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Opfer Stadt
Spectrum

Corporate Cities: Rotterdams 3. Architekturbiennale.

4. August 2007 - Lorne Carl Liesenfeld
Städte sind außer Kontrolle geraten. Die Ausstellungen zum Thema der 3. Rotterdamer Architekturbiennale, „Power – Producing the Contemporary City“ zeigen deutlich das komplexe Verhältnis zwischen Reich und Arm, Schön und Hässlich, Legal und Illegal. In der Ausstellung „Visionary Power“ listet die New Yorker Kritikerin und Yale-Professorin Keller Easterling in ihrem Beitrag über „Corporate Cities“ eine Unmenge neuer Städte auf, die sich in der letzten Dekade aus Freihandelszonen entwickelt haben. King Abdullah Economic City oder Dubai Internet City sind Enklaven multinationaler Konzerne, die sich von der jeweiligen politischen Ordnung völlig losgelöst haben und ohne Rücksicht auf Mensch und Natur lediglich den Gesetzen des Marktes gehorchen. Hier steht Demokratie den Geschäften nur im Wege.

Andererseits sind regelrechte Moloche entstanden. Weltweit flüchten täglich 150.000 Menschen aus Furcht vor Krieg und Armut vom Land in die Städte. Und weil Städte da nur machtlos zusehen können, entstehen am Rande geschwulstartig informelle Wohneinheiten: Favelas, Townships, Bidonvilles. In Randbezirken von Caracas oder Mexiko City leben bis zu einer Million Menschen, die sich selbst helfen müssen, weil es an jeglicher Infrastruktur fehlt. Wie in der Corporate City ist Demokratie ein Fremdwort, auch hier herrscht ausschließlich das Recht des Stärkeren.

Die Ausstellung „A Better World“ ist noch politischer. Hier überwiegt die Guerrilla-Architektur. Subversive Architekturstudenten um den „Aktions-Architekten“ Santiago Cirugeda haben von der Zerstörung der Küste durch jahrzehntelange Spekulation die Nase voll und bauen aus Recycling-Material finanziell erschwingliche Wohneinheiten.

Die Stadt ist zum Opfer geworden. Zum Bollwerk der Verteidigung wie im spanischen Ceuta. Zum unerbittlichen Kämpfer um die Gunst von Touristen, Investoren und sportlichen Megaveranstaltungen. Rotterdam zeigt jedoch, wie ein Architekt ganz gezielt als Vermittler zwischen den Mächtigen und den Rechtlosen dieser Welt wirken kann.

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