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Mit Blick in die Zukunft
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Anlässlich des Todes von Boris Magaš: Als einer der bedeutendsten Architekten Nachkriegs-Jugoslawiens zeichnete er verantwortlich für zwei große Hotelkomplexe an der dalmatinischen Küste und für das Poljud-Stadion des Fußballklubs Hajduk Split. Sein Interesse galt dabei stets dem Kommenden.

28. Dezember 2013 - Iris Meder
Es hat unterdessen einen gewissen Geheimtipp-Status als „meistfotografierte Ruine Kroatiens“ – das Hotelresort Haludovo bei Malinska auf der Insel Krk. Sein Architekt, Boris Magaš, ist nun 83-jährig verstorben. In Kroatien kennt man Magaš, langjähriger Architekturprofessor an der Universität Zagreb und in den 1990er-Jahren kurzzeitig Berater Franjo Tudjmans für Architektur und Stadtplanung, vor allem als Architekt preisgekrönter Sportstätten, allen voran des Mitte der 1970er-Jahre gebauten Poljud-Stadions, das die Heimat des Fußballklubs Hajduk Split ist.

Magaš selbst sah das Fußballstadion, das sich bei aller zeitgemäßen Formensprache auf das Prinzip zweier einander gegenüberstehender antiker Theater mit Zuschauern im Zentrum des Geschehens beruft, als sein Meisterwerk an. Im kulturellen Gedächtnis Adria-affiner Mitteleuropäer dürfte Magaš aber eher durch seine beiden großen Hotelkomplexe an der dalmatinischen Küste bekannt sein.

Den Anfang machte das auf einer mit Kiefernwäldern bestandenen flachen Halbinsel nördlich von Šibenik gelegene, in den Jahren 1967 und 1968 realisierte Resort Solaris, mit fünf architektonisch getrennten, aber gemeinsam verwalteten Hotels verschiedener Kategorien, Arbeiter-Ferienheim-Kapazitäten für die einheimischen Werktätigen und einem künstlichen „Ethnodorf“ in der Art dalmatinischer Bergnester, das Souvenirshops und Gastronomie beherbergt. Hochelegant sind die zwischen den dunklen, hohen Kiefern breit gelagerten flachen Quader der Hotelbauten, deren Fassaden mit filigran durchbrochenen weißen Schiebeläden verschließbare schattige Loggien bilden.

Wie alle größeren Hotelanlagen an der Küste wurde das Resort nach dem Jugoslawien-Krieg zum Zufluchtsort für Flüchtlinge aus Bosnien. Nach dem Krieg stellte man die Anlage wieder für touristische Zwecke her. Das nobelste der fünf Hotels wurde kürzlich von dem Wiener Architekten Arkan Zeytinoglu revitalisiert. Die gesamte Anlage ist mit ihrem eklektizistischen Ansatz ein bis heute funktionierendes Beispiel für eine Durchmischung von Touristen verschiedener Urlaubskategorien und Einheimischer, die im Sommer die – wie in ganz Ex-Jugoslawien – prinzipiell öffentlichen und für alle zugänglichen Kiesstrände der Halbinsel bevölkern.

Das ähnlich wie Solaris strukturierte, aber noch ambitionierter dimensionierte Haludovo, nördlich des Ortes Malinska auf Krk gelegen, ergab sich für Magaš als Folgeauftrag aus dem bereits kurz nach seiner Fertigstellung mit einem Architekturpreis ausgezeichneten Šibeniker Projekt – mit demspeziellen Phänomen einer Involvierung des amerikanischen „Penthouse“-Herausgebers Bob Guccione.

Es folgten Jahre mit Hummer- undChampagner-Diners, mit illustren und teils zweifelhaften Gästen aus Jetset und Politik und Auftritten von internationalen Showstars, Krieg, Flüchtlingsbelegung, Wiederinbetriebnahme, Verkauf an einen armenischen Investor, Schließung, Teilabriss, Teilbetrieb und mittlerweile schon lange Jahre andauerndem Leerstand, begleitet von widersprüchlichen Gerüchten aller Art von Abriss bis zu Restaurierung.

Heute durchstreifen neugierige architekturaffine Reisende die Reste von Boris Magaš'atemberaubender Architektur, steigen überGestrüpp und Scherbenhaufen und bewundern zweistöckige Hallen, durchbrochene Sonnenschutz-Lamellenwände, dynamisch über die Baukörper hinausschießende Beton-Flugdächer, anmutig den flachen Hang hinabgetreppte Atrium-Einzelhäuser, großzügige Strandbars und halbrunde Badeterrassen am Meer. Zugleich ist die zunehmend devastierte Ruine das Memento mori einer versuchten Internationalisierung von Jugoslawiens Tourismusindustrie der frühen 1970er-Jahre.

Magaš selbst vertrat nicht lange vor seinem Tod in einem Interview, das in der von Michael Zinganel kuratierten Ausstellung „Urlaub nach dem Fall“ zu sehen war, die emotionslose Ansicht, ein Konzept wie Haludovo würde heute nicht mehr funktionieren, man solle den Komplex ruhig abreißen und zeitgemäßer neu bauen.

In den letzten Jahren beschäftigte sich Magaš mit der Fertigstellung eines 2012 in Zagreb erschienenen Grundlagenwerkes zu Fragen architektonischen Entwerfens und verfasste auch Aufsätze unter anderem zur Architektur des 19. Jahrhunderts. Dennoch blieb er immer vor allem dem Blick in die Zukunft verhaftet. Auch wenn sich Magaš als Kroate sah, ist mit seinem Tod Ende Oktober doch einer der bedeutendsten Architekten Nachkriegs-Jugoslawiens verstorben.

Nur wenige Wochen vor Magaš starb mit dem fast genau zehn Jahre vor Magaš geborenen Niko Kralj auch einer der wichtigsten Designer Jugoslawiens. Der Slowene Kralj, an der Technischen Universität Ljubljana Schüler von Jože Plečnik, Edvard Ravnikar und dem durch den touristischen Ausbau von Portorož bekannt gewordenen Edo Mihevc, profilierte sich nach seinem Architekturstudium vor allem als Möbeldesigner. Der soziale Ansatz und das humanistische Ziel des umtriebigen Kralj waren es, erstklassig gestaltete Produkte – vor allem Sperrholzmöbel – bei ökonomischer, rationeller Materialverwendung und ökologisch korrekter Produktion für möglichst viele leistbar zu machen. Jugoslawien gibt es nicht mehr, aber die Geschichte geht weiter. Kraljs ikonische Klappmöbel-Serie „Rex“ wird neu produziert und erlebt so seit einiger Zeit im Zuge des anhaltenden Mid-Century-Interesses eine ebenso beachtliche wie verdiente Renaissance.

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