau, setzt sich die Videoinstallation „Wanda SM. Die Sicht der Frau auf Sacher-Masoch“ im Dom im Berg auseinander (25. April - 25. Mai). Die Ausstellung „Himmelsschwer. Transformation der Schwerkraft zwischen Religion und Kunst“ in den Grazer Kirchen und Kulturzentrum möchte einen spannungsreichen Dialog zwischen alten und modernen Bildkonzeptionen zeigen, u. a. mit Arbeiten von Albrecht Dürer bis Richard Serra (11. April - 15. Juni).


„Kultur ist unverzichtbares Lebensmittel“

Graz-Intendanten Wolfgang Lorenz sieht den „an sich nicht bedeutende“ Titel „Kulturhauptstadt Europas“ als eine Chance, das vorhandene kulturelle Potenzial der Stadt zu nutzen, um Neues zu gestalten: „Man kann eine Stadt nicht neu erfinden.“ In der Zusammenarbeit mit lokalen Institutionen, aber auch in der Auseinandersetzung in Politik und Öffentlichkeit über umstrittene Projekte habe Graz „Lust auf sich selbst bekommen“.


Das neue Kunsthaus

Sichtbarstes Zeichen dieser neuen Lust ist das bauliche Leitprojekt für Graz 2003, das von dem Architekten-Duo Cook/Fournier geplante Kunsthaus. Die international viel beachtete Konstruktion nimmt seine endgültigen Formen an. Das Verbindungselement zwischen altem Eisernen Haus und neuem Kunsthaus („Bubble“) wurde schon montiert und auch an den rüsselförmigen Belichtungselemente („Nozzles“) für die Außenhaut wird bereits gearbeitet. Diese „Skin“ wird anstelle eines Daches das Gebäude blasenartig umhüllen. Eröffnet soll das neue Kunsthaus dann am 23. September werden.


Grazer Geschichte(n)

Graz, die alleinige Kulturhauptstadt Europas 2003, ist mit 250.000 Einwohnern - darunter 60.000 Studenten - die zweitgrößte Stadt Österreichs. Die Hauptstadt der Steiermark ist ein Zentrum für Handel, Verwaltung, Bildung und Kunst. Teile der Innenstadt, die als vollständige Ensembles erhalten sind, gehören seit Ende 1999 zum Weltkulturerbe.


Vom NS-Bollwerk zum Sitz der Avantgard

Unter den Nationalsozialisten als Bollwerk gegen den slawischen Südosten zur „Stadt der Volkserhebung“ ausgerufen, zu Zeiten des Kalten Krieges an den Rand Europas gedrängt, profitiert Graz heute wieder zunehmend von seiner geopolitischen Lage am Schnittpunkt verschiedener Nationalitäten und Kulturen: Nach Ungarn sind es 70 Kilometer, nach Slowenien 40. Neben der Landwirtschaft hat sich seit dem 19. Jahrhundert Industrie, vorrangig Maschinen- und Stahlbau sowie später die Autobranche, angesiedelt.

In den 60er und 70er Jahren hat sich Graz zu einer Keimzelle der österreichischen Avantgarde entwickelt. Das Forum Stadtpark, die Grazer Autorenversammlung, schließlich das interdisziplinäre Festival steirischer herbst standen für einen Aufbruch in der Gegenwartskunst.

Großen Anteil an dieser Bewegung hatten Schriftsteller wie Werner Schwab und Wolfgang Bauer sowie Alfred Kolleritsch, Mitbegründer und bis heute Herausgeber der Literaturzeitschrift „manuskripte“. Den literarischen Ruf seiner Heimatstadt hat in diesem Jahr Peter Glaser als Gewinner des Ingeborg-Bachmann-Preises verteidigt.

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