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Fest feiern
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Das Gespräch mit der „Turn On“-Organisatorin Margit Ulama führte Joseph Schimmer.

3. April 2003 - Joseph Schimmer
Frage: Das Symposion ist der Auftakt zu einer Reihe. Welches Profil wünschen Sie sich dafür - auch in Abgrenzung zu anderen Kongressen, wie dem des Az W?

Ulama: Zunächst will die Veranstaltung kein Symposion sein, sondern ein Festival. Es soll eigentlich eine Feier der österreichischen Architektur werden. Es geht darum, guter, ambitionierter und anspruchsvoller österreichischer Architektur eine Plattform zu bieten. Meistens werden ja nur die Probleme diskutiert.

Frage: Was zeichnet „gute Gegenwartsarchitektur“ aus?

Ulama: Gute Architektur lässt sich detailliert nur auf der Projektebene selbst besprechen. Ganz allgemein geht es mir aber darum, die Vielfalt der österreichischen Architektur darzustellen. Den intellektuellen Hintergrund der Programmauswahl bildet mein letztes Buch Architektur als Anatomie. Im Vergleich zur Schweiz etwa, wo die Architekten mit ihren Architekturhaltungen und -sprachen viel näher beisammen liegen, zeichnet die österreichische Architekturszene ein wesentlich breiteres Spektrum aus. Das reicht von Coop Himmel(b)lau und nextENTERprise auf der einen Seite, bis hin zu extrem reduziert arbeitenden Büros wie Jabornegg&Palffy auf der anderen Seite. Diese Vielfalt in der Aneinanderreihung der Präsentationen darzustellen war eine grundlegende Idee der Veranstaltung. Darüber hinaus geht es mir auch darum, nicht nur die Architektur selbst, sondern auch die Geschichten zu den Bauten zu erzählen.

Frage: Bemerkenswert an Ihrer Auswahl ist die Dichte an öffentlichen und privaten Nutzbauten, also Schulen, Bühnen, Wohn- und Einfamilienhäusern. Die viel diskutierten Erlebniswelten, vom Museum bis zu Entertainmentcentern, stehen im Hintergrund. Zufall oder Programm?

Ulama: Wohnen betrifft wirklich jeden. Es ist wichtig, auf diese elementaren Aufgaben den Fokus zu legen, zu zeigen, wie heute gewohnt werden kann, von den luxuriösen Villen à la Pichler&Traupmann bis zum geförderten Wohnbau. Gerade auf diesem Gebiet hat sich in den letzten Jahren viel verändert. Noch vor zehn Jahren waren im Wohnbau qualitätsvolle Projekte die rare Ausnahme. Heute sind die Leistungen im geförderten Wohnbau wirklich ein relevantes Thema.

Frage: Was hat diesen Wandel im geförderten Wohnbau motiviert?

Ulama: Das ist einerseits auf das Engagement der Architekten zurückzuführen, auf der anderen Seite liegt es am Baumarkt selbst. Der Markt ist gesättigt und Wohnungen, die heute angeboten werden, müssen einen gewissen Standard aufweisen, wenn sie verkaufbar sein sollen. Qualität wird von den Käufern und Mietern einfach gefordert. Eine Reaktion auf dieses Bedürfnis sind auch die zahlreichen Themensiedlungen.

Frage: Um doch noch ein Beispiel der glamourösen Erlebniswelten herauszugreifen: Im Zusammenhang mit dem UFA-Palast in Dresden von Coop Himmelb(l)au thematisieren Sie im Programm die Auslagerung der Gestaltung öffentlicher Plätze an private Investoren, weil den Kommunen das Geld fehle. So gerühmt der Coop-Entwurf war, haben doch Bauten wie diese, bzw die Expansionspolitik, die dahinter gestanden ist, letztlich zum Konkurs der Ufa geführt. Heißt das, polemisch gefragt, dass sich die Gestaltung des öffentlichen Raums - auch als „Abfallprodukt“ privater Investitionen - dann niemand mehr leisten kann?

Ulama: Naja, das würde ich nicht so sagen. Ich denke mir aber, dass es ein öffentliches Bewusstsein für Architektur braucht. Auf politischer, wie auf privater Seite, bei Unternehmen, wie der Öffentlichkeit. Dazu dienen Veranstaltungen wie „Turn On“. Ich bin so optimistisch, zu glauben, dass das auch gelingt.

Frage: Obwohl wir ein Land der Häuslbauer sind?

Ulama: Ja. Es gibt ja eine grundsätzliche Offenheit, diese Erfahrung mache ich immer wieder, auch in der Vorbereitung gerade auf diese Veranstaltung. Aber leider wissen die Menschen wenig über Architektur. Es gibt ja auch in der Schule keinerlei Vermittlung in diese Richtung. Deshalb glaube ich, dass es wirklich auf die Vermittlung ankommt. Man muss zeigen, was gute Architektur alles bringen kann.

Frage: Bei Defiziten aller Art wird gerne nach verstärktem Engagement der Schulen verlangt. Was können im konkreten Fall aber die Architekten selbst machen, um ihre eigene Arbeit einer breiteren Öffentlichkeit, als ihren konkreten Auftraggebern zu vermitteln?

Ulama: Da hat sich schon viel geändert. Die heutigen jungen Architekten sind, was Fragen der Präsentation und Selbstvermarktung betrifft, viel besser als die „Künstlerarchitekten“ früherer Generationen. Für die Künstler der 68er-Gerneration war Vermarktung geradezu ein Fremdwort. Da hat sich einiges geändert. Dennoch ist es so, dass die Architekten primär mit der Abwicklung ihrer Projekte beschäftigt sind. Da braucht es einfach Veranstaltungen wie diese, die die nötige Öffentlichkeit herstellen. Das müssen andere machen, als die Architekten selbst.

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