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Dokument einer experimentellen Schaffensperiode
Der Standard

Von heftigen Turbulenzen geprägt war der mittlere Lebensabschnitt des amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright (1867-1959)

2. April 2010 - Gregor Auenhammer
1922 ließ sich der Visionär von seiner ersten Frau Catherine scheiden, heiratete seine langjährige Liaison Miriam Noel. Sechs Monate später verließ ihn diese und reichte die Scheidung ein. Kurz darauf lernte er seine spätere dritte Frau Olgivanna kennen. Sein Anwesen in Talisien wurde durch Brände zerstört. Infolge dessen und durch die Folgen des Weltkrieges, der Weltwirtschaftskrise geriet er in eine prekäre finanzielle Lage, die zur Exekution seines Besitzes führte. Ortswechsel folgten. Als Exitstrategie verlegte er sich auf das Verfassen von Zeitungsartikeln und seiner 1932 unter großem Beifall erschienenen Autobiografie. Nach Fertigstellung des Imperial-Hotels in Tokio 1923 produzierte Wright zwar ständig Entwürfe, bis 1930 aber wurde kein einziges Projekt ausgeführt. Um Baukosten zu senken, entwickelte Wright sogenannte „usonische Häuser“; eine innovative Konstruktionsweise aus vorgefertigten Bauelementen. Zeugnis davon geben die Hillside-Houses, das Ennis-Haus in Los Angeles und eine große Zahl Einfamilienhäuser in den USA. Eine kreative Wende erwirkte Wright 1932 mit Gründung seiner „Talisien Fellowship“, einer Architekturschule, die die Arbeitsweise ausführender Zeichner und Statiker revolutionierte.

Minutiös dokumentiert Bruce Brooks Pfeiffer, seit 1949 Teil der „Fellowship“ , heute Direktor der F.L.Wright Archives, in Vol.2 der Complete Works die schwierigen Jahre von 1917 bis 1942. Die monumentale Monografie präsentiert das Œuvre anhand von Skizzen, Plänen und Fotos, katalogisiert 5906 Projekte, von denen über 1100 realisiert wurden.

Fantastisch an den visionären Entwürfen und verwirklichten Projekten ist die beinahe sakrale Aura, die enorme Weite, die Offenheit des Raumes in Bezug zur Natur, das Konzept der organischen, lebendigen Architektur. Eine Schaffenskraft der Moderne, die sich auch in den Fallingwater und Johnson Buildings oder der Idee des Planetariums auf dem Sugarloaf Mountain in Maryland, dessen Spiralform das Guggenheim-Museum um 20 Jahre vorwegnahm, manifestierte. Utopisch, futuristisch, höchst virtuos.

[ Bruce Brooks Pfeiffer, „Frank Lloyd Wright - Complete Works, Vol. 2: 1917-1942“ . Engl., Dt. & Frz. € 150,-/ 488 S., Taschen Verlag, Köln 2010 ]

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