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Bin Architekt, bin Bauherr
Der Standard

Die Verknüpfung unternehmerischen Risikos mit architektonischem Anspruch hat eine große Geschichte mit Protagonisten wie Otto Wagner und Frank Lloyd Wright. Heute ist dieses Prinzip seltener, führt aber immer wieder zu herausragenden Ergebnissen.

10. Februar 2007 - Robert Temel
In der gegenwärtigen Diskussion um Baukultur argumentieren Architekten häufig, dass eine klare Trennung zwischen Planung und Ausführung zu befürworten ist. Damit sprechen sie sich eindeutig gegen Totalunternehmermodelle aus, wie dies beispielsweise beim berüchtigten Klagenfurter Stadion der Fall ist.

Ein großer Vorteil einer Ins-tanzentrennung ist, dass sich Planer und Bauunternehmen gegenseitig kontrollieren und gleichermaßen zum Erfolg des Gesamtprojekts beitragen. Ein weiterer Vorteil liegt in der Tatsache, dass seitens der Architekten kein wirtschaftliches Interesse an einer bestimmten Bauweise oder umgekehrt Einfluss der Bauausführenden auf bestimmte Planungsvorgaben besteht. Die Arbeitsteilung liegt somit im Interesse des Auftraggebers, das da lautet: Kostenersparnis und höchste Qualität.

Anders sieht die Sache bei der Trennung von Projektentwicklung und Planung, also von Bauträgerschaft und Architektenleistung, aus. Immer wieder hört man die Klage, dass es so wenig Innovation bei Raumprogrammen und Gebäudetypen gebe und die Architekten nur geringe Spielräume innerhalb der Bauträger-Vorgaben haben. Als logische Folge daraus nehmen Architekten die Bauherrenfunktion nun selbst in die Hand. Dadurch können sie einerseits außergewöhnliche Bauprojekte realisieren und andererseits - vorausgesetzt, dass ihr Produkt vom Markt entsprechend angenommen wird - weitaus höhere Gewinne erzielen als mit Planung allein.

Vorreiter Steiermark

Ein gutes Pflaster für derartige Projekte scheint die Steiermark zu sein. Neben dem Atelier Innocad, dessen „Golden Nugget“ in Graz bereits für einige Furore sorgte, ist das Architektur- und Designbüro Pentaplan ebenso mit mehreren selbst entwickelten Realisierungen erfolgreich im Kurs. Das aktuelle Projekt trägt den Titel „Alphawolf“ und liegt in Andritz, einem Stadtteil im Norden von Graz. In der Endausbaustufe (Fertigstellung 2008) wird das Projekt 140 Wohnungen umfassen.

Ein zentrales Ziel des Projektes ist es, aus dem planerisch schwierigen Hanggrundstück optimale Wohnungen im hochwertigen Segment herauszuholen - als Konkurrenz zur etwas größeren Wohnung und zum Einfamilienhaus. Pentaplan versucht, dies durch Atrium-, Terrassen- und Reihenhäuser zu erreichen; der jeweiligen Einheit sind großzügige Gärten und Terrassen zugeordnet. „Die Bebauung soll sich den Hang hinabtreppen“, erklärt Architekt Wolfgang Köck von Pentaplan, „damit wird jeder Wohnung beste Besonnung geboten.“

Doch auch hier, bei der unmittelbaren Verknüpfung zwischen Entwickler und Planer, macht sich der unerbittliche Druck des Marktes bemerkbar. Während die ersten Bauabschnitte von „Alphawolf“, die bereits 2004 und 2006 übergeben worden waren, noch vergleichsweise aufwändige Typologien mit Atriumhäusern und Terrassenhausanlagen waren, sind die neueren Bauteile großteils wesentlich einfachere Reihen- und Doppelhaustypen.

Langzeiterfahrung

Pentaplan realisierte in Graz-Mariatrost unter dem Titel „Liquid Sky“ bereits Ende der Neunzigerjahre ein Atriumreihenhaus-Projekt, das für einige Furore sorgte. Die zuvor im Forschungsbereich tätigen Architekten erhielten ein Angebot über ein Baugrundstück und wagten den Sprung ins kalte Wasser, dieses nicht nur zu beplanen, sondern auch gleich selbst zu entwickeln. „Liquid Sky“ war wesentlich dichter konzipiert und folgte - so die Architekten - in seinem Zusammenspiel von Privatbereichen und Kontaktzonen dem Modell eines Dorfes mit Anger. Dem gegenüber bildet „Alphawolf“ die dichte und vielfältigere Variante einer Einfamilienhaus-Siedlung.

Der Ausgleich zwischen Marktbedarf und architektonischer Ambition wird allerdings zusehends schwieriger, scheint es. „Man lebt mit zwei Seelen in einer Brust“, stellt Köck fest. Obwohl bei den Projekten von Pentaplan die Funktionen Bauträgerschaft, Planung und Vertrieb rechtlich in getrennten Unternehmen verankert sind, ist die Zusammenarbeit letztendlich so dicht, dass die Interessengegensätze, die sonst zwischen verschiedenen Protagonisten ausgetragen werden, hier intern gelöst werden müssen. Dennoch bietet das Modell Potenzial für Innovationen am sonst überaus konventionellen Wohnbaumarkt.

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