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Wohnform zwischen Stadt und Land
Oberösterreichische Nachrichten

Architektin Marie-Theres Süßner hat einen Supermarkt in eine Wohnanlage verwandelt. Ein Konzept wie aus der Großstadt, das dem ländlichen Raum genauso gut steht.

21. März 2015 - Tobias Hagleitner
Schwanenstadt ist schon dem Namen und auch dem Rang nach eine Stadt. Einen Steinwurf vom Stadtplatz entfernt beginnt dennoch unübersehbar das „Land“ mit der hierzulande üblichen Streumischung aus Ackerland, Gewerbeflächen und Häuserteppich.

Trotz dynamischer Bevölkerungsentwicklung der Region ist die Grundstruktur noch immer auszumachen: Die ovalförmige Verdichtung mit dem langgezogenen Stadtplatz in der Mitte liegt wie ein kompaktes Samenkorn im umgebenden Ackerland. Diese Typologie macht den typischen Charakter von „Schwauna“ aus.

Umso erfreulicher, wenn nicht nur draußen auf der Wiese neu gebaut, sondern wie im Fall der Wohnanlage „Loft 393“ auch in der bestehenden Struktur in Zentrumsnähe nachverdichtet wird. Als die Architektin Marie-Theres Süßner das Grundstück mit dem leerstehenden Supermarkt aus den 1980er-Jahren und einem benachbarten Lokal zu bearbeiten begann, gab es Überlegungen, das Ganze abzureißen und ein neues Wohnprojekt auf dem Areal zu errichten. „Im Gespräch mit den Behörden wurde dann klar, dass die bestehende Substanz einen großen Vorteil hat“, erinnert sich Süßner an den Anfang des Projekts: „In diesen Baugrenzen mit eher geringen Abständen zu den umliegenden Gründen wäre ein künftiges Bauwerk nicht mehr möglich gewesen.“
Vorhandenes als Qualität

Zudem hätte eine komplett neue Wohnanlage eine ganze Menge mehr gekostet. So wurde der Bestand nicht weiter als Altlast gesehen, sondern zum Möglichkeitsraum für das Neue umgedeutet.

Es sind auf den ersten Blick nicht die besten Bedingungen für attraktives Wohnen: Im Westen, auf der ehemaligen Zugangsseite für die Kundschaft des Lebensmittelmarkts, liegt ein ausgedehnter Parkplatz. Die Fläche wirkt ein bisschen wie der vernachlässigte Hinterhof des adretten Stadtkerns.

Auf der anderen Seite ist „ländlicher Raum“, nicht unbedingt als Idyll, sondern intensiv bewirtschaftete Ackerfläche.

Süßner verstand die Schnittstelle zwischen den zwei Landschaften dennoch als Reiz und versuchte das vormals hermetische Volumen der Halle etwas aufzulösen und mit der Umgebung zu verschränken. Das konstruktive Grundgerüst des Betonbaus wurde dabei komplett erhalten, die neue Fassade lediglich in den bestehenden Öffnungen ein Stück nach innen gerückt.

So sind nun kleine Wohnhöfe entstanden, die jeder Wohnung einen intimen Außenraum geben. Der Hauptzugang wurde auf die Ostseite verlegt. Eine schmale Gasse zwischen den beiden Bestandsgebäuden erschließt zur Linken das renovierte Geschäftslokal mit Wohnung im Obergeschoß, rechts im ehemaligen Supermarkt sind barrierefrei sieben neue Wohneinheiten erreichbar. Der Hallenbau wurde mit einem Mittelgang längs geteilt. Vier Einheiten schauen nach Westen Richtung Stadt, drei nach Osten hinaus aufs Feld.

Loft kommt von Luft

Im Innenausbau wurde ganz nach dem Motto „Loft“ auf den besonderen Charakter eines umgenutzten Lagerraums mit dem luftigen Flair von fast vier Metern Raumhöhe geachtet. Die Einrichtung ist beschränkt auf das Wesentliche, funktional und einfach.

Abgesehen vom kompakt gehaltenen mittigen Sanitärkern stellen sich den Nutzenden keine Massivwand, keine Tür und keine Zwischendecke in den Weg. Schiebewände aus lichtdurchlässigen Stegplatten schirmen die einzelnen Raumzonen flexibel voneinander ab. Nach außen zeigt das Projekt ein etwas hartes Gesicht.

Dass eine gewisse Abgrenzung zum Parkplatz notwendig und gewünscht ist, leuchtet ein. Dass die Abschottung in Form und Material so rigid ausgefallen ist, schadet dem Gesamteindruck – wenn auch die jungen Kirschbäume in den Wohnhöfen vor allem in der warmen Saison bald mehr Natürlichkeit und Weichheit bewirken werden.

Insgesamt ist das Projekt als gelungener Versuch hervorzuheben, das Wohnen auf dem Land in eine alternative Richtung neu zu denken. Ein oberösterreichisches Pionierprojekt, wenn es darum geht, leer gefallene Gewerbeflächen einer Wohnnutzung zuzuführen.

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Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten

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