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Kriegsmuseum? Antikriegsmuseum? Am 14. Oktober wird das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden eröffnet. Über den Krieg im Museum.

30. September 2011 - Manfried Rauchensteiner
Nicht, wie ich gehofft habe, in Wien, sondern in Dresden ist ein Museum entstanden, das schon vorweg mit Worten der Superlative bezeichnet wird. Zu Recht, wie mir scheint. Die „New York Ti- mes“ nennt Dresden wegen des neuen Museums einen „Place to go“. Es gibt nach Ansicht der New Yorker nur 41 auf der Welt. Wien ist nicht dabei. Der „Spiegel“ titelt: „Vom ehrlichen Krieg“, die „FAZ“: „Das neue Antikriegsmuseum der Bundeswehr“, die „NZZ“: „Langer Kriegsbericht“. Also, wasjetzt? Am 14. Oktober wird das Museum eröffnet.

1991 übernahm die Deutsche Bundeswehr das Museum der Nationalen Volksarmee der DDR in Dresden und erbte damit eine Verlegenheit. Das Haus war schon vieles gewesen: Königlich Sächsisches, dann nurmehr Sächsisches Militärmuseum, Heeresmuseum, Stadthalle, Tanzsaal, Städtisches Museum und dann wieder Militärmuseum. Dabei hatten wahrscheinlich alle, die es nutzen wollten, ihre Probleme, denn das Gebäude in der Albertstadt eignete sich weit eher für ein Gefängnis als für anderes. Für eine Strafanstalt stand es nur zu prominent. Mittlerweile verströmte es den Charme des „Ersten Arbeiter- und Bauernstaates“. Dass es trotzdem als Museum weiterbestehen sollte,hing mit vielem zusammen. In den 1980er- und 1990er-Jahren gab es inDeutschland einen regelrechten Museumsboom, und vor allem zwei Geschichtsmuseen machten von sich reden: das Deutsche HistorischeMuseum in Berlin und das Haus der Geschichte der Bundesrepublik in Bonn. Beide Häuser ließen in ihren Konzeptionen die militärische Komponente weitgehend vermissen. Und da musste man eigentlich einhaken. Banal gefragt: Was wäre deutsche Geschichte ohne Militärgeschichte? Die Gegenfrage lag einem aber auch gewissermaßen auf der Zunge: Wie sollte gerade in Deutschland Militärgeschichte so dargestellt werden, dass es nicht sofort einen Aufschrei gab? Also wurden die Bestände des Dresdner Museums einer Generalrevision unterzogen, wurde die DDR-Geschichte gekippt und eine Ausstellungstätigkeit begonnen, diedarin gipfelte, dass es 1995 eine Schau zum Zweiten Weltkrieg geben sollte. Sie war auch schon fertig, wurde aber nie eröffnet, da sich dabei so gut wie alles in die Quere kam: das Ausstellungsdesign, die gewisse Lastigkeit, die sich aus den Objekten ergab, ebenso wie die Texte, die an Unausgewogenheit offenbarnicht zu überbieten waren. So ging's nicht.

Also galt es darüber nachzudenken, welche baulichen und inhaltlichen Veränderungen notwendig wären, um aus einem Schatzgewölbe und Gefängnisbau ein funktionierendes und auch sehenswertes Museum werden zu lassen. 1997 begann ein Prozess des radikalen Umdenkens.

Der Anspruch war bemerkenswert: Das neue Museum sollte, vom Römisch-Deutschen Reich ausgehend, die Entwicklung der militärischen Geschichte Deutschlands zeigen. Fragte und fragt sich natürlich: Was ist Deutschland? Denn es lässt sich so leicht hinsagen: Wir musealisieren die deutsche militärische und militärbezogene Geschichte von – ja, wann eigentlich? – bis zur Gegenwart, wenn sich dazu in den Sammlungen nicht viel findet und anderseits die ja im Zusammenhang mit dem Deutschen Historischen Museum in Berlin mit aller Vehemenz gestellte Frage wiederholt werden musste: Welche Rolle spielt das Römisch-Deutsche tatsächlich in dieser Geschichte? Wer sich nämlich an die im Vorfeld der Gründungdes Deutschen Historischen Museums geführte Debatte erinnerte, wo sich namhafte österreichische Historiker gegen eine stille Einvernahme der habsburgischen Reichsgeschichte durch „die Deutschen“ ausgesprochen hatten und schließlich die Mitarbeit verweigern wollten, konnte nur alarmiert sein. Würde sich dergleichen wiederholen? Nein!

Doch so weit war man noch nicht. Denn zunächst brauchte es ein schlüssiges Konzept. 1999 lag es vor, Gregor Schöllgen hatte es geschrieben und eine banale Feststellung an den Beginn gestellt: Militärgeschichte ist keine kriegs- oder militärwissenschaftliche Sonderdisziplin, „sondern integrativer Bestandteil der Geschichtswissenschaft“. Es ging um Verknüpfungen, und dann ging es natürlich auch um eine Prioritätensetzung. Als Schwerpunkt künftiger Museumsarbeit hatte die Darstellung der Zeit ab 1945 zu gelten.

Das Museum benötige bei einer Art Drittelung Räume, in denen eine chronologische Aufarbeitung erfolgen sollte, solche, in denen einzelne Themen vertieft, und schließlich solche, in denen Sonderausstellungen gezeigt werden sollten. Und das Nächste: Das Museum sollte kein „Vergnügungspark“ sein – oder wie es der Direktor des Hauses der Geschichte in Bonn, Hermann Schäfer, wiederholt und pointiert formulierte: kein „Disneyland“. Events kann man auch woanders veranstalten, da braucht es kein Museum dazu!

Schließlich wurde alles am Begriff „Anthropologie“ festgemacht: Das Museum solltedie Frage der strukturellen und individuellen Gewalt in den Mittelpunkt stellen. Das erinnerte sofort an den Briefwechsel von Albert Einstein und Sigmund Freud aus dem Jahr 1932, als Einstein die Frage aufwarf: „Gibt es einen Weg, die Menschen vom Verhängnis eines Krieges zu befreien?“ Wie ist es möglich, „dass eine Minderheit die Masse eines Volkes ihren Gelüsten dienstbar“ machen kann, und gibt es eine Möglichkeit, „die psychische Entwicklung des Menschen so zu leiten, dass sie den Psychosen des Hasses und des Vernichtens gegenüber widerstandsfähiger wird“? Die umfangreiche Antwort Freuds gipfelte in der Gegenfrage: „Warum empören wir uns so sehr gegen den Krieg?“ Er scheint doch naturgemäß, biologisch wohlbegründet und praktisch kaum vermeidbar. Und erst im Laufe der kulturellen Entwicklung mag es zu einer „Abnahme des Aggressionstriebes kommen“.

Aber würde es wirklich darauf hinauslaufen, in Dresden eine „Kulturgeschichte der Gewalt“ zeigen zu wollen? Auch das konnte nicht allseits befriedigen. War nicht „Macht“ ein besseres Wort? Waren nicht „Gewalt“ wie„Macht“ negativ codiert? Genügten nicht„Militär“, „Krieg“, „Frieden“? Es galt weiterzufragen, und ein maßgeblich von Bernhard Kroener entworfenes Konzept lieferte dafür die notwendigen Grundlagen: Wie sollte die Periodisierung aussehen? Wann endete „Gewaltsamkeit“? Wie weit konnte man Militär als politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und nicht bloß technischen Faktor zeigen? Welche Bedeutung hat Kunst als dokumentarisches und emotionales Medium? Wie lässt sich Gewalt veranschaulichen? Wie viel Leiderfahrung ist einem durchschnittlichen Museumsbesucher zumutbar, ohne ihnregelrecht zu verstören? Emotionalität war gefordert. Gott sei Dank passierte aber nicht, was im Fall der Konzeption sowohl des Hauses der Geschichte in Bonn wie beim Deutschen Historischen Museum in Berlin eine enorme Rolle gespielt hatte: Es wurde nicht primär darüber debattiert und gestritten, wie die NS-Zeit darzustellen war. Entweder wurde das Dresdner Projekt zu spät und zu wenig wahrgenommen, oder aber die klare Positionierung der Bundeswehr half, da Deutschlands Militär nur zwei Traditionsbezüge gelten lässt: die Befreiungskriege gegen Napoleon und den militärischen Widerstand gegen Hitler. Doch ganz ohne unterschiedliche Auffassungen kam man auch in Dresden nicht aus. Ging es denn an, die Geschichte der Streitkräfte in den beiden deutschen Staaten zwischen 1955 und 1989 auf den einfachen Nenner zu bringen: Im Westen waren die Guten, im Osten waren die Bösen. Auch da kam Emotionales ins Spiel und wurde schließlich gegen den „Osten“ entschieden. Punktum!

Man war davon ausgegangen, dass die Umgestaltung bis 2006 beendet sein würde. Doch dann türmten sich Einwände und Schwierigkeiten, die bis dahin führten, das gesamte Projekt abzublasen und dasMuseum vielleicht wieder als Tanzsaal zu nutzen. Die Alternative war eine große bauliche Veränderung. Und Rudolf Scharping gab 2001 den Auftrag dazu. Nach einem Architektenwettbewerb, bei dem es mehr als 100 Einreichungen gab, erhielt das Konzept von Daniel Libeskind den Zuschlag. Die meisten Architekten, so hieß es dann in der Begründung, hätten vor dem historischen Gebäudekomplex zu viel Respekt gezeigt. Libeskind zeigte keinen Respekt, sondern reichte ein Projekt ein, bei dem die historische Bausubstanz mit einem völlig neu zu errichtenden Zentralbau, einem dasAlte überhöhenden Keil aus Stahl und Glas durchbrochen und verbunden werden sollte. „Dekonstruktivistischer Entwurf“ hieß das dann. Wahrscheinlich folgte die Interpretation seines Entwurfs dem Projektfortschritt. Klar war, dass er mit einem mächtigen Gebäudekeil die Fassade durchdringen, das Alte gewissermaßen aufbrechen wollte.

Dass die Spitze des keilförmigen Neubaus auf das Ostra-Gehege zeigen würde, wo am 13. Februar 1945 der Chefbombardier derRoyal Air Force die ersten Zielmarken für die Zerstörung der Dresdner Altstadt abgeworfen hatte, wurde als zusätzliche Interpretationsmöglichkeit gesehen. Und die Form des Keils ähnelt jener geometrischen Form, die das Grundmuster der Zerstörung werden sollte. Doch eigentlich brauchte es diese zusätzliche Interpretation gar nicht. Das Aufbrechenwollen historischer Strukturen und das Brechen mit der Tradition waren wohl die zwingenderen Aussagen.

Klar war, dass die sächsische Hauptstadt, die eine deutliche Scheu vor moderner Architektur bekundet, ein Bauwerk bekommen sollte, das den historischen Stadtkern nicht stören konnte und dennoch da war. Klar war auch, dass die komplette Sanierung der alten Gebäudekomplexe und der Neubau einiges Geld kosten würden. Und da konnte man nur sagen: Glückliches Deutschland! – und auf die gescheiterten Museumsprojekte in Österreich verweisen.

2003 nahm Scharpings Nachfolger Peter Struck den Spatenstich vor. Bis 2008 sollte das Projekt abgeschlossen sein – und dann zog es sich. Und man sollte nicht glauben, welche Schwierigkeiten immer wieder auftauchten. Aus der Idee, in der obersten Keilspitze ein Café einzurichten, wurde ein Restaurant im Parterre. Die Säulen waren natürlich ein besonderes Problem, denn sie gliederten ja nicht nur, sondern behinderten. Der mit der Gestaltung der Innenräume betraute Architekt H.G.Merz und das mit ihm zusammenarbeitende Schweizer Gestalterteam um Barbara Holzer machten schließlich aus der Not eine Tugend und mäandrierten die historischen Bauteile, sodass die Säulen Teil der Ausstellungsarchitektur wurden. Aus einem Tageslichtmuseum wurde einKunstlichtmuseum, die konservatorischen Bedingungen mussten dramatisch verbessert, und alles musste darangesetzt werden, die Sammlung anzureichern. Was jedoch gleich geblieben ist, war die Aufteilung der Inhalte und die ganz besonders gewollte Schwerpunktsetzung: 50 Prozent der permanenten Ausstellung sollten dem Zeitraum ab 1945 gewidmet sein, eine „Kulturgeschichte der Gewalt“ in allen Facetten.

Im sogenannten Altbau geht es vergleichsweise konventionell zu. Da wird Geschichte verfolgbar gemacht. In drei Sälen sind sowohlgroße Leitbilder als auch Eyecatcher untergebracht, doch man bleibt dem militärhistorischen Kanon verpflichtet: Uniformen, Waffen, Orden, Fahnen, Kunst, militärischer Alltag, Merkwürdiges. Da fällt ein Porträt von Kaiser Maximilian I. auf (B. Strigel, nach 1496); der Entwurf eines Denkmals für die Bauernkriege von Albrecht Dürer; die von Kaiser Ferdinand I. erlassene Verordnung gegen unbefugtes Waffentragen; ein künstliches Gebiss, das aus den Zähnen von Gefallenen in den Franzosenkriegen gemacht wurde; das erste U-Boot; Raketen...

Aber eigentlich ist es unbillig, Einzelnes herauszugreifen oder gar die Frage vertiefen zu wollen: „Wie ,österreichisch‘ ist Deutschland?“, oder auch: „Wie deutsch ist Sachsen?“. Es geht um eine plausible Gesamtheit. Und im Gegensatz zu der Verweigerung, die im Fall des Deutschen Historischen Museums angeklungen ist, war die Einbindung eines österreichischen Historikers in das Dresdner Projekt kein Diskussionsgegenstand. – Klar, dass der Widerstand gegen Hitler eine besondere Rolle spielt, dass hier Abschiedsbriefe und persönliche Erinnerungen dominieren. Das Museum steht ja auch am Olbrichtplatz und wird über die Stauffenbergallee erreicht. Ebenso aber wird die Zeit der deutschen Teilung mit aller Eindringlichkeit gezeigt. Die Konfrontation der blockgebundenen Streitkräfte der BRD und der DDR mündete in der größten Ansammlung von konventionellen und atomaren Kampfmitteln, die es irgendwo auf der Welt gegeben hat. Das Museum hat denn auch keine Schwierigkeiten, gerade für den zeitlichen Abschnitt bis 1989 aus dem Vollen zu schöpfen. Anschließend geht es um die Vereinigung der beiden deutschen Staaten, die Reduktion der Streitkräfte und ein neues Leitbild. Bosnien, Albanien, Afghanistan und anderes waren die Folgen; der Kampf gegen den Terror war der Alltag. Hier endet die Chronologie.

Der Keil des Daniel Libeskind ist entgegen den ersten Annahmen architektonisch nicht so dominant geworden, dass die historische Bausubstanz davon erschlagen worden wäre. Ganz im Gegenteil tritt er eigentlich etwas zurück und wird, was seine Kubatur anlangt, erst aus der Vogelperspektive deutlich. Vielleicht war das so gar nicht gewollt, es hat sich ergeben, fördert aber die Einheit des Alten mit dem Neuen. Wenn man drinnen ist, dann wird die Architektur jedoch so richtig deutlich und tritt Daniel Libeskind voll in Aktion. Das konnte man denn auch erwarten: Man geht von oben nach unten. Die Wände neigen sich, sie öffnen sich zu einigen Lichtschächten, die genauso „bespielt“ werden wie die Raumeinheiten, die großzügige Einbauten ermöglichen, und die versteckten Winkel. Da es nicht um einen chronologischen Rundgang geht, macht es auch nichts, wenn man dann irgendwann einmal an das Ende eines Raums gerät. Beim Krieg ist oftmals Endstation. Die Architektur macht zu schaffen, das ist keine Frage. Sofern man die Raummitte nutzt, ist das Stellen und Hängen kein Problem, doch die Wände sind schräg, zueinander und gegeneinander geneigt und gewissermaßen tabu. Ein beliebiger Rundgang ist ebenso unmöglich wie ein beliebiges Stellen oder Hängen. Doch die Inhalte sind ohnedies nicht die eines traditionellen militärhistorischen Museums.

Oben beginnend, sieht man über Dresden und bekommt Objekte zu sehen, die von der Zerstörung einer Stadt künden: Wielun in Polen am 1. September 1939, Rotterdam am 14. Mai 1940, Dresden am 13./14. Februar1945. Dann tritt man in den Bereich „Krieg und Gedächtnis“ ein. Er ist in einer mächtigen dreigliedrigen Rollregalanlage untergebracht, die sich immer wieder an anderen Stellen öffnen lässt. Hier kann man sich über die Beliebigkeit des historischen Gedächtnisses Gedanken machen. 8.-Mai-Straßen und -Plätze sind Deutschland wie Österreich vertraut. Bismarckheringe und Cognac Napoléon sind wieder anderen Kategorien zuzuordnen. Tausende Bezüge gibt es. Heute wird etwas gebraucht, anderes wird entsorgt, die Adolf-Hitler-Platz-Tafeln genauso wie die Felherrnstatuetten, Nippes und die dazugehörige Literatur.

Ein anderer Schaubereich handelt von „Politik und Gewalt“, vor allem aber von den Ausdrucksformen, die beide gefunden haben. Hier sieht man nicht nur die Relikte vergangener Zeiten, sondern auch die „Metastasen von Imperien“ (Jean Baudrillard). „Militär und Mode“ ist einer Wechselbeziehung besonderer Art gewidmet. Die jeweiligen Übernahmen sind nicht enden wollend. Die im Zeichen der Friedensbewegung antretenden Jugendlichen, die 68er-Generationund ihre Nachfolger, wurden und werden nicht müde, Kleidung in Tarnstoffen, Militärstiefel oder Brotbeutel zu tragen. Der Trenchcoat ist zwar zeitweilig aus der Mode gekommen. Doch man wird daran erinnert, dass er seinen Namen von den Schützengräben – den „trenches“ –des Ersten Weltkriegs hat. Auch Hochzeitskleider aus Fallschirmseide sind Zeugen einer Zeit.

„Tiere beim Militär“ widmet sichjener unendlich vielfältigen Beziehung, die nicht nur dadurch gegeben ist, dass die Reiterei quer durch die Zeiten als schlachtentscheidende Waffe galt und Pferde und Maultiere denNachschub von Millionenheeren sicherstellten. Dutzende Tiere wurdenmilitärisch „genutzt“, die Kriegselefanten Hannibals genauso wie die Hunde, Delfine und Seelöwen, die Pestflöhe, sprengstoffriechenden Bienen oder die Brieftauben.

Militär und Sprache (Blindgänger, Gulaschkanone), Leiden am Krieg, Militär und Musik, Formation der Körper, Krieg und Spiel, Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – all das sind Themen, die zeitübergreifend gezeigt und mit erheblichem Einsatz von audiovisuellen Mitteln und längeren Texten erläutert werden. Rund 100 Seh-, Hör- und Filmstationen sind vorbereitet und Dutzende museumspädagogische Klappen. Neunkünstlerische Interventionen von Exponenten zeitgenössischer Kunst lassen das Museum auch zu einem Kunstmuseum geraten. Die letzten Objekte des Themenparcours stammen aus Afghanistan und stehen mit der eingangs gestellten Frage nach der Gewaltsamkeit in Verbindung und wohl auch ein wenig mit der Antwort Freuds auf die Fragen Einsteins: In bestimmten Situationen ist der Einsatz von militärischer Gewalt unvermeidlich. „Warum empören wir uns so sehr gegen den Krieg?“ Er scheint doch naturgemäß, biologisch wohlbegründet und praktisch kaum vermeidbar, war die selbst gestellte Frage Freuds, die allerdings von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg pervertiert scheint. Doch auch wenn man heute Kriege für gewöhnlich als Sache der anderen sieht, kommt man nicht darum herum, ihn tagtäglich wahrzunehmen: Vietnam, Bosnien,Irak, Afghanistan, Libyen...

Falls man, zurück im Eingangsbereich desMuseums, glaubt, schon alles gesehen zu haben, bloß weil man an rund 10.000 Objekten vorbeigegangen ist, so irrt man. Im Außenbereich gibt es die Fortsetzung. Und dass das Museum am 14. Oktober eröffnet wird, hat insofern nichts Endgültiges an sich, als noch weitere Ausstellungsbereiche folgen werden und die Sonderausstellungen immer wieder als Einladungen zu verstehen sind. Ob es ein Antikriegsmuseum ist, das erste „Kriegsmuseum des vereinigten Deutschland“ („Spiegel“), ein Militärmuseum oder schlicht ein großes historisches Museum, wird wohl noch oft gefragt werden. Vorderhand genügt es vielleicht, Karl Farkas' Stehsatz zu folgen: „Schau'n Sie sich das an!“ Es kost' fast nix.

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