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Gegen Tabuzonen
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Der Neubau der Bergisel Sprungschanze, das zweite österreichische Projekt, das Zaha Hadid fertigte, war vor drei Jahren auch als Teil des Österreich-Beitrags bei der Architektur-Biennale in Venedig zu sehen.

13. Mai 2003
Der Staatspreis „Architektur für Tourismus und Freizeit“ ging in der allgemeinen Kategorie im Dezember des Vorjahres an Zaha Hadid Architects für den Neubau der „Bergisel Sprungschanze“ in Innsbruck.

Die seit knapp drei Jahren in Wien lehrende irakische Architektin Zaha Hadid besteche in ihrer entwerferischen Leistung für die Sprungschanze dadurch, „die am Kopf des Turms konzentrierten Funktionen und Massen mit der Anlauframpe zu einer geschmeidigen Großform zusammenführen zu können“, so die Jury. Die „ultimative konstruktive Finesse“ und „somit eine Aura des Gewagten“ beziehe der Bau aber auch aus der Mitwirkung des Innsbrucker Konstrukteurs Christian Aste, der dafür wenige Tage davor mit dem Staatspreis Consulting 2002 ausgezeichnet worden war.


Eine Idee der Moderne

„Das geht auf eine Idee der Moderne zurück: Leichtigkeit mit schweren Materialien zu erzeugen. Es ist die Verbindung von Bewegung und Schwerelosigkeit“, erklärt Hadid zu ihrer Gestaltung.


Spittelauer Lände

Das erste österreichische Projekt Zaha Hadids befindet sich in Wien: Für das städtebauliche Brachland an der Spittelauer Lände zwischen U-Bahn, Wirtschaftsuniversität und Müllverbrennungsanlage plant Hadid eine raffinierte spangenförmige Überbauung der funktionslos gewordenen Stadtbahnbögen Otto Wagners. „Dadurch, dass Otto Wagners Viadukt nicht mehr für den Verkehr genutzt wird, ist er zur Landschaft, zum Gelände geworden. Die spezielle Geometrie des Ortes interessiert mich sehr.“

Für die gemischte Nutzung sind Wohnungen und Büros ebenso vorgesehen wie Geschäfte und Bars. Schließlich will Hadid eine Belebung des Donaukanalufers erreichen. „Die freie Bewegung der Menschen von der Straße in Gebäude halte ich für wichtig. Im Erdgeschoss lassen sich Begegnungs- und Veranstaltungsräume gestalten, die für das Stadtleben enorm wichtig sein können. Negativbeispiele lassen sich derzeit in Berlin studieren. Viele Neubauten schließen sich dort ab und wirken wie Festungen“, so Hadid zu ihrem Projekt, mit dem nun in diesem Herbst begonnen werden soll.


Zur Wiener Stadtplanung

„Ich bin keine Spezialistin für Wiener Stadtplanung, aber da ich jetzt in Wien lehre, werde ich da wohl einiges nachholen müssen“, erklärte die Stararchitektin, als sie im Herbst 2000 an der Universität für Angewandte Kunst in Wien ihre Lehrtätigkeit begann.

Damals fand auch das vom Publikum förmlich gestürmte Symposium „Zukunft der Städte“ im RadioKulturhaus statt, zu dessen Stars die internationale Architektin, die einen Vortrag über „den entgrenzten Raum“ hielt, zählte.


Sakrosanktes Zentrum

„Interessant ist, dass in Wien - ähnlich wie in Venedig - das Zentrum immer sakrosankt war. Es ist für die Entwicklung jeder Stadt schwierig, wenn es Tabuzonen gibt. Dadurch wird der Stadtkern zu einem historischen Monument, das nicht neu interpretiert wird. Dabei besteht die Gefahr, dass er zum Fossil wird. So erreicht man, dass die bauliche Zerstörung verhindert wird, die programmatische Zerstörung aber fortschreitet“, so Hadid zur Stadtplanung in Wien.

Deswegen betrachtet sie auch die umfangreichen baulichen Aktivitäten etwa im Bereich der Donau oder des Wienerberges mit gemischten Gefühlen: „Ich finde es seltsam, Schutzzonen auszurufen und nur an den Rändern eine Stadt weiterzuentwickeln. Das verschafft zwar größere Freiheiten, gleichzeitig vermeidet man jene Integration der verschiedensten Dinge, die eigentlich anzustreben wäre“, so Zaha Hadid.

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