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Leben, Wohnen, Man, Woman
Der Standard

Ein nigelnagelneues Buch widmet sich den kleinen und großen Unterschieden zwischen Mann und Frau in Sachen Wohnen

4. April 2003
Männer sind verschieden. Frauen auch. Geschmäcker sowieso. Die ganze Chose unter einen Hut, besser gesagt, unter ein Dach zu bringen, das versuchte die Autorin Ruth Wegerer, als sie sich auf den Weg machte, um sechs Frauen, sechs Männer sowie sechs Paare und somit 18 traute Heime zu besuchen. Sinn der Hausbesuche war es, neben dem Porträtieren der einzelnen Behausungen, herauszufinden, ob, und wenn ja, wie sich die Geschlechter in Sachen Wohnen unterscheiden.

Außer ihrer Erfahrung als Wohn- und Gartenjournalistin hatte Wegerer den Fotografen Harald Eisenberger dabei, der die Nestchen, die Landsitze, die Lofts und umgebauten Scheunen sowie deren Bewohner ablichtete.

Herausgekommen ist ein weiterer, hübsch anzusehender Bildband über Menschen, die gerne wohnen und dies auf sehr verschiedene Weisen tun - Männer wie Frauen. Eine gültige These, wie und warum die Geschlechter unterschiedlich Hand an ihr Heim anlegen, ist freilich keine zu finden. Zu unterschiedlich scheinen die Menschen als solche zu sein. Und das ist gut so. Es war auch nicht die Absicht Wegerers, soziologische Studien zu betreiben. Vielmehr standen die einzelnen Porträts im Vordergrund. Einlass in ihre Stube gewährten etwa die Schauspielerin Michou Friesz, die ihr Wohnzimmer unter anderem mit einem thailändischen Sonnenschirm dekorierte, die Wohnberaterin Ulrike Knopp, die „die äußere Ordnung als Rezept gegen das innere Chaos“ betrachtet, oder der Architekt Kay Sperling, dessen Stube schon sein Großvater zu einer Art „Herrenzimmer“ hergerichtet hatte.

Die Autorin des Buches mit dem Titel „Frauen wohnen anders. Männer auch“, erschienen im Christian Brandstätter Verlag, hantelt sich allerdings schon über Klischees zu dem Ergebnis, dass es keinen allgemein gültigen Unterschied gibt, auch wenn sie Fragen stellt wie „Aus welchen archaischen Urgründen lieben Frauen weiche, kuschelige Stoffe und Formen, Männer hingegen Ledersessel und Geradlinigkeit?“. Das textile Element ebenso wie Farbenfreude ordnet sie den weiblichen, „entspannteren“ Behausungen zu, Blumen findet sie, öfter als man denkt, in männlichen Domizilen und der angeblich männlichen Überzeugung, Frauen wären ordentlicher, kann sie auch widersprechen. Weibliche sowie männliche Differenzen in Sachen Einrichtung ortet die Autorin einige mehr, freilich auch eine beträchtliche Schnittmenge.

Ein Teil des circa 160 Seiten zählenden Buches ist dem Besuch von Paaren gewidmet, so wurde man zum Beispiel bei Gisela und Boris Podrecca oder Elma Choung und Harald Adler vorstellig. Und in diesem Part beschreibt die Autorin dann doch drei fixere geschlechtsunterschiedliche Modelle wie zum Beispiel das Standardmodell, bei dem „die Frau für die Inneneinrichtung zuständig ist und der Mann die Rolle des Handwerkers übernimmt oder einfach nur Nutznießer ist“. Beim so genannten Mitsprachemodell wird der Mann immer gefragt, ob er mit Entscheidungen des Interieurbereiches einverstanden ist, aber auch sein Veto einlegen darf, und beim dritten, „Kampfmodell“ genannten Szenario will jeder seine Vorstellungen vom Wohnen durchsetzen, und nächtelange Diskussionen werden dabei zur Regel und Kompromisse immer hart erkämpft.

Lösungsvorschläge für das Ende eines eventuellen Geschlechterkampfes in den eigenen vier Wänden bietet das Sammelsurium wohl gestalteter Gemächer freilich keine, auf jeden Fall aber die eine oder andere Anregung in Sachen schöner Wohnen.


[Ruth Wegerer, Harald Eisenberger: Frauen wohnen anders. Männer auch - Ein Wohnbuch für Singles und Paare. Edition Grüne Erde im Verlag Christian Brandstätter, € 29,9. ISBN 3-85498-208-9]

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