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Ökologisches Stadthaus
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Mit dem Ziel, ein ökologisch vernünftiges Stadthaus zu errichten, das den Besitz eines Automobils entbehrlich macht, schrieb die soziskulturell engagierte Bauträger-Firma Chorherr & Beiter 1992 einen offenen Wettbewerb aus.

1. Februar 1997 - Walter Zschokke
In der Überarbeitung wurden weitere Möglichkeiten ökologischer Maßnahmen geprüft und auf den Kostenrahmen der Wohnbauförderung abgestimmt.

Die weitere Projektierungsarbeit legte das Hauptgewicht auf zwei Schienen: die individuell -partizipatorische Planung der Wohnungen und die energietechnischen und ökologisch vorausschauenden Maßnahmen. Die Architektur des Hauses wurde davon nur mittelbar berührt, etwa in Form einer pergolaartigen Beschattung der Dachterrasse durch die Warmwasserkollektoren oder, etwas gewichtiger: Weil keine Garagenabfahrtsrampe den knappen Platz im Erdgeschoß wegfrißt, bleibt viel Raum für einen Gemeinschafts- und Kinderspielraum. Daß ein Stiegenhaus natürliches Licht erhalten soll, erscheint selbstverständlich. Geschickt plaziert und verglast, dient es zugleich passiver Sonnenenergienutzung.

Eine gute Wärmedämmung ist heute allgemein die Regel; die Lage zwischen zwei Nachbarhäusern und eine kompakte Gebäudeform minimieren die Probleme des Transmissionsverlustes. Meist unsichtbar, aber in Zukunft von wesentlicher Bedeutung ist der sparsame Umgang mit Trinkwasser, mithin die Nutzung des Regenwassers als „Grauwasser“ für die WC-Spülung. Eine Zisterne im autofreien Keller dient als Speicher. Ebensowenig tritt die Auswahl der Baumaterialien nach Primärenergieanteil sowie ökologisch unbedenklicher Produktion, Verarbeitung und Entsorgung besonders hervor. Dann schon eher der Verzicht auf eine Garage; die Stellplatzverpflichtung konnte mit der vertraglichen Eintragung von Parkierungsflächen in der Tiefgarage Reumannplatz erfüllt werden. Abgesehen von der Nutzung der Raumvorteile vermieden die Planer, diese mehrheitlich technischen Aspekte zu thematisieren; sie entwarfen ein normales Stadthaus in einer aktuellen Strömung zeitgenössischer Architektur.

Im Hinblick auf die individuelle Planung der Wohnungen wurden nur Stiege, Lift und Installationsschächte, sowie - außer den tragenden Außenmauern - zwei kurze, scheibenartige Stützen im Inneren fixiert. Die grundrißliche Aufteilung erfolgte in einem partizipatorischen Planungsprozeß mit den Leitplanken derBauordnung und der Kostenobergrenze.

Insgesamt ist das Grundkonzept des Hauses geprägt von einer generellen Offenheit gegenüber möglichen Wünschen und Bedürfnissen. Das Unspezifische zeichnet sich in der Fassade insofern ab, als emotionslos fünf französische Fenster pro Geschoß, regelmäßig gereiht fünfmal übereinander gestapelt sind. Dieses polyvalente Fenster in einer regelmäßigen Anordnung läßt dennoch die unterschiedlichsten Grundrißanordnungen zu. Ihren individuellen Aspekt gewinnt die Ansicht durch die roten Schiebeläden, die von den Bewohnern nach Bedarf ganz oder teilweise neben die Fensteröffnungen geschoben werden. Die geometrisch klare Ordnung der Fenster wird somit überlagert von der ungeregelten der Laden. Dies gibt der Fassade den richtigen Pfiff. Die Rückseite ist geprägt von dem verglasten Stiegenhaus und einfachen, hochformatig-zweiflügeligen Fenstern, wie sie nicht wenige Häuser der Nachbarschaft aufweisen.

DieEingangssituation wird betont, indem die Fenster der untersten zwei Geschosse zusammengefaßt eine Art Kolossalordnung andeuten. Die leicht eingezogene größere Öffnung um die Eingangstüre herum wird mit dem Rufzeichen einer Rundstütze akzentuiert. Mit seinen klaren Proportionen und den mehrheitlich gleichen Elementen fügt sich der Neubau ohne Sperenzchen in die Front der Nachbarhäuser, die zum Freiraum des Puchsbaumplatzes blicken. Nur mit dem Spiel der roten Schiebeläden wird ein deutlich neues Gestaltungselement eingeführt.

Die weite Eingangshalle, das trotz knappem Raum freundliche Stiegenhaus mit schönen Ausblicken in den grünen Hof und die großzügige Dachterrasse, von der ein prächtiger Blick breit über die Dächer bis zu den Wienerwaldbergen reicht, bilden die halböffentlichen Nutzflächen, bzw. die hausgemeinschaftlichen Räume. Die sorgfältige Behandlung dieser Bereiche hat für eine angenehme Zukunft in diesem Haus ebensoviel Gewicht, wie die Beachtung der ökologischen Forderungen, die sich nur bedingt als architekturgenerierend erwiesen haben.

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