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Volksabstimmung nach Architekturwettbewerb „kontraproduktiv“
Der Standard

Nach Ablehnung des Schrunser Museumsbaus raten Experten zu Bürgerbeteiligung in frühen Planungsphasen

1. Dezember 2011 - Jutta Berger
Schruns - „Nichts übers Knie brechen“, lautet die Devise des Montafoner Standesrepräsentanten Rudolf Lerch nach der Niederlage bei der Volksabstimmung über den Museumsbau in Schruns. Lerch, Bürgermeister von St. Anton im Montafon, vertritt den Stand Montafon, die Vereinigung der zehn Montafoner Gemeinden.

Der Stand hätte in der Hauptgemeinde Schruns gerne das neue Heimatmuseum der Talschaft gebaut. Das Projekt der Architekten Marte.Marte, die soeben für ihren Brückenbau in Lorüns (Montafon) mit dem Piranesi-Award ausgezeichnet wurden, scheiterte vor zehn Tagen an einer Volksabstimmung (78 Prozent Neinstimmen). Nun wird „intern“ beraten. Lerch: „Wir müssen Prioritäten setzen.“ Wie, wer und wann, das sei aber noch unklar. Denn mit Abstimmungen über Architektur könne man Projekte umbringen, bedauert der Bürgermeister.

„Bevölkerung in früher Phase einbinden“

Für Marina Hämmerle, Geschäftsführerin des Vorarlberger Architekturinstituts und selbst Architektin, ist die Schrunser Abstimmung „ein abschreckender Schadensfall“. Hämmerle war Jurymitglied, des „sehr gut vorbereiteten Wettbewerbs“ in Schruns. Die Architektin spricht sich für eine Bürgerbeteiligung im Vorfeld eines Architekturwettbewerbs aus, „als angebrachte und zeitgemäße Methode, die Bedürfnisse zu erfassen“. Ermögliche die Politik diese Beteiligung und vertraue sie dem Urteil der Wettbewerbsjury, erübrige sich eine Volksabstimmung.

Für Gemeinden sind Architekturwettbewerbe „eine große Chance, ein breites Spektrum an Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt zu bekommen“, macht die Architektin Heike Schlauch, Präsidentin der Zentralvereinigung der Architekten in Vorarlberg, den Kommunen Mut zum Wettbewerb. Die Bevölkerung sollte man in einer sehr frühen Phase der Planung einbinden: „Es geht aber nicht darum, Lösungen abzufragen, sondern Bedürfnisse.“ Je präziser die Ergebnisse von Beteiligungsverfahren in Wettbewerbsausschreibungen einfließen, umso stärker sei die Identifikation mit dem neuen Gebäude. Jurybegründungen lieferten den verantwortlichen Politikern eine gute Argumentationsgrundlage für weitere Entscheidungen.

Wettbewerbe erweitern

Schruns sei ein spezieller Fall, sagt Josef Fink, Vorsitzender des Wettbewerbsausschusses der Architekten-Kammer. Denn im Vergleich zu anderen Bundesländern sei die Bereitschaft der Vorarlberger Kommunen, Architekturwettbewerbe auszuschreiben und Projekte umzusetzen, groß.

Die Motivation der Architektinnen und Architekten, an Wettbewerben teilzunehmen, sei durch die Schrunser Volksabstimmung nicht gesunken, sagt der Bregenzer. Im Gegenteil, die Kammer versuche nun, die Gemeinden zu motivieren, die Zahl der Wettbewerbsteilnehmenden auf 15 bis 20 zu erweitern. „Dann bekommt eine Gemeinde wirklich ein breites Spektrum an Möglichkeiten aufgezeigt.“ Die Kosten seien bei 1 bis 1,5 Prozent der Bausumme überschaubar. Fink rät den Gemeinden mit klaren Zieldefinitionen in einen Wettbewerb zu gehen, die Grundziele außer Streit zu stellen. „Dann sollte die Umsetzung kein Problem sein.“

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