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Gewandeltes Bewusstsein
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„Vergesst mir meinen Garten nicht!“, betonte Prinz Eugen beim Bau von Schloss Belvedere die Wichtigkeit des Parks. Österreich besinnt sich heute wieder einer großen Tradition.

21. Juli 2003 - Matthias Osiecki
Österreich hat begonnen, sich verstärkt seines grünen Erbes zu besinnen. Und so hat sich in den letzten Jahren nun jene Tendenz durchgesetzt, die in Europa bereits seit Jahrzehnten besteht: historische Parks und Gartenanlagen als eigenständiges Kulturerbe zu betrachten und zu pflegen.

„Es ist in dieser Hinsicht neues Interesse entstanden“, stellt Geza Hajos, der Leiter der Abteilung für Gartenarchitektur im Bundesdenkmalamt fest. Mittlerweile wurden mehr als 100 Parkpflegekonzepte von der Behörde erstellt.


Gesetz schützt historische Anlagen

Mit der Novelle zum Denkmalschutzgesetz hat Österreich - als letztes Land Europas - seit dem Jahr 2000 endlich jene Lücke geschlossen, mit der historische Grünanlagen geschützt werden können. Diese neue Regelung stellt sicher, dass derzeit 56 ausgewählte Parks und Gärten unter Schutz gestellt werden.


Garten-Serie in kultur.ORF.at

Anlässlich der Wiederherstellung zahlreicher historischer Anlagen in Österreich - jüngstes Beispiel ist der Belvedere-Garten - bringt kultur.ORF.at eine dreiteilige Serie über Garten-Architektur in Österreich:

Dabei soll - im Wochen-Rhythmus - ausgehend vom französischen Garten des 18. Jahrhunderts bis zu Privat-Projekten der Gegenwart ein kleiner Überblick der Entwicklungen gegeben werden.


Wiederherstellung des Belvedere-Gartens

„Wir haben uns in der Vorbereitungszeit die Archive vorgenommen und hatten eine sehr genaue Zusammenstellung der vorhandenen Pläne, Daten und Archivalien. Und dann brachten wir mittels Kartierung der Bestände im Gelände sowohl Pflanzen als auch Wege, Stützmauern, Wasserbecken und Skulpturen zu einem gesamten Renovierungskonzept. Unsere Idee ist: Ein Garten bleibt im Laufe der Jahrhunderte ja nicht unverändert“, erklärt Garten-Expertin Maria Auböck, die das Gutachten für den Belvederegarten vor rund 15 Jahren erstellt hat, die langwierige Vorarbeit.

Der Garten des Wiener Schlosses Belvedere soll nun wieder in seine ursprüngliche, aus der Barockzeit stammende Form gebracht werden. Anhand von Kupferstichen und alten Plänen werde die Grünanlagen wieder stilgerecht gestaltet und verwitterte Statuen restauriert, wie Burghauptmann Wolfgang Beer Ende Juni bekannt gab. Damals wurde auch die letzte der neun Musen-Figuren im Unteren Belvedere im wiederhergestellten Zustand aufgestellt.


An Barockzeit angelehnt

Das Ziel der Arbeiten sei es, den Schlossgarten „auf einen Stand zu bringen, der sich sehr stark an die Barockzeit anlehnt“, erklärte Beer. So würden zahlreiche Sträucher und Büsche in mühevoller Kleinarbeit wieder in stilgerechte Formen gebracht.

Im Unteren Belvedere können die Besucher die Ergebnisse der Gärtnerarbeit bereits bewundern: Das Ensemble ist geprägt von Kugel-, Pyramiden- und Quaderformen. „Teilweise sind die Pflanzen schon 14 Jahre alt“, so Beer. So lange habe man sie aufziehen müssen, um sie nun bearbeiten zu können.


Garten-Sanierung seit 1989

„Mit der Garten-Sanierung wurde bereits 1989 begonnen. Die Parterre-Flächen wurden geändert, die Hecken neu gepflanzt und korrigiert. Heute ist der Garten zu 80 Prozent revitalisiert. Es fehlen nur noch Verfeinerungen. Die Grundstruktur der Anlage in der Form von 1720/1730 ist bereits umgesetzt“, erläutert Willibald Ludwig, Gartenverwalter des Belvedere.

„Was die Bepflanzung anbelangt, ist das meiste schon erledigt. Die vier Parterre-Flächen vor dem Schloss sind wiederhergestellt. Nur die Frage der Detaillierung - ob nun bunte Kiese gestreut oder Buchsmäander gepflanzt werden - ist noch zu entscheiden. Und das ist nicht zuletzt eine Kostenfrage“, erklärt Ludwig.


Veränderte Umstände

„Zur Zeit des Prinzen Eugen war das Belvedere ein Privatbesitz. Nach dessen Tod wurde es an das Kaiserhaus verkauft, das es als Wohnschloss hielt. Aber bereits kurze Zeit später gab es hier schon einen Besucherstrom: Die Wiener und auch die Touristen spazierten gerne im Belvedere. In der Folge gab es Veränderungen: Man hat vereinfacht, reduziert und gespart. Etwa um 1840 begannen die ersten Erneuerungsarbeiten. Um 1900, als man hier die Residenz von Thronfolger Franz Ferdinand einrichtete, wurde wieder renoviert. Und wieder veränderte sich der Garten“, erläutert Maria Auböck die Entwicklung.


Name erst seit Maria Theresia

Die Bezeichnung Belvedere für das Schloss entstand übrigens erst nach dem Tod Prinz Eugens, als Maria Theresia die Anlage erwarb. Davor hieß es als „Wunder würdiges Kriegs- und Siegs-Lager deß unvergleichlichen Heldens unserer Zeiten“, wie man auch dem umfassenden Stich-Werk des berühmten Kupferstechers Salomon Kleiner entnehmen kann.


Aufwändige Gartenpflege

Zu den größten Problemen der Erhaltung solcher historischen Großanlagen zählt die aufwändige Pflege:

„Prinz Eugen hatte für seine Gartenpflege rund 120 bis 130 Beschäftigte. Heute haben wir lediglich zehn Personen für eine 17 Hektar große Anlage mit Formschnitt. Alleine die Hecken haben eine Länge von rund zehn Kilometern. Je mehr man auf die Originalgestaltung zurück geht, um so weniger ist eine Mechanisierung möglich“, verdeutlicht Gartenverwalter Ludwig.


Technische Arbeiten

Mit den technischen Arbeiten - also an Gebäuden, Brunnen und Becken - konnte erst in den vergangenen Jahren begonnen werden, denn bis dahin fehlten der zuständigen Burghauptmannschaft die nötigen Mittel für die Sanierung.


Restaurierung der Statuen

Nun werden seit zwei Jahren auch die zahlreichen Statuen Schritt für Schritt wiederhergestellt. Und seit kurzem stehen die frisch restaurierten neun Musen-Figuren im Unteren Belvedere wieder an ihrem Platz.

Die Arbeiten waren auf Grund der Bodenfeuchtigkeit nötig geworden, die die Figuren absinken lassen. Zudem wurde der Sandstein durch die aufsteigende Feuchtigkeit stark von innen angegriffen.


Skulpturen-Sanierung

In der Werkstatt wurden die Skulpturen von gelösten Salzen befreit und die Profile nachgearbeitet. Anschließend wurden sie an der Oberfläche mit Silikonharz überzogen, das die Kunstwerke aus dem frühen 18. Jahrhundert schützen soll. Die Kosten für die Restaurierung der gesamten mythologischen Figuren-Gruppen im Garten betragen laut Burghauptmann Beer rund 150.000 Euro.


Gesamtkosten von 5 Mio. Euro

Die Gesamtsumme für die Gestaltung der Grünanlagen beträgt etwa 5 Millionen Euro. Bereits durchgeführt wurden Arbeiten an den Freitreppen und an der Balustrade im Kammergarten, an zahlreichen Prunktoren sowie an den Figuren an der Ostseite des Schlosses.

Als nächster Schritt stehe die Reparatur der Brunnenanlagen, die insgesamt zehn Springbrunnen umfassen, auf dem Plan, so Beer. Diese seien über die Jahre undicht geworden und derzeit außer Betrieb. Die gesamte Wiederherstellung des Schlossgartens im Belvedere soll bis zum Jahr 2008 abgeschlossen sein.

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