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Ankommen statt Umsteigen
Oberösterreichische Nachrichten

Der Zug hält. Nichts „Hässliches“ stört mehr den Blick. Ein normaler Bahnhof. Die Aufmerksamkeit verschiebt sich: Was ist mit dem Ort dahinter?

31. Januar 2015 - Tobias Hagleitner
Von der „hässlichsten“ Haltestelle des Landes war in Umfragen stets die Rede. Keine Spur mehr. Nach dem Umbau herrschen in Attnang-Puchheim bahnhofsoffensive Sauberkeit und Klarheit.

Von den schnittigen grauen Flugdächern über die gläsernen Aufzüge bis zum Granitboden gibt es vorerst wenig Überraschendes. Das könnte auch der Bahnsteig von Feldkirch, St. Pölten oder Linz sein. Kein Einwand! Ein Bahnhof ist ein Bahnhof, und was funktioniert, muss nicht täglich neu erfunden werden. Die aktuelle Design-Linie der ÖBB ist etwas grau und hart, aber die Dinge erfüllen ihren Zweck, wirken gut detailliert, robust und langlebig – hässlich keineswegs.

Wir begeben uns ins unterirdische Kernstück des Gebäudes. „Früher war das ein Fluchtbahnhof“, erinnert ÖBB-Projektleiter Franz Hujber drastisch an die dunkle Unterführung von einst. Gemeinsam mit dem Wiener Architekturbüro Skyline ist es nun gelungen, bei relativ engen Raumverhältnissen ein natürlich belichtetes Aufnahmegebäude unter Terrain zu entwickeln, das freundlich und geräumig wirkt.

Hier finden sich Reisecenter, WC-Anlagen, Sitzbereiche und Backladen. Der oberirdische Bauteil, der Reisende von der Park-&-ride-Zone an der Bundesstraße aufnimmt und den „Hausbahnsteig“ bedient, zeigt konzeptionelle Lücken, die wohl bei der Übertragung des Vorbilds Linz entstanden sind. Hier gibt es zwei Geschoße hoch viel Glas um nichts. Die „Riesen-Laterne“ ist sicher eine Möglichkeit, ein sichtbares Zeichen in den Straßenraum zu setzen und zugleich Licht nach unten zu bringen. Dennoch: Es ginge auch subtiler.

Der Schienenknoten ins Salzkammergut und Richtung Ried hat bis zu 8000 Fahrgäste pro Tag aufzunehmen. Klar: Eine leistungsfähigere Verkehrseinrichtung war längst überfällig. Für die Stadt ist ein Bahnhof aber längst nicht nur ein Bahnhof. Gerade Attnang-Puchheim ist besonders eng mit der Entwicklung der Bahn verbunden.
„Brückenkopf“ ins Zentrum

„Ein neues Gesicht“, wie Bürgermeister Peter Groiß das ausdrückt, war schon viele Jahre lang der Wunsch. Dabei ging es nicht nur um ein schöneres Image nach außen, sondern zugleich darum, positive Identifikation mit dieser wichtigen Infrastruktur wiederzuerlangen – um ein Stück Identität.

Für das „Gesicht“ in Richtung Stadt war das ortsansässige Architekturbüro Gilhofer verantwortlich. Das Paar hatte einen Wettbewerb zur Gestaltung des unmittelbar anschließenden Busterminals für sich entscheiden können. In der Materialisierung noch ganz „ÖBB“ ergibt sich mit dem Bau als stadtseitigem Haupteingang diesseits der B1 eine Geste Richtung Marktstraße und Rathausplatz, die bisher nicht vorhanden war – ein „Brückenkopf“ ins Zentrum.

Es ist eine Aufforderung, von diesem erneuerten Rückgrat aus mit weiteren stadträumlichen Akzenten anzusetzen. Ein anziehendes Platzgefüge kann hier entstehen, das wie von selbst vom Bahnhof in den Stadtkern leitet.

Die Errichtung des Terminals erfolgte zeitgleich und in enger Abstimmung mit dem Bahnhofsprojekt. Für die Stadt hervorragend: Die neue Bahnstation ist barrierefrei direkt ins Wegesystem integriert, ob zu Fuß, mit Auto, Rad oder per Bus. Die Warteinseln mit ihrer aufgeräumten Organisation von Service-, Aufenthalts- und Leitfunktion sind vorbildlich. Wünschenswert, wenn dies nach der „Bahnhofsoffensive“ der ÖBB der Beginn einer „Busoffensive“ von Land und Gemeinden wäre.


Daten und Fakten

Objekt: Bahnhof Attnang-Puchheim
Bauherrschaft: Österreichische Bundesbahnen
Architektur: Skyline Architekten, Wien
Baubeginn: Herbst 2010
Fertigstellung: Herbst 2014
Gesamtkosten: rund 44 Millionen Euro
Maßnahmen: Neubau Bahnhofsgebäude, Umbau von Gleisanlagen, Errichtung Personendurchgang zum Dr.-Karl-Renner-Platz, Adaptierung Personendurchgang inkl. Errichtung Liftanlagen und Rolltreppen, Errichtung von zwei neuen Inselbahnsteigen

Objekt: Busterminal
Bauherrschaft: Land Oberösterreich und Stadtgemeinde Attnang-Puchheim
Architektur: Büro Gilhofer, Attnang-Puchheim
Gesamtkosten: 4,8 Millionen Euro
Maßnahmen: getrennte Bushaltestellen, Warteinseln, Geschäftsflächen, Fahrradabstellanlage

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Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten

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