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Resort? Pah – Chalet!
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Die beliebte Alternative zum Urlaub im Hotel: die Ferienresorts. Wem nützen sie? Wie nachhaltig sind sie? Was zerstören sie? Über Türme am Katschberg und nicht realisierte Chalets auf der Turrach.

19. September 2009 - Karin Tschavgova
Keine Zeit ohne Modewörter. Der Begriff Resort ruft in uns Assoziationen mit fernen Urlaubsdestinationen hervor. Generell versteht man unter einem Resort eine weitläufige Wohn-, Hotel- oder Apartmentanlage mit Freizeiteinrichtungen, die abgeschlossen und bewacht ist. Übernachtung und Service, auch Gastronomie und Freizeitangebot liegen in der Hand einer Firma. Der alpine Raum kennt unterschiedliche Typen von Resorts: Hotelresorts im gehobenen Bereich, die über Wellness-Angebote oder Kongresseinrichtungen verfügen, dann solche, die aus Hotels und bewirtschafteten Apartments bestehen, ferner jene mit Apartments und hotelähnlichem Service und nicht zuletzt reine Zweitwohnungs-Anlagen.

Resorts scheinen die Rettung der Alpen zu sein! Eine aktuelle Studie des Bundesamts für Raumentwicklung in Bern listet für die Schweiz rund 50 mehr oder weniger konkrete touristische Projekte für alpine Ferienresorts auf, die Investoren um geschätzte sechs Milliarden Franken errichten wollen.

Eine auch in Österreich wachsende Gruppe an Resorts sind Ferienparks mit professioneller Vermietung von Ferienwohnungen in größeren oder kleineren Häusern. Doch Halt! – Als Banause gilt, wer diese nicht als Chalet bezeichnet. Ferienparks werden als Anlagen mit Dorfcharakter inmitten von Natur angepriesen. Sie bestehen meist aus Reihen dicht zusammengerückter Einzelhäuser in einer als Heimatstil verkauften Erscheinungsform, die eineviel beschworene Authentizität und Struktur eines gewachsenen Dorfes nie erreichen kann.

In nicht wenigen der von den lokalen Kommunalbehörden für die wirtschaftliche Gesundung erträumten Ferienresorts in Andermatt, Laax, Davos oder St. Moritz setzt man daher auf eine zeitgemäße Architektursprache und eine Erneuerung des alpinen Baustils. Bekannte Architekten wie Herzog & de Meuron, Meili und Peter, Mario Botta und Matteo Thun haben Vorschläge geliefert.

In Österreich hat Thun am Katschberg für die Falkensteiner Michaeler Gruppe ein nicht nur für Kärnten ungewöhnliches touristisches Projekt realisiert. Zwei Türme mit 14 und zehn Geschoßen, die in ihrer Form an Tannenzapfen erinnern sollten, ragen – von der Kärntner Anfahrt von Weitem zu sehen – in den Himmel. Ihre Apartments, für die Käufer Dienstleistungen des angeschlossenen Hotels in Anspruch nehmen können, werden als luxuriöser Ferienwohnsitz und Kapitalanlage angeboten.

Einem „Buy to use and let“-Konzept unterliegen die „Edel&Weiß Residences“ offensichtlich nicht. Vermietungszwang? Ein solcher wird Investoren in Ferienanlagen von Behörden oder Gemeinden heute in der Schweiz auferlegt, um sogenannte „kalte Betten“ und überwiegend dunkle Fensterlöcher zu vermeiden. Eigentum, das nicht oder nur sporadisch vermietet wird, bringt nur dem Verkäufer des Grundstücks und dem der Apartments Gewinne. Längst ist bekannt, dass bei einem solchen Investitionsmodell positive Effekte für die Beschäftigung der lokalen Bevölkerung und für die regionale Wirtschaft ausbleiben.

In knapper Nachbarschaft der beiden Türme steht einer der weltweit mehr als 60 Ferienparks des niederländischen Ferienanbieters Landal, der seine „Chalets aus der Retorte“ mit 82 Ferienwohnungen locker aufgereiht in die grüne Wiese am Dorfrand gestellt hat. Die Werbebotschaft von Natur und ruraler Ursprünglichkeit verspricht auch den mit Strukturproblemen kämpfenden Ferienorten mehr – zumindest eine höhere, übers Jahr verteilte Auslastung. Naturgemäßstreben die alle imDreiländereck Salzburg,Steiermark und Kärnten gelegenen Tourismusgebiete für ihre Bergbahnen, Liftanlagen, Gasthäuser und Beherbergungsbetriebe an.

Auch den örtlich Verantwortlichen auf der Turrach wäre die Errichtung eines Resorts willkommen gewesen, das auf einem bewaldeten Gelände von fast 25 Hektar Größe die Erweiterung des touristischen Angebots um 600 bis 900 vermietbare Gästebetten vorgesehen hätte. Hätte, denn es ist mehr als fraglich, ob das Resort mit annähernd 170 locker zwischen die Bäume gesetzten Ferienhäusern je als Gesamtes gebaut werden wird. Das Projekt des Alpenparks Turrach, für den das Grazer Architekturbüro Team A seit 2002 einen Masterplan erarbeitete, liegt derzeit auf Eis. Nach einer durch das Land Steiermark im Sommer 2008 positiv bewerteten Umweltverträglichkeitsprüfung wurde in Wien dem Einspruch von Nachbarn und dem der steirischen Umweltanwältin stattgegeben und dem Investor geraten, das gesamte Projekt einzureichen. Der hatte aber vor, mit einem Teilprojekt erst einmal die Marktchancen auszuloten. Risiko und Kosten für den Fall einer neuerlichen Ablehnung waren ihm zu hoch.

Land, das im Flächenwidmungsplan als Erholungsgebiet ausgewiesen ist, sieht ein Verbot von Zweitwohnsitzen, nicht aber von Beherbergungsbetrieben vor. Für die Verwertung des Alpenparks Turrach entwickelte man ein Modell, in dem Interessenten Resortanteile kaufen können, die Vermietung in die Hand eines professionellen Betreibers gelegt wird und ein Teil des Gewinns an die Anteilsbesitzer zurückfließt. Was aber, wenn die ganzjährige Auslastung zu gering ist, als dass sich die aufwendige Bewirtschaftung rentiert? Einige würden aussteigen, die Objekte entweder ganzjährig vermietet oder verkauft – die Folgen wären: kalte Betten und kein nachhaltiger Nutzen für den Ort, der zu diesem Zeitpunkt seinerseits auch investiert hätte, um Infrastruktur und Freizeitangebote bereitzustellen.

Beide Projekte, das realisierte am Katschberg und das projektierte auf der Turrach, provozieren demnach nicht in erster Linie Fragen zu Baukultur und Architektur, sondern zu grundlegenden Problemstellungen der alpinen touristischen Entwicklung durch Resorts. Wem nützen sie? Wie nachhaltig sind sie? Was zerstören sie? Tourismusresorts sind für ihren wirtschaftlichen Erfolg auf billiges Land angewiesen, das an Ortsrändern und in wenig erschlossenen Gebieten zu finden ist. Das birgt das Risiko von Zersiedelung mit allen negativen Folgen in sich. Feriendörfer wie der Landal-Park verbrauchen mehr Land, haben einen höheren Anteil an Erschließung und Infrastruktur und eine geringere Energieeffizienz als die beiden kompakten Falkensteiner Türme, die auf einem zentralen, die Infrastruktur bergenden Sockel stehen.

Ob die beiden Türme weniger landschaftsverträglich sind als vergleichbar große liegende Baukörper? Wer kann solche Fragen anders als mit seiner subjektiven Überzeugung beantworten? Die wesentliche Frage ist doch: Kann ein weiterer Ausbau der Alpen, können Resorts überhaupt die Rettung schwächelnder touristischer Alpinregionen sein?

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