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Geld für Heu. Wiesenerhaltung einmal anders
Geld für Heu. Wiesenerhaltung einmal anders
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9. Oktober 1998 - Barbara Steurer
Seit Herbst 1997 bemüht sich der Verein „Heubörse im Wienerwald“ um Vermittlung, Marketing und Qualitätssicherung von Wienerwaldwiesenheu. Dadurch soll es viehlosen bzw. viehschwachen Betrieben in der Region Wienerwald ermöglicht werden, ihre Wiesen weiter zu bewirtschaften. Den zahlreichen Reitbetrieben der Region bietet die „Heubörse“ Hilfe beim Kauf von qualitativ hochwertigem Heu zu einem akzeptablen Preis. Durch die Aufwertung des Produktes „Heu“ steigt auch der Wert der Wiesen. Der Druck zur Nutzungsaufgabe sinkt und ihre ursprüngliche Funktion – nämlich jene der Futterproduktion – wird wieder in den Vordergrund gerückt!
Von Barbara Steurer

Der Rückgang an Wiesen und Weideflächen wird vielerorts, vor allem aber in den sogenannten landwirtschaftlichen „Ungunstlagen“ beklagt. Er steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem stetig fortschreitenden Preisverfall landwirtschaftlicher Produkte. Wenn Milch und Fleisch an Wert verlieren, so die Wiesen mit ihnen. Ausgleichszahlungen und ÖPUL-Prämien können diese Entwicklung verzögern, aber langfristig gesehen sicherlich nicht aufhalten. Zuallererst zieht sich die Landwirtschaft aus jenen Lagen zurück, deren Bewirtschaftung zeitaufwendig und teuer ist und die wenig bzw. wenig energiereiches Futter liefern. Gerade diese extensiv bewirtschafteten Flächen sind es aber, die aus der Sicht des Naturschutzes besonders interessant sind, weil sie viele bzw. bereits selten gewordene Tier- und Pflanzenarten aufweisen. Je weiter der Wert landwirtschaftlicher Produkte sinkt, desto mehr müssen Flächen und sogar ganze Regionen als „Ungunstlagen“ angesehen werden. Eine weitere Anpassung an die „Weltmarktpreise“, wie sie in der AGENDA 2000 gefordert wird, hätte – ohne entsprechende Ausgleichszahlungen – zur Folge, daß es sich österreichweit nicht mehr lohnt, Milch und Fleisch zu produzieren.

BäuerInnen als LandschaftspflegerInnen?

Neue Formen der Wiesennutzung sind meist rasch gefunden: Verbrachung, Aufforstung oder Verbauung verändern die bisherige Landschaft rasch und nachhaltig. Ob diese Veränderungen zukünftig hingenommen werden müssen bzw. ob sie da und dort für den Naturschutz auch positive Effekte haben – Stichwort „Zurück zur Naturlandschaft“ – sei dahingestellt. Tatsache ist, daß es von Politik und Gesellschaft schon seit langem eine ganze Reihe von Versuchen gibt, der beschriebenen Entwicklung entgegenzuwirken (vgl. SUSKE et al., 1998); sei es aus Gründen des Artenschutzes, des Tourismus, der Lebensqualität oder aufgrund sozialer Gesichtspunkte. Die meisten Ansätze versuchen die „Landschaftspflegeleistungen“ der Landwirt/e/innen nach der Devise „Geld für Bewirtschaftung“ direkt abzugelten. Die Frage „Inwieweit dürfen, können, sollen sich die BäuerInnen zu LandschaftsgärtnerInnen umfunktionieren lassen?“ wurde in Fachkreisen in den letzten Jahren oft diskutiert. Wer dabei oft wenig zu Wort kam, waren die Bauern und Bäuerinnen selbst. Denn wenn man „draußen“ mit den Betroffenen ins Gespräch kommt, merkt man rasch, daß die meisten LandwirtInnen nur solange zur abgegoltenen „Landschaftspflege“ bereit sind, solange sie im Zuge der Produktion erfolgt und damit gleichsam eine Erwerbskombination darstellt. Einfach ausgedrückt heißt das: Wenn mit dem minderwertigen Heu von „ökologisch wertvollen Wiesen“ noch ein paar Liter Milch oder einige Kilogramm „Baby-Beef“ erzeugt werden, ist man da und dort durchaus bereit – gegen Abgeltung des Bewirtschaftungsaufwandes und sofern es die zumeist knapp bemessene Zeit erlaubt – auch schlecht bewirtschaftbare Wiesen und Weiden weiter zu nutzen. Kritisch wird es, wenn aus wirtschaftlichen oder persönlichen Gründen jegliche Viehhaltung bereits aufgegeben wurde und die Frage auftaucht: „Wohin mit dem Heu?“. Aber das ist mehr als verständlich. Denn welche/r HobbygärtnerIn würde bereit sein, gegen Entgelt Radieschen anzubauen, um sie nachher zu kompostieren?

Die Situation im Wienerwald

Kleine Strukturen, schlechte Bodenbonitäten und geringe Niederschlagsmengen bewirken ungünstige Produktionsvoraussetzungen für die Landwirtschaft im Wienerwald. Das landwirtschaftliche Einkommen war daher tendenziell in dieser Region immer geringer als im Durchschnitt der österreichischen Grünlandgebiete. Andererseits brachte die Nähe der Großstadt Wien auch diverse Vorteile – vor allem die Möglichkeit, die Landwirtschaft im Nebenerwerb zu betreiben. Dies hat in vielen Fällen dazu geführt, daß der große „Intensivierungsschub“, den viele Betriebe der Gunstlagen in den letzten Jahrzehnten mitgemacht haben, im Wienerwald weitgehend ausblieb. Und so gibt es einen hohen Anteil an extensiv genutzten, artenreichen Wiesenflächen, die nicht nur aus der Sicht des Naturschutzes wertvoll sind, sondern den Wienerwald zu einer bunten und abwechslungsreichen Kulturlandschaft mit hohem Erholungswert machen.

Die ungünstigen Produktionsvoraussetzungen verbunden mit dem durch die Nähe zu Wien oft extremen Verbauungsdruck bewirken, daß diese Landschaft akut von weitreichenden Veränderungen bedroht ist. Neben dem allgemeinen Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe ist vor allem die Tendenz zur Verminderung des Vieh- und hier vor allem des Rinderbestandes zu beobachten. Parallel dazu vermindert sich der Anteil der Grünlandflächen. Durch die Nähe zum Ballungsraum wird diese Entwicklung jedoch auch noch durch eine andere überlagert: Der Reitsport erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Die Zahl der Reitbetriebe und der Pferde ist im Steigen begriffen. Interessanterweise sind es aber nicht immer die bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe, die auf Pferdehaltung umsteigen. Viele Reitbetriebe haben sich im Umland von Wien – häufig im Osten und Süden angesiedelt. Sie bewirtschaften kaum oder gar keine eigenen Grünlandflächen und sind daher gezwungen, Heu in größeren Mengen zuzukaufen. Häufig greifen sie dabei auf qualitätsmäßig mindere, aber preislich sehr günstige Importe aus dem benachbarten Ausland (Slowakei, Tschechien, Ungarn) zurück. Darüberhinaus ergibt sich für sie das Problem, den anfallenden Mist großteils nicht als Dünger auf betriebseigenen Flächen verwenden zu können, sondern „entsorgen“ zu müssen. Dies war die Ausgangssituation aus der heraus sich das Projekt „Heubörse im Wienerwald“ entwickelt hat.

Die Entstehungsgeschichte

Die Situation der Wiesen und Weiden im Wienerwald wurde bereits im Jahr 1995 in einer vom Verein „Wien-Niederösterreich – Gemeinsame Erholungsräume“ in Auftrag gegebenen interdisziplinären Studie (HOLZNER et al., 1995) eingehend analysiert. Dabei wurde festgehalten, daß eine langfristige Sicherung des Grünlandes nur durch eine Aufrechterhaltung der regionalen Landwirtschaft möglich erscheint. Diese wiederum kann nur dann erhalten werden, wenn neben der Abgeltung der „Landschaftspflegeleistungen“ die landwirtschaftlichen Produkte durch Direktvermarktung eine entsprechende regionale Wertschöpfung erzielen. Die Vermarktung von Heu bietet sich dabei vor allem für viehlose und viehschwache Betriebe an. Im Sinne regionaler Kreisläufe soll der Heuverkauf vorwiegend an Reitbetriebe der Region erfolgen.
1996 wurde vom Österreichischen Kuratorium für Landtechnik und Landentwicklung (ÖKL) im Auftrag des NÖ Landschaftsfonds ein „Grundsatzkonzept und Ablaufschema zur Einrichtung einer Heubörse im Wienerwald“ erarbeitet (ASCHENBRENNER, WAGL, 1996). Dieses wurde in weiterer Folge mit einer Arbeitsgruppe vor Ort schrittweise umgesetzt. Ziel dabei war es, von Anfang möglichst alle einzubinden, die an der Erhaltung der Wiesen, der Landwirtschaft sowie an der Vermarktung von Heu in der Region Wienerwald interessiert sind. Neben VertreterInnen der örtlichen Bezirksbauernkammern und des NÖ Reit- und Fahrvereines waren dies Landwirte, ReitstallbesitzerInnen, des Maschinenrings Neulengbach, VertreterInnen der Jägerschaft, der NÖ Landwirtschaftskammer und des Naturschutzes.

Die zehnköpfige, sehr engagierte Arbeitsgruppe traf sich von Jänner bis September 1997 regelmäßig. Gemeinsam wurden schrittweise die Ziele und Aufgabenbereiche der Heubörse festgelegt. Neben der reinen Vermittlungsarbeit, zu deren Übernahme sich der Maschinenring Neulengbach bereit erklärte, war es von Anfang an ein erklärtes Ziel der Heubörse, eine Kommunikationsplattform für die unterschiedlichen Interessensgruppen zu werden. Erste Erfolge in dieser Hinsicht zeigten sich bereits in der Arbeitsgruppe: Landwirte und ReitstallbesitzerInnen, die bisher nur wenig Kontakt zueinander hatten und z.B. in der schwierigen Frage der Reitwegeplanung in der Vergangenheit oftmals aneinandergerieten, saßen erstmals in einem Boot und setzten sich für ein gemeinsames Anliegen ein. Aus der Arbeitsgruppe entwickelte sich der Vorstand des „Vereines Heubörse im Wienerwald“, welcher offiziell im Oktober 1997 gegründet wurde und seine Tätigkeit aufnahm. Der Mitgliedsbeitrag beträgt derzeit öS 100,- pro Jahr. Als Vermittlungsgebühr müssen sowohl vom KäuferInnen als auch vom VerkäuferInnen fünf Groschen pro Kilogramm Heu bezahlt werden.

Was will die Heubörse?

Ziel der Heubörse im Wienerwald ist die Aufrechterhaltung der Wienerwaldwiesen durch
• Organisation der Vermittlung von Heu aus dem Bereich Wienerwald und Umgebung,
• Kooperationen zwischen diversen betroffenen Interessensgruppen (Landwirtschaft, Reit- und Fahrbetriebe, Jägerschaft, Naturschutz ...) der Region,
• Beratung bezüglich Qualitätssteigerung bei der Heuwerbung,
• Werbung und Öffentlichkeitsarbeit,
• Qualitätssicherung.
In einer zentralen Vermittlungsstelle, die ihren Sitz beim Maschinenring Neulengbach hat, wird der Heuüberschuß von Betrieben erfaßt und an Reitbetriebe der Region weitervermittelt. Möglichst kurze Transportwege sollen mithelfen, unnötige Umweltkosten, wie sie derzeit beim Import von Heu aus den östlichen Nachbarländern entstehen, zu vermeiden. Die nachhaltige Weiterbewirtschaftung naturschutzfachlich wichtiger Grünlandflächen soll über das Produkt Heu gesichert und dadurch sowohl den Wünschen der Landwirt/e/innen als auch jenen der PferdehalterInnen und des Naturschutzes entsprochen werden. Regelmäßig durchgeführte Qualitätskontrollen und gezielte Öffentlichkeitsarbeit helfen mit „Wienerwaldwiesenheu“ als qualitativ hochwertiges Markenprodukt zu etablieren.

HeuanbieterInnen

HeuanbieterInnen können alle LandwirtInnen aus dem Wienerwald sein, die zu wenig Vieh auf ihrem Betrieb halten, um das auf ihren Grünlandflächen gewonnene Heu zu verwerten. Dazu gehören natürlich auch alle viehlosen Betriebe, die eigene oder gepachtete Wiesen im Wienerwaldbereich mähen. Durch die Mitgliedschaft bei der Heubörse wird ihnen der bequeme Verkauf ihres überschüssigen Heus ermöglicht, ohne daß sie sich selbst um AbnehmerInnen kümmern müssen. Um Mitglied bei der Heubörse zu werden, müssen die AnbieterInnen angeben, wie hoch ihr Viehbestand ist und wieviel Hektar Grünland sie im Wienerwaldbereich bewirtschaften. Dadurch soll gewährleistet werden, daß nur Heu aus der Region über die Heubörse vertrieben wird. Auf einem Angebotsformular werden Angaben über Menge, Form, Qualität und Preisvorstellungen gemacht. Das Angebot wird in der Datenbank der Vermittlungsstelle, die beim Maschinenring Neulengbach angesiedelt ist, zentral gespeichert und an die KäuferInnen weitergeleitet. Obwohl die „Heubörse“ in erster Linie der Vermittlung von Heu aus dem Wienerwald dient, können im Bedarfsfall auch Stroh und – im Sinne einer Kreislaufwirtschaft – (Pferde-)Mist aus der Region über die Heubörse angeboten bzw. gekauft werden.

HeukäuferInnen

HeukäuferInnen können alle Personen und Institutionen sein, die an dem Ankauf von Wienerwaldwiesenheu interessiert sind (Reitbetriebe, Landwirt/e/innen, Jägerschaft, Tierhandlungen etc.). Die KäuferInnen können ihren Jahresbedarf, ihren monatlichen oder auch ihren momentanen Bedarf sowie ihre Wünsche bezüglich Qualität, Form, Zulieferung und Preis bekanntgeben. In der Vermittlungsstelle ist man bemüht, eine prompte und kontinuierliche Zulieferung ent-sprechend den Vorstellungen der Käufer- Innen zu gewährleisten. KäuferInnen aus der Region werden aus Gründen der Transportkosten bevorzugt. KäuferInnen, die nicht Mitglied bei der Heubörse sind, zahlen höhere Vermittlungsgebühren. Natürlich können auch alle an der Wiesenerhaltung interessierten Personen bzw. Institutionen Mitglied beim Verein „Heubörse im Wienerwald“ werden.

Preisregelung und Qualitätsgarantie

Um große Preisschwankungen, die sich auf längere Sicht sowohl für die KäuferInnen als auch für die AnbieterInnen ungünstig auswirken, zu verhindern, gibt der Verein seinen Mitgliedern Richtpreise vor, die im Interesse von KäuferIn und VerkäuferIn nicht unter- bzw. auch nicht überschritten werden sollten.

Die Qualitätseinstufung von Pferdeheu erfolgt nach einem eigens für die Heubörse von der NÖ Landwirtschaftskammer (Herr DI WIEDNER) ausgearbeiteten, leicht handhabbaren Bewertungsschema, welches sowohl die AnbieterInnen als auch die KäuferInnen verwenden können.
Im Zweifelsfall ist es für Mitglieder der Heubörse möglich, Qualitätskontrollen im Futtermittellabor Rosenau gegen einen Un- kostenbeitrag durchführen zu lassen.

Innerhalb des Vereines wird derzeit die Einführung eines „Naturschutzgütesiegels“ für jene Betriebe diskutiert, die einen hohen Anteil an „ökologisch wertvollen“ Wiesen bewirtschaften bzw. gezielt Heu von derartigen Wiesen ankaufen. Ein derartiges Gütesiegel könnte vor allem den Reit- und direktvermarktenden Betrieben Wettbewerbsvorteile bringen und einen gezielten Beitrag zur Erhaltung der besonders extensiv bewirtschafteten „Blumenwiesen“ liefern.

Finanzierung

Für die Entwicklung des Grundsatzkonzeptes, die Betreuung der Arbeitsgruppe, die Herstellung eines „Informationsfalters“, die Abhaltung von Informationsveranstaltungen sowie die Erstellung einer speziellen Software waren finanzielle „Starthilfen“ erforderlich, die in erster Linie vom NÖ Landschaftsfond aber auch von der NÖ Landwirtschaftskammer, dem NÖ Landesjagdverband, den Bezirksbauernkammern und dem NÖ Reit- und Fahrverein zur Verfügung gestellt wurden. In weiterer Folge soll sich der Verein aber selbst – über die oben angesprochenen Mitgliedsbeiträge sowie die Vermittlungsgebühren – finanzieren.

Ausblick

Mitte Juni 1998 zählte der Verein bereits 61 Mitglieder mit steigender Tendenz. Das Interesse an der Organisation ist grundsätzlich groß, auch NachahmerInnen in anderen Regionen haben sich bereits gefunden. So wird derzeit im Rahmen eines INTERREG-Projektes überlegt, gemeinsam mit der Slowakei eine grenz-überschreitende „Heubörse“ mit Vermarktungsschwerpunkt im Weinviertel aufzubauen. Beim 1998 von der NÖ Landesakademie ausgeschriebenen Wettbewerb „Meilensteine“ wurde das Projekt in der Sparte „Im Einklang mit der Natur“ unter die ersten drei gereiht.

Derartige Erfolge machen Mut und stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl der Vereinsmitglieder. Auf diese Weise lassen sich „kleinere“, praktische Schwierigkeiten wie etwa die Frage: „Was machen wir mit jenen Mitgliedern, die bei der ver- bzw. gekauften Heumenge falsche Angaben machen und daher viel zuwenig Vermittlungsgebühr bezahlen?“ lösen. Auch das Problem, daß die Heubörse nach einiger Zeit überflüssig werden könnte, nämlich dann, wenn sich KäuferInnen und VerkäuferInnen in einer dauerhaften Geschäftsbeziehung gefunden haben, ist eigentlich keines. Denn sollte dieser Fall eintreten, hat die „Heubörse“ ihren „Hauptzweck“ – nämlich die gesicherte Weiterbewirtschaftung der Wienerwaldwiesen – erfüllt.

Erhalten bleibt darüber hinaus in jedem Fall die Funktion des Vereines als aktive regionale Informations- und Gesprächsplattform. So sollen auch in Zukunft Konflikte zwischen Landwirtschaft, Naturschutz, PferdehalterInnen und der Jägerschaft bereits im Vorfeld vermieden und ein Beitrag zur Stärkung der regionalen Identität geleistet werden.


Literatur:
HOLZNER et al. (1995): Wienerwaldwiesen – Eine Studie zur Problematik der Erhaltung von Wiesen und Weiden im Bereich des Wienerwaldes. Verein Wien- Niederösterreich-gemeinsame Erholungsräume. Wien.
ASCHENBRENNER, WAGL (1996): Projekt Heubörse im Wienerwald – Grundsatzkonzept und Ablaufschema. ÖKL Wien im Auftrag des NÖ Landschaftsfonds. Wien.
ASCHENBRENNER, SCHOLL, WAGL (1997): Projekt Heubörse im Wienerwald - Bewußtseinsbildung/Organisationsstruktur/Dokumentation der Umsetzung. ÖKL Wien im Auftrag des NÖ Landschaftsfonds. Wien.





Bildunterschriften:

Solange die Mahd naturschutzwürdiger Wiesen im Zuge der Milch- und Fleischproduktion erfolgen kann, wird die Bezahlung von Mähprämien von den LandwirtInnen angenommen. Bei viehlosen Betrieben muß zumindest der Verkauf des Heus gesichert sein ...

Die Organisationsstruktur des Vereines „Heubörse im
Wienerwald“ wurde vom ÖKL in enger Zusammenarbeit mit örtlichen InteressentInnen erarbeitet.

Für die zahlreichen Reitbetriebe der Region Wienerwald war es in der Vergangenheit oft schwierig, jederzeit qualitativ hochwertiges Heu zu einem gesicherten Preis zu bekommen.











der ökologische landbau
eine neue naturschutzstrategie?

Der Naturschutz ist in Österreich eng mit der Landwirtschaft verbunden, denn sie hat die Artenvielfalt in der Kulturlandschaft hervorgebracht. Die Industrialisierung in der Landwirtschaft und die Beschränkung des Naturschutzes auf einen „Naturdenkmalschutz“ haben dazu beigetragen, NaturschützerInnen und BäuerInnen zu GegnerInnen zu machen. Der ökologische Landbau tritt nun an, diesen Gegensatz aufzuheben. In diesem Artikel wird der Frage nachgegangen, ob der ökologische Landbau einen Weg weist, die natürlichen Lebensgrundlagen für Gesellschaft und Umwelt zu erhalten, in diesem Sinne also umfassenden Naturschutz zu betreiben.
Von Simone König

Der Naturschutz bezieht sich, zumindest was Österreich und weite Teile Europas betrifft, auf die Kulturlandschaft, die durch bäuerliche Nutzung entstanden ist. Denn mit der Seßhaftwerdung des Menschen begann eine intensivere Nutzung der natürlichen Produktivkräfte, welche im Laufe der Jahrhunderte landschaftsgestaltend wirkte. Ein Mosaik von unterschiedlichen Lebensräumen entstand allein durch die Nutzung. Diese Lebensräume ermöglichten doppelt so vielen Arten Ansiedlungsmöglichkeiten wie es die ursprüngliche Landschaft getan hätte. Die maximale Artenzahl an Pflanzen wurde um 1850 erreicht. Danach kam es durch die Auflösung des bäuerlichen Gemeinschaftseigentums, durch Flußregulierungen, verstärktem Wegebau und Intensivierungsmaßnahmen in der Landwirtschaft (Entwässerungen, verstärkte Düngung etc.) zu einem Rückgang. Dieser Rückgang ist allerdings nicht zu vergleichen mit den massiven Dezimierungen beinahe aller Arten seit der Ausbreitung der industriellen Landwirtschaft, welche in den fünfziger Jahren unseres Jahrhunderts ihren Anfang nahm (vgl. JEDICKE, 1994: 8ff). Allein in den letzten dreißig Jahren wurde ein Artenrückgang von sechzig bis achtzig Prozent verzeichnet (vgl. HAAFKE, 1988).

Verfehlte Naturschutzstrategie

Die Gründe für diesen massiven Rückgang sind wohl in der Agrarpolitik zu suchen. Sie zwang und zwingt nach wie vor zu intensivieren, chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Dünger zu verwenden, häufiger zu mähen und somit den Pflanzenbestand der Äcker und Grünländer zu nivellieren. Dies hat dazu beigetragen, den Bauernstand in eine Gegnerschaft zum Naturschutz zu stellen, der rettend eingreifen will, dabei aber die Nutzung nicht berücksichtigt. Anstatt sich für eine verträgliche Wirtschaftsweise einzusetzen, welche die natürliche Lebensgrundlage erhält, konzentriert er sich auf Besonderheiten wie „Rote Liste“-Arten und degradiert so zu einem Naturdenkmalschutz. Die dabei angewandten Strategien scheinen mehr als zweifelhaft. Denn die Annahme von Ausgleichsflächen bei gleichzeitiger intensivierter Nutzung anderer, die Förderung von Flächenstillegungen zur Biotopvernetzung und die Partizipation an Flurbereinigungsmaßnahmen haben das Ziel, Zugriff auf Flächen zu besitzen und Macht auszuüben. Der Naturschutz will hier von den Enteignugen durch die öffentliche Hand profitieren, um sich selbst zu legitimieren und der Landschaft sein Bild aufzudrücken, ein Bild, welches nicht funktionieren kann, da die Nutzung fehlt. Daß der Naturschutz dadurch zum „Vehikel wachstumsorientierter Agrarpolitik“ wurde und wird, fällt vielen schwer einzusehen (vgl. HAAFKE, 1988: 30ff). Ich bin mir durchaus bewußt, daß es den Naturschutz als eine einheitliche Bewegung nicht gibt, ich beziehe meine Kritik jedoch trotzdem auf den gesamten Naturschutz, da der Ansatz des Schutzes in meinen Augen falsch ist. Vielmehr müßte sich der Schutz von selbst erübrigen, wenn die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage umfassend im Vordergrund steht. Zur Ehrenrettung des Naturschutzes ist allerdings zu sagen, daß einzelne Tendenzen vorhanden sind, den Blick zu wandeln, die Konzentration auf einzelne Arten und Reservate abzulegen und flächendeckend zu wirken. Damit wird der ökologische Landbau zu einem neuen Betätigungsfeld.

Öko-Landbau

Der ökologische Landbau bedeutet im Vergleich zur industriellen Landwirtschaft auf jeden Fall eine Entspannung für die Umwelt. Da ein möglichst geschlossener Betriebskreislauf angestrebt wird, ist der Fremdstoffeintrag von außen gering. Es werden keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel verwendet, der Düngereinsatz beschränkt sich auf hofeigenen Wirtschaftsdünger, wobei der maximale Viehbestand an die Fläche gebunden ist und nur geringe Mengen an Futtermitteln und Dünger zugekauft werden dürfen, den Einsatz von Kompost und den Anbau von Leguminosen, auch die klimaschädlichen Emissionen werden durch den geringeren Verbrauch an externer und nicht erneuerbarer Energie vermindert. Im gleichen Zug werden auch die Böden weniger stark beeinträchtigt und ihr Wasserspeicherungsvermögen verbessert.

Artenvielfalt

Zusätzlich zu obigen Faktoren wirkt sich auch der Fruchtwechsel positiv auf die Artenvielfalt in Flora und Fauna aus. Untersuchungen zeigen, daß die floristischen Artenzahlen auf ökologisch bewirtschafteten Äckern um dreißig bis 350 Prozent höher liegen als auf konventionellen Flächen. Dasselbe, wenn auch in geringerem Ausmaß, kann im Grünland beobachtet werden (vgl. FRIEBEN, 1997: 78). Geht man davon aus, daß mindestens zwanzig Arten der Fauna an jede Pflanze gebunden sind, ergibt sich ein vielfacher Effekt im Bereich des Tierbesatzes. Aber nicht nur auf den bewirtschafteten Flächen selbst wird eine höhere Artenvielfalt erzielt. Auch oder gerade in den Randstrukturen entstehen wertvolle Biotope, die im Sinne eines stabilen Nützlings-Schädlings-Systems gefördert werden. So ist eine reichhaltige Gliederung der Betriebsfläche durch Hecken, Feldraine und Feuchtflächen im ökologischen Landbau ein Selbstverständliches.
Kleinteiligkeit und Vielfältigkeit

Ökologisch wirtschaftende Betriebe gehören von der Flächengröße gesehen eher der Klasse der Klein- und Mittelbetriebe an. In den letzten zwei Jahren habe ich auf drei verschiedenen ökologisch wirtschaftenden Höfen gearbeitet, zwei davon waren circa drei Hektar groß. Dies fördert natürlich die Kleinteiligkeit und Vielfältigkeit der Landschaft, die im Sinne einer Artenvielfalt angestrebt wird. Es wäre nun aber falsch diesen Verdienst allein dem ökologischen Landbau zuzuschreiben. Denn gerade die traditionellen Gemischtbetriebe weisen aufgrund extensiver Wirtschaftsweise und hoher Strukturvielfalt manchmal eine höhere Artenvielfalt als ökologisch wirtschaftende Betriebe auf. Ein anschauliches Beispiel ist hierbei der Obstbau. Streuobstwiesen weisen eine enorm hohe Artenvielfalt auf, sind aber eher in konventionellen Traditionsbetrieben als im ökologischen Landbau zu finden. Das liegt daran, daß der ökologische Landbau einem gewissen Intensivierungsdruck unterworfen ist. Denn nur jenes Obst, welches in intensiven Niederstamm- oder Spindelanlagen erzeugt wird, ist der Marktkonkurrenz mit konventionellem Obst gewachsen (vgl. RÖSLER, WEINS, 1997: 136f).

Intensivierungsdruck im Landbau

Auch in anderen Bereichen, etwa im Grünland oder bei der Bodenbearbeitung, leidet die Artenvielfalt unter produktionstechnischen Maximierungen. Die Bodenbearbeitungsmaßnahmen im ökologischen und konventionellen Landbau unterscheiden sich nur teilweise. Die Verwendung von ungeeigneten Maschinen ist dabei ein Aspekt, welcher noch zu betrachten ist. Aber auch über den richtigen Zeitpunkt der Mahd muß nachgedacht werden, damit sich bestimmte Arten halten können. Gerade bei der Bodenbearbeitung wurde schon über eine Verringerung der Eingriffe nachgedacht, und manche Betriebe praktizieren Minimalbodenbearbeitung, d.h., sie wirtschaften pfluglos und säen direkt ein (vgl. FRIEBEN, 1997: 81; RÖSLER, WEINS, 1997: 137).

Rahmenbedingungen
und Blickwinkel verändern

Der ökologische Landbau kann einen Naturschutz durch Nutzung erfüllen, wenn die Rahmenbedingungen des Marktes und der Politik verändert werden. Damit muß sich auch der Blickwinkel des gesamten Naturschutzes ändern, nämlich dahingehend, daß die natürliche Lebensgrundlage und nicht Arten und Biotope erhalten werden. Die Dezimierung, vielleicht sogar das Aussterben einzelner Arten muß wohl in Kauf genommen werden, denn eine Rückkehr zu genau jenen Bewirtschaftungsmethoden von 1850 ist für die bäuerliche Bevölkerung, ja für die gesamte Gesellschaft ökonomisch nicht mehr tragbar. Außerdem, wer schreibt fest, daß dies ein Idealzustand, ein „natürlicher“ Zustand war? War und ist nicht vielmehr die Nutzung ein notwendiger?

Literatur:
FRIEBEN, B. (1997): Arten- und Biotopschutz durch Organischen Landbau. In: Naturschutz durch ökologischen Landbau. S. 73-92. Hg.: Hubert Weiger, Helga Willer. Holm.
HAAFKE, J. (1988): Möglichkeiten der Verbindung von landwirtschaftlicher Produktion und Naturschutz. In: Naturschutz durch staatliche Pflege oder bäuerliche Landwirtschaft. S. 23-61. Hg.: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Rheda-Wiedenbrück.
JEDICKE, E. (1994): Biotopverbund. Stuttgart.
RÖSLER, S., WEINS, C., (1997): Situation der Vogelwelt in der Agrarlandschaft und der Einfluß des ökologischen Landbaus auf ihre Bestände. In: Naturschutz durch ökologischen Landbau. S. 121-152. Hg.: Hubert Weiger, Helga Willer. Holm.



Bildunterschriften:

Naturschutz bezieht sich in Österreich und in weiten Teilen Europas auf die Kulturlandschaft, die durch bäuerliche Nutzung entstanden ist. Das schützenswerte Mosaik von unterschiedlichen aktuellen Lebensräumen ist allein durch diese Nutzung entstanden.

Streuobstwiesen weisen eine hohe Artenvielfalt auf.

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