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Millionen für Herkules
Der Standard

Rechtzeitig vor Beginn der Bregenzer Festspiele wird das Festspielhaus wiedereröffnet. Das Sanierungs- und Erweiterungsprojekt kostet 40 Millionen Euro und beseitigt alte Defizite der Infrastruktur.

27. Juni 2006 - Jutta Berger
Bald werden es elektronische Grillen aus dem neuen Festspiel-Park zirpen: Das Festspielhaus wird wiedereröffnet, die Klangkünstler Thilges liefern die musikalischen Morsezeichen.

Als Ende der 1970er-Jahre das Bregenzer Festspielhaus gebaut wurde, handelten sich die damals absolut rote Bregenzer Stadtregierung eine neue Opposition und die absolut schwarze Landesregierung Konflikte mit kleinen Kulturschaffenden ein. Es wurde demonstriert, man gründete die alternative Randspiele und musste sie bald, finanziell ausgehungert, einstellen. Das Festspielhaus, der „Klotz am See“, wurde gegen heftigen Widerstand errichtet.

Es entstand ein Kompromissbau, der alles können und nichts kosten sollte. Was man ihm auch ansah. 1992 erkannte man endlich, dass man mit dem Festspielhaus dem Ruf des Architektur-Wunderlandes nicht gerecht wurde und schrieb einen Wettbewerb zu Sanierung und Erweiterung aus. Das Architekturbüro Dietrich/Untertrifaller gewann, durfte aber vorerst nur einen ersten Bauabschnitt, die Werkstattbühne und den Verwaltungstrakt realisieren.

Die Zeiten hatten sich geändert, auch die Hochkultur litt mittlerweile unter Budgetkürzungen. 2004 wurde dann der zweite Bauabschnitt, die Generalsanierung und Erweiterung des Festspielhauses genehmigt. 40 Millionen Euro sollten Bund, Land und Stadt dafür ausgeben. Bedingung war, dass die Festspiele selbst fünf Millionen beisteuern.

„Mit schwerem Herzen, aber unternehmerischen Geist haben wir die Haftung für die fünf Millionen übernommen“, sagt Günter Rhomberg. 3,2 Millionen Euro haben 26 Donatoren eingebracht. Darunter so illustre wie der Liechtensteiner Treuhänder Herbert Batliner und die Stiftung Propter Homines, der im Neubau auch ein Saal gewidmet ist. 40 Prozent von 35 Millionen übernahm der Bund.

Und das freut Günter Rhomberg schon sehr, „denn so wurden die Bregenzer Festspiele erstmals bei den Salzburger Festspielen erwähnt“. In einer Broschüre der Salzburger sei zu lesen, dass die Bregenzer mehr bekommen hätten, erzählt Rhomberg. Wie konnte das geschehen? „Weil Landeshauptmann Sausgruber Kanzler Schüssel überzeugt hat“. Aber auch, weil man in Wien, vermutet Rhomberg, die „Herkulesarbeit“ der Bregenzer zu schätzen wisse.

Jahr für Jahr schaffe man in nur vier Wochen Kartenerlöse von 15 Millionen Euro. Schnell ist man in Bregenz auch am Bau. Die Generalsanierung wurde in 303 Tagen erledigt. 50 Prozent der Baukosten wurden alleine in die Haus- und Bühnentechnik investiert. Was das Arbeiten im Festspielhaus einfacher und sicher macht. Neu gestaltet wurden die Fassade, der Eingangsbereich und der große Saal. Der bietet nun, ganz in Akazienfurnier gekleidet, 1700 rote Sitzplätze, bessere Akustik und Lichttechnik.

Neu sind auch die Logenplätze über der Seetribüne. Die nachtblauen Boxen bieten 66 Lederfauteuils für 66 VIPs, die wettergeschützt und kulinarisch umsorgt das Spiel am See sehen möchten. „Ein ruhiges, kompaktes und einheitliches Bild“ soll das Haus außen und innen bieten, sagt Architektin Susanne Gaudl.

Diesem Ziel wurde auch der Vorplatz angeglichen. 18.500 Quadratmeter brauner Splittmastixbelag vermitteln Sahara-Feeling, ein Hain aus 373 Bäumen bietet Schatten und schirmt die architektonische Einheit von den unansehlichen Nachbargebäuden (Kasino und Hotel) ab. Mit einem Fest für alle wird das Haus am 7. und 8. Juli eröffnet.

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