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Wer als Dritter Erster wird
Spectrum

Zum 125. Geburtstag: Poschs Holzmeister-Biografie lesen!

26. März 2011 - Wolfgang Freitag
Zu seinem 124. Geburtstag am letztjährigen 27. März musste man noch warten. Jetzt, zum 125., dürfen wir endlich darin lesen: in der ersten „politischen“ Biografie Clemens Holzmeisters. Wilfried Posch, vormals Leiter der Linzer Lehrkanzel für Städtebau, hat sie vorgelegt – und es nimmt doch einigermaßen wunder, dass sich nicht schon sehr viel früher einer fand, dieses so ergiebige Themenfeld zu beackern: An welcher Person und an welchem Werk ließe sich besser die Verstrickung von Architektur und Politik demonstrieren?

Und zwar gleichsam von Karriereanfang an. Schon das Wiener Krematorium erweist den gebürtigen Tiroler als souveränen Strippenzieher zwischen und über allen politischen Lagern: Wie sich da ein Mittdreißiger gerade noch der katholischen Kirche angedient hat und im nächsten Augenblick bei einem sozialdemokratischen Vorzeigeprojekt reüssiert, das vom Roten Wien gegen den erbitterten Widerstand ebendieser katholischen Kirche durchgesetzt wird, wie er die Voraussetzungen schafft, dass sein Projekt, wiewohl im Wettbewerb nur als eines von mehreren drittgereiht, letztlich als gleichsam einzig richtiges übrig bleibt, das beweist Talente, die über unmittelbar künstlerische Meisterschaft weit hinausgehen. Und die Wilfried Posch am Beispiel Holzmeister paradigmatisch vorführt.

Zeiten ändern sich, ästhetische Vorstellungen auch; Mechanismen der Macht dagegen bleiben erstaunlich beständig. Holzmeister lebt und wird weiter leben. Nicht nur in der (und in seiner) Architektur.
[ Wilfried Posch: Clemens Holzmeister, Architekt zwischen Kunst und Politik. 416S., geb., €29,90 (Müry Salzmann Verlag, Salzburg) ]

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