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Metropolitanes Bauen für Mailand
Neue Zürcher Zeitung

Der Architekt Luigi Caccia Dominioni in Verona

22. Februar 2003 - Hubertus Adam
Der im Jahre 1913 in Mailand geborene Architekt Luigi Caccia Dominioni darf als ein Bindeglied zwischen den Vertretern der Novecento- Baukunst und des Rationalismus der zwanziger und dreissiger Jahre sowie Aldo Rossi oder Vittorio Gregotti gelten, die Mitte der sechziger Jahre mit massgeblichen Publikationen eine neue Ausrichtung des architektonischen Diskurses in Italien in die Wege leiteten. Obwohl Caccia Dominioni im hohen Alter von 90 Jahren noch immer tätig ist und gerade einen mit Strukturelementen verkleideten Supermarkt im Osten von Mailand fertigstellen konnte, fallen seine wichtigsten und einflussreichsten Bauten in die ersten Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Sequenz seiner Hauptwerke begann noch in den vierziger Jahren mit dem Wiederaufbau des kriegszerstörten Familiensitzes an der Piazza Sant'Ambrogio: Unter Einbeziehung erhaltener Mauern wurde die klassische Typologie eines Palazzo im neuen Geiste interpretiert. Das sensible Oszillieren zwischen Tradition und Moderne zeigte sich später (1968-70) auch an einem turmartigen Gebäude, das die aus dem Cinquecento stammende Kirche San Fedele mit dem Neubau der Chase Manhattan Bank von BBPR verbindet. Als seine eigentlichen Meisterwerke indes sind die grossen Apartmentbauten anzusehen, mit denen Caccia Dominioni Musterbeispiele für eine metropolitane Architektur schuf. In der Nähe der Fiera di Milano entstand 1956 ein zehngeschossiger Riegel, an der Piazza Carbonari ein durch seine mehrfach geknickte Dachlinie expressiver Baukörper (1961). Die Verkleidung mit schmalen Keramikfliesen, die wechselnden Fensterformate und die Blockhaftigkeit des Volumens weisen auf Gestaltungen voraus, die sich ähnlich auch in der heutigen Architektur der Niederlande oder der Schweiz finden lassen.

Unter dem Titel «Stile di Caccia» präsentiert nun das Museo di Castelvecchio in Verona die erste grosse Retrospektive des Architekten. Neben - eher unübersichtlich arrangierten - Fotos, Plänen und Zeichnungen sind Designobjekte ausgestellt, die der Architekt schon in den dreissiger Jahren zu entwerfen begann. Erst jüngst wurde das zwischen 1938 und 1940 von Caccia Dominioni gezeichnete Besteck von Alessi neu aufgelegt.


[ Bis 9. März im Museo di Castelvecchio in Verona. Katalog: Stile di Caccia. Luigi Caccia Dominioni - Case e Cose da Abitare. Hrsg. Fulvio Irace und Paola Marini. Marsilio Editori, Venedig 2002. 244 S., Euro 35.-. ]

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