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Anspruch und Realität
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Nach dem Schock über die Zerstörung des World Trade Centers in New York machten sich die führenden Architektenteams der Welt daran diese prominenteste Lücke in der Sky Line New Yorks zu schließen.

6. Februar 2003
Erste Pläne wurden von der New Yorker Galerie Max Protetch bereits Anfang des Jahres 2002 präsentiert, darunter aus Österreich auch Hans Hollein, Raimund Abraham, Coop Himmel(b)lau und Zaha Hadid, die ihre Meisterklasse an der Angewandten ins Spiel brachte.

Einige Entwürfe forcierten damals noch unter dem Eindruck der Katastrophe eine ausschließlich nicht-ökonomische Lösung: Parks, Gedenkstätten und ähnliches wurden vorgeschlagen. Die meisten Entwürfe wollten jedoch von der Macht der Türme nicht Abstand nehmen.


Erste Entscheidung

Im Mai 2002 erhielt im Rennen um die Wiederbebauung des New Yorker Ground Zero das Architektenbüro Beyer, Blinder und Belle den Zuschlag und setzte sich damit gegen 14 Mitbewerber durch. Von den großen internationalen Büros war zum dem Zeitpunkt niemand mehr im Rennen. Die Ausschreibungen wurden von der Lower Manhattan Development Corporation auf lokale Büros zugeschnitten, die die Optimierung der Nutzfläche im Auge hatten. Immerhin hatte sich Beyer, Blinder und Belle mit Bauten wie dem Rockefeller Center und der Renovierung des Bahnhofs Grand Central einen Namen gemacht.

Nach massiver Kritik an dieser Entscheidung wurde ein zweiter Durchgang eingeleitet, an dessen Ende nun die aktuelle Entscheidung für Libeskind und THINK steht.


Prominententreffen

Zu den Finalisten gehörten neben den Siegern Libeskind und THINK auch Bürogemeinschaften mit so renommierten Namen wie Richard Meier, Steven Holl, Rafael Vinoly, Peter Eisenman, Greg Lynn, Norman Foster, Charles Gwathmey, Ben van Berkel und Shigeru Ban.

Die „New York Times“ merkte in einem Kommentar dazu an, dass seit der Planung für den Bau des UNO-Hauptquartier 1947 nicht mehr so viele berühmte Architekturen in New York an der Arbeit waren. Dennoch sparte das renommierte Blatt nicht mit Kritik an den eingereichten Plänen.


Kritik an den Plänen

Die Entwürfe hätten „wenig mit der Realität zu tun“. Es sei recht wahrscheinlich, dass das, was eines fernen Tages tatsächlich gebaut wird, kaum einem mit großem Medienrummel vorgestellten Entwürfe entspricht. Die zuständigen Behörden und Unternehmen würden zwar in den nächsten Monaten aus allen sieben Design-Vorschlägen unter Beachtung der Meinungsäußerungen aus der Bevölkerung einen Gestaltungsplan entwickeln. Jedoch seien Investoren, die eines Tages tatsächlich am Ground Zero bauen, an die Pläne nicht fest gebunden. Diesen Standpunkt wiederholte die zeitung auch am 4. Februar und weiß sich dabei eins auch mit den ARchitekten, denen natürlich auch bewusst ist, wie weit der Weg noch ist, den sie zu gehen haben.

Herbert Muschamp, Architektur-Kritiker der „New York Times“, sieht in den Entwürfen vor allem eine „Feier des vertikalen Lebens“ und favorisiert den Vorschlag von Daniel Libeskind.


Geringe Bürgerbeiteiligung

Kritik übten New Yorker Bürger vor allem an dem Auswahlprozess. Die Bevölkerung habe nicht genügend Einfluss auf die bevorstehende Entscheidung. So erhielten zu der fünfstündigen Anhörung in einem Hörsaal der Pace Universität nur 700 Bürger Einlass. An einer Aussprache im Sommer über die ersten fünf, inzwischen verworfenen Entwürfe für den WTC-Wiederaufbau hatten sich noch mehr als 5000 New Yorker beteiligen können.

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