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Landschaftsplanung in Oberösterreich - Entwicklungen und Chancen des Berufsstandes
zolltexte
30. September 1997 - Stefan Reifeltshammer
Die Etablierung einer neuen Planungsdisziplin wirft immer auch standespolitische Fragen auf: die Definition und Besetzung von Arbeitsfeldern, die Behauptung gegenüber der Konkurrenz. In diesem Beitrag wird, basierend auf verschiedenen persönlichen Erfahrungen, die derzeitige Situation der Landschaftsplanung in Oberösterreich aufgezeigt und versucht, mögliche und erwünschte Entwicklungen darzustellen.
Dieser Beitrag entstand aus Gesprächen mit den oberösterreichischen LandschaftsplanerInnen Karin Fuchs, Petra Gottschling, Wolfgang Hacker, Christoph Hauser, Markus Kumpfmüller, Harald Kutzenberger, Franz Schanda und Otmar Stöckl.

Langsam, aber doch, beginnt die Landschaftsplanung in Oberösterreich präsent zu sein. Durch ständige Kontakte wurde die Akzeptanz bei der Naturschutzabteilung des Landes Oberösterreich erreicht, Naturschutzbeauftragte der Bezirke wenden sich teilweise bei fachspezifischen Problemen an LandschaftsplanerInnen.
In einigen anderen fachbezogenen Abteilungen des Landes wird der Berufsstand jedoch noch immer ins Abseits gestellt. Bei den Nachbardisziplinen Architektur und Raumplanung ist die Landschaftsplanung bekannt, wird aber nur ignorierend geduldet.
Arbeitsbereiche wie die Objektplanung genießen derzeit mehr Anerkennung als Tätigkeitsfelder im Bereich der Ordnungs- und Entwicklungsplanung sowie in der Begleitplanung. Dennoch ist ein kontinuierlicher Prozeß zunehmender Bekannt-heit spürbar, der nicht zuletzt mit der Entwicklung der Bürostruktur in Zusammenhang steht.

Bürostruktur
und Arbeitsverhältnisse

In den letzten fünf Jahren war eine starke Zunahme an Büroeröffnungen zu verzeichnen, so daß derzeit in Oberösterreich zehn Büros Fuß gefaßt haben. Dabei handelt es sich mehr oder weniger um Klein- bzw. Kleinstbüros, die alle Arbeitsbereiche der Landschaftsplanung abdecken. Nur vereinzelt haben sich die PlanerInnen auf bestimmte Schwerpunktbereiche spezialisiert.
In einem oberösterreichischen Landschaftsplanungsbüro sind durchschnittlich vier Personen beschäftigt, wobei hier, wie aus Abbildung 1 zu ersehen ist, freie MitarbeiterInnen eine wesentliche Rolle spielen.

Der Aktionsradius der Büros ist teilweise auf Oberösterreich beschränkt, einige PlanerInnen operieren österreichweit und vereinzelt wird auch an Auslandsprojekten teilgenommen, z.B. bei Wettbewerben oder Gemeinschaftsprojekten. Am oberösterreichischen Markt haben aber nicht nur heimische Büros Anteil, sondern auch AuftragnehmerInnen aus anderen Bundesländern und teilweise auch aus Deutschland.
Die Lokalkenntnisse der PlanerInnen spielen bei der Auftragsvergabe nur untergeordnet eine Rolle: Ist physische Lokalkenntnis nur projektabhängig von Bedeutung, so kann politische Lokalkenntnis fast immer nur von Vorteil sein.

Der Kontakt der Büros untereinander ist gut und kann als freundschaftliche Konkurrenz bezeichnet werden. Die Kooperation führt teilweise sogar so weit, daß ein Büro einem anderen in wirtschaftlich kritischer Situation durch gemeinsame Anbote über die Runden hilft.
Andreas Muhar stellte 1995 in einem Zolltexte-Artikel die Prognose auf, daß es zu einer Auseinanderentwicklung der Büros kommen wird, und zwar in lokal tätige Kleinstbüros, (inter)nationale Großfirmen und Nischenfirmen. Diese Entwicklung wird von den oberösterreichischen LandschaftsplanerInnen bestätigt, abgesehen davon, daß es derzeit keine Großbüros gibt. Auch in näherer Zukunft werden sich wahrscheinlich keine Großbüros bilden, da die Planungswerkstätten versuchen, sich mit freien MitarbeiterInnen (etwa als SpezialistInnen) ihre Position am Markt zu festigen, anstatt LandschaftsplanerInnen fix anzustellen.

Ein weiterer Trend ist, daß sich Kleinbüros zu kurzfristig angelegten und projektbezogenen Arbeitsgemeinschaften zusammenschließen, um die erforderliche Kapazität für Großaufträge zu erlangen, wie dies etwa derzeit beim oberösterreichischen Kiesleitplan der Fall ist.
Aus all diesen Tendenzen läßt sich ableiten, daß auch weiterhin kleine Büros auf den Markt drängen werden, der noch beschränkt aufnahmefähig ist. Bisher hat sich mit jedem weiteren Büro die Situation für die Landschaftsplanung verbessert, da der verstärkte Aquisitionsdruck den Markt immer weiter geöffnet hat.

Wie Abbildung 2 zeigt, sind neben den freiberuflich tätigen LandschaftsplanerInnen auch AbsolventInnen in Ämtern tätig, wobei der Berufsstand hier vielfach noch nicht anerkannt wird. Dies ist einerseits von den traditionellen Aufgabenbereichen im Amt abhängig, andererseits von der Tatsache, daß Neuerungen stark personalabhängig sind. Einige Fortschritte wurden in der Naturschutzabteilung wahrgenommen.

In den Raumordnungsabteilungen des Landes stellt sich die Situation differenziert dar: die Unterabteilung „Überörtliche Raumordnung“ greift bei der Erstellung Regionaler Raumordnungsprogramme zunehmend auf LandschaftsplanerInnen zurück (Linz Umland, Welser Heide).
Die Unterabteilung „Örtliche Raumordnung“ dagegen berücksichtigt die Landschaftsplanung in der Dorferneuerung und in der Örtlichen Entwicklungsplanung kaum.
Vielfach stellt sich in der Landesverwaltung für das neue Aufgabengebiet der Landschaftsplanung folgendes Problem dar: anstatt überkommene Aufgabenbereiche zu überdenken und gegen sinnvollere, neue zu tauschen, werden lediglich die bestehenden durchforstet. Diese ungünstige Situation wird durch Person-aleinsparungen und die für die Landschaftsplanung unbefriedigende gesetzliche Lage noch verschärft.
Aber auch bestehende Möglichkeiten werden vielfach nur wenig genutzt: der Ausgleich von Eingriffen durch Gestaltung (Begleitplanung) beschränkt sich derzeit fast nur auf den Rohstoffabbau, könnte aber seitens der Naturschutzabteilung noch bei vielen anderen Projekten eingefordert werden (z.B. Gewerbegebiete, Kommassierung). Auch Förderungs- und Landschaftspflegeprogramme der Agrarbezirksbehörden (ÖPUL) sind bei den Förderungswerbern zu wenig bekannt, um die vorhandenen Potentiale auszuschöpfen.

Handlungsbedarf
im gesetzlichen Rahmen

Für eine Verbesserung der Situation bedarf es unter anderem Gesetzesnovellierungen, die der Etablierung der Landschaftsplanung im Raumordnungs- und im Naturschutzgesetz sowie im Flurverfassungsgesetz förderlich sind.
Zwar gab es Intentionen landschaftsplanerische Instrumente bei den kürzlich erfolgten Gesetzesnovellierungen zu verankern, doch neben dem zu schwachen Auftreten des Berufsstandes fehlte es an Unterstützung von juristischer und politischer Seite. Erst wenn der Berufsstand vermehrt mit ausgearbeiteten Strategien bei Landesstellen präsent wird und ein fortlaufender Diskussionsprozeß stattfindet, werden sich solche Versäumnisse nicht mehr wiederholen. Das verstärkte Auftreten setzt natürlich Bekanntheit und somit Werbung und Marketing voraus.

Handlungsbedarf in der
Öffentlichkeitsarbeit

Öffentlichkeitsarbeit durch die Österreichische Gesellschaft für Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur (ÖGLA), den AbsolventInnenverband (Forum Landschaftsplanung), die Universität und die PlanerInnen selbst, könnten die Landschaftsplanung populärer machen. Ebenso sollten technische Büros die Möglichkeiten der Wirtschaftskammer nützen, um die Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern.
Eine Interessensvertretung kann natürlich nur so gut sein, wie die Summe ihrer Mitglieder, deshalb wäre ein direkter Informationsfluß mit gewisser Verbindlichkeit - d.h. regelmäßig und nicht nur anlaßbezogen - etwa zwischen ÖGLA und PlanerInnen hilfreich.
Die in Oberösterreich tätigen FreiberuflerInnen bemängeln außerdem zu wenig Unterstützung durch die Universität. Zum einen gibt es auf akademischer Ebene nicht viele Leitfiguren die sich für die Bekanntheit des Berufsstandes einsetzen, zum anderen findet, abgesehen von der Sommerakademie, fast kein Informationsfluß zwischen Ausbildung/Forschung und Anwendern statt.

Modifizierung des Fördersystems

Eine Umstrukturierung des Förderungssystems des Landes, die bislang an der politischen und finanziellen Durchführbarkeit scheiterte, würde für die Landschaftsplanung Arbeitsbereiche öffnen. Aus Geldmitteln vom Wasser- und Straßenbau, die teilweise nicht im Sinne der Landschaftsplanung bzw. kontraproduktiv angewendet werden, könnte ein interdisziplinärer Landschaftsfonds eingerichtet und dotiert werden.
Allgemein formuliert ist das Ziel, ein lenkbares Förderungssystem zu schaffen, bei dem mit Finanzen in Hinblick auf integrierte und landschaftsverträgliche Zielsetzungen gewirtschaftet wird, anstatt sie wie bisher vielfach in eingefahrenen Förderschienen nur zu verwalten.

Perspektiven auf gemeindlicher Ebene

Im Bereich der Gemeindeplanung sollten von Landesseite Möglichkeiten geschaffen werden, daß die finanzielle Hauptlast für die Beauftragung der Landschaftsplanung nicht mehr allein bei den Gemeinden liegt.
Derzeit gibt es nur für eine geringe Fläche von Oberösterreich Bebauungspläne und nur für einen noch geringeren Teil Grünordnungspläne. Dies mag einerseits daran liegen, daß freiraumplanerische Beiträge zum Bebauungsplan bzw. der Grünordnungsplan nicht gesetzlich verankert sind und daher auch nicht finanziert werden. Und andererseits daran, daß der Wert der Planung für Private, Betriebe und Gemeinden erst vermittelt bzw. erkannt werden muß. So wäre auch hier eine Chance gegeben, fachliche Qualitäten in den Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan einzubringen sowie deren Umsetzung zu betreuen.
Künftig werden geographische Informationssysteme für Gemeinden unumgänglich sein. Hier kann die Landschaftsplanung Betreuung und Beratung anbieten.

Objektplanung

In der Objektplanung sind landschaftsplanerische AkteurInnen gegenüber anderen Disziplinen unterrepräsentiert.
Dies ist hauptsächlich ein Problem der Nachfrage: so sehen etwa Wohnungsgenossenschaften vielfach nicht den Wert fachspezifischer Planungsarbeit im Freiraum und vergeben nur vereinzelt fachspezifische Beauftragungen.
Dominierende AkteurInnen in der Objektplanung sind LandschaftsgärtnerInnen, die sich häufig unter der Bezeichnung LandschaftsarchitektIn bzw. LandschaftsplanerInnen verkaufen.

Begleitplanung

Ein wesentliches Tätigkeitsfeld, das bisher nur minimal ausgeschöpft wurde, ist die Begleitplanung von Projekten. Wie schon erwähnt, beschränkt sich die Begleitplanung fast ausschließlich auf den Rohstoffabbau. Gerade hier besteht die Gefahr, daß es durch Abhängigkeiten von der Industrie zu Qualitätseinbußen der Arbeiten kommt, was mit ein Grund dafür ist, daß Begleitplanungen auch für andere Projekte (z.B. Straßenbau) eingefordert werden müssen. Der Qualitätsstandard wird hier von AuftragnehmerInnenseite definiert, weshalb ein geschlossenes Vorgehen der PlanerInnen auch in Hinblick auf die Honorarordnung wichtig ist.
Andere Chancen und Marktnischen könnten neben kommunaler Landschaftsplanung, Bildungs- und Erziehungsarbeit, Planung und Beratung in der Freiraumgestaltung auch noch naturschutzrechtliche Beratungstätigkeit und Planungen im Tourismusbereich sein.

Wünschenswerte Perspektiven

Allgemein erwarten sich die oberösterreichischen PlanerInnen für die Zukunft weiterhin ein gutes Kooperationsklima zwischen den Büros, und - basierend auf verstärkter Öffentlichkeitsarbeit und Strategieentwicklung - mehr Interesse seitens der AuftraggeberInnen für die Landschaftsplanung.
Eine grundlegende Anforderung an die Büros ist die, daß die Profession fachlich und kaufmännisch seriös betrieben wird.

Szenetreffen

Einmal im Quartal findet ein LandschaftsplanerInnentreffen statt, um den Erfahrungs- und Informationsaustausch zu vertiefen.
Entstanden ist dieses Treffen im Februar 1994 im Raum Attnang – Gmunden – Vöcklabruck wobei anfangs durchschnittlich nur fünf bis sieben PlanerInnen dieses Meeting besuchten. Im Jänner 1995 erhöhte sich die Zahl der Anwesenden dieser offenen Veranstaltung, die nunmehr in Linz oder Wels stattfindet, sprunghaft auf zehn bis fünfzehn Leute. Neben dem Erfahrungsaustausch werden hier gemeinsame Strategien erarbeitet und Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Impulsvorträge mit Diskussionsforen zu Schwerpunktthemen tragen ebenso wie Werkstatttreffen zum Erfahrungsaustausch im Rahmen dieser „Plattform der FreiberuflerInnen“ bei.

Auskünfte bei: Dipl.-Ing. Karin Fuchs Tel: +43-7674-67040 l

Literatur:
Muhar, A. (1995): Struktur und EDV-Ausstattung österreichischer Landschaftsplanungsbüros im internationalen Vergleich, in: Zolltexte Nr. 1/1995, S. 33-37.
ÖGLA (1997): Folder „Landschaftsplanung“, erhältlich bei Dipl.-Ing. Markus Kumpfmüller (Tel: +43-7252-77727)

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