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Nach Lon­don muss­te es zu­min­dest Wien wer­den
Der Standard

Wohngespräch

Iris Kalt­eneg­ger brach­te das Ar­chi­tek­tur-Event Open Hou­se nach Wien. Hier lebt die Ar­chi­tek­tin mit ih­rer Fa­mi­lie in ei­nem Grün­der­zeit­haus im zwei­ten Be­zirk. Wer fragt, wa­rum, be­kommt als Ant­wort: Ty­pisch!

10. September 2016 - Mar­tin Put­schögl
Iris Kalt­eneg­ger, geb. 1972 in Salz­burg, stu­dier­te Ar­chi­tek­tur an der TU Graz und an der Ar­chi­tec­tu­ral As­so­cia­ti­on in Lon­don. Nach sie­ben Jah­ren als Ar­chi­tek­tin in Groß­bri­tan­nien kehr­te sie 2006 nach Ös­ter­reich zu­rück und lehr­te bis 2009 am In­sti­tut für Städ­te­bau der TU Wien. Ab 2012 ar­beit­ete sie zu­nächst mit der Ar­chi­tek­tin Ka­rin Tschav­go­va, spä­ter mit ih­rer ak­tu­el­len Co-Ver­an­stal­te­rin Ul­la Un­zei­tig da­ran, das Ar­chi­tek­tur-Event Open Hou­se nach Wien zu brin­gen. 2014 war Pre­mie­re, die­ses Wo­che­nen­de fin­det es be­reits zum drit­ten Mal statt.

Ich woh­ne hier mit mei­nem Mann und mei­nen bei­den Kin­dern seit zehn Jah­ren. Wir sind da­mals von Lon­don zu­rück­ge­kom­men und hat­ten zwei Wo­chen Zeit, ei­ne Woh­nung zu fin­den. Das hat­ten wir den Be­kann­ten, bei de­nen wir in die­ser Zeit wohn­ten, ver­spro­chen.

Ich kann­te Wien da­mals über­haupt nicht. Mein Mann stammt aus Graz, ich selbst bin aus Salz­burg. Als wir Lon­don nach sie­ben Jah­ren ver­lie­ßen, wa­ren wir der Mei­nung, dass es wohl schwie­rig wer­den wür­de in ei­ner klein­eren Stadt. Es muss­te zu­min­dest Wien wer­den, das war klar.

Wir sa­hen uns al­so in der Stadt um, und ich woll­te dann un­be­dingt in den drit­ten Be­zirk, weil mir der Ro­chus­markt so gut ge­fal­len hat. Lei­der konn­ten wir in den zwei Wo­chen dort kei­ne Woh­nung fin­den. Da­für sind wir hier im zwei­ten Be­zirk fün­dig ge­wor­den und we­nig spä­ter in ei­ne Miet­woh­nung di­rekt ge­gen­über von un­se­rem jet­zi­gen Wohn­haus ein­ge­zo­gen. Der Miet­ver­trag war be­fri­stet, nach drei Jah­ren muss­ten wir raus. Un­se­re jet­zi­ge Ei­gen­tums­woh­nung kann­ten wir da schon, wir hat­ten sie zu­vor schon mal be­sich­tigt. In den drei Jah­ren kam die Fi­nanz­kri­se da­zwi­schen, die Woh­nung wur­de ein we­nig bil­li­ger. Da wuss­ten wir, dass wir sie jetzt kau­fen müs­sen. Sie hat 100 Qua­drat­me­ter und ist sehr hell.

Die Miet­woh­nung zu­vor hat­te nur 70 m², mit zwei Kin­dern war das schon eng. In Lon­don hat­ten mein Mann und ich al­ler­dings auf nur 35 Qua­drat­me­tern ge­wohnt, in ei­nem Geor­gi­an Hou­se, ganz zen­tral am Fitz­roy Squa­re, er­ster Stock. Die Bel­eta­ge hat­te vier Me­ter Raum­hö­he und ganz ho­he Fens­ter mit Schie­be­ele­men­ten. Man hat­te al­so vor­ne ei­nen 60 cm brei­ten Bal­kon und konn­te die Fens­ter ganz auf­ma­chen. Das war dann so, als wür­de man di­rekt auf der Stra­ße sit­zen. Die­se 35 m² ha­ben sich da­durch nicht so klein an­ge­fühlt.

Die­se Groß­zü­gig­keit ei­ner Woh­nung, die we­ni­ger mit der Qua­drat­me­te­ran­zahl, aber sehr viel mit der Ku­ba­tur zu tun hat, mit der Raum­hö­he, ist mir sehr wich­tig. So­bald man et­was mehr Hö­he hat, hat man das Ge­fühl, man hat nach oben Luft. Ich lie­be es au­ßer­dem, wenn Pflan­zen von oben in den Raum drin­gen und so ein biss­chen Na­tur in die Stadt brin­gen. Ganz wich­tig sind mir au­ßer­dem Lam­pen, ich lie­be Lam­pen. Ei­nen Bal­kon hät­te ich na­tür­lich auch ger­ne, aber der ist halt dann dem Kom­pro­miss zum Op­fer ge­fal­len.

Au­ßer­dem woll­te ich in Wien un­be­dingt in ei­nem Grün­der­zeit­haus le­ben. Ich ha­be ein­mal ein Jahr im spa­ni­schen La Co­ru­ña stu­diert, dort woll­te ich un­be­dingt in den ty­pi­schen Alt­bau­ten mit den vor­ge­häng­ten Win­ter­gär­ten woh­nen. Das ist mir da­mals lei­der nicht ge­glückt – es wur­de ein Neu­bau. Da­mals dach­te ich mir aber schon: Ich möch­te nur noch in ei­ner Woh­nung woh­nen, die ty­pisch ist für die je­wei­li­ge Stadt.

Und das Ty­pi­sche für Wien ist eben die Grün­der­zeit. Die­se gro­ßen Fluch­ten, wenn man die Tü­ren auf­macht, die Wei­te, die man da kre­iert, ist wun­der­schön.

Ich kann mir gut vor­stel­len, hier alt zu wer­den, mit­ten in der Stadt. In Kaf­fee­häu­ser zu ge­hen und die Leu­te um mich zu ha­ben. Das ein­zi­ge Pro­blem hier könn­te wer­den, dass der Lift erst nach ein paar Stu­fen zu er­rei­chen ist.

Ob ich mit mei­ner Woh­nung auch bei Open Hou­se mit­ma­chen wür­de? Ja, wa­rum nicht! Ich war bis­her bloß der Mei­nung, dass es span­nen­de­re Woh­nun­gen gibt als mei­ne. Ich lern­te die­se Ver­an­stal­tung in Lon­don ken­nen. Es geht we­ni­ger ums Ein­rich­ten als um die Art des Woh­nens. Wir wol­len mög­lichst vie­le Kon­zep­te zei­gen: Atri­um­häu­ser, Ge­mein­de­bau­ten, Grün­der­zeit-Zins­häu­ser, mo­der­ne Ar­chi­tek­ten-Ein­fa­mi­li­en­häu­ser. Al­les soll da­bei sein.

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