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Wenn Sieger Verlierer sind
Spectrum

Wozu Wettbewerbe? Geht ja eh nur um das Parlament!

15. Dezember 2012 - Romana Ring
Im Jahr 2008 haben die Linzer Heidl Architekten den EU-weiten Architekturwettbewerb zum Umbau des Nationalratssitzungssaales gewonnen. Seither ist mancherlei geschehen. Der Umfang der projektierten Sanierungsmaßnahmen im gesamten Parlamentsgebäude hat sich vervielfacht und mit ihm das Budget. Mit dem Wettbewerbssieger von 2008 will man sich, so scheint es, heute nicht mehr belasten. Das Verfahren wurde aufgehoben; der Heidl Architekten schriftlich zugesicherte Planungsauftrag – zuletzt für einen Teil des Gesamtkonzepts, dessen Generalplaner erst gefunden werden muss – ist Geschichte. Das Bundesvergabeamt hat am 7. Dezember 2012 Andreas Heidls Einspruch gegen den Widerruf des Auftrags abgewiesen.

Doch auch den Weg eines Architekturwettbewerbes will das Hohe Haus auf der Suche nach seinem Generalplaner nicht ein zweites Mal gehen. Man zieht ein „Verhandlungsverfahren mit wettbewerbsähnlichem Charakter“, dem wichtige Qualitätskriterien wie Anonymität, Chancengleichheit und objektivierbare Bewertungskriterien fehlen, vor.

Eine solche Entscheidung würde dem Wettbewerbswesen österreichweit massiven Schaden zufügen. Wer sollte es dem Bürgermeister einer kleinen Landgemeinde denn verdenken, Architekturwettbewerbe als Mittel zur Hebung der Planungskultur in seinem Einflussbereich gering zu schätzen, wenn die Parlamentsdirektion mit solchem Beispiel vorangeht? Wenn selbst für die umfassende Neugestaltung des wichtigsten Gebäudes der Republik kein Architekturwettbewerb ausgeschrieben wird?

675 Architektinnen und Architekten haben deshalb innerhalb weniger Tage eine Petition an Nationalratspräsidentin Barbara Prammer unterschrieben. Ihre Forderung, die Generalplanung zum Gesamtumbau des Parlaments nicht über ein Verhandlungsverfahren, sondern einen Architekturwettbewerb zu vergeben sowie gewonnene Wettbewerbe von ihren Gewinnern umsetzen zu lassen, sollte im Sinn von Transparenz, Fairness und dem Bekenntnis zur Baukultur eine Selbstverständlichkeit sein.

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