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Geschenk des Himmels
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Am Donnerstag präsentierte MAK-Direktor Peter Noever in New York Pläne für den Umbau des Flakturms, dem MAK-Depot für Gegenwartskunst, in ein Kunstzentrum.

29. Juni 2000 - Joseph Schimmer
In ein „Geschenk des Himmels“ könnte sich einer der beiden Flaktürme im Wiener Arenbergpark verwandeln, wenn jenes Projekt realisiert wird, das MAK-Direktor Peter Noever zusammen mit den Architekten Sepp Müller und Michael Embacher entwickelt hat. Am Donnerstag wurde das Projekt in New York erstmals öffentlich präsentiert.

Modelle und Pläne zur Umwandlung des Gefechtsturmes im Wiener Arenbergpark in ein Kunstzentrum sind derzeit in der renommierten Max Protetch Gallery in New York zu sehen. „Heaven's Gift - A New Programmatic Strategy for the Presentation of Contemporary Art“ nennt sich die Ausstellung, die die Metamorphose des zwischen 1942 und 1943 erbauten Gefechtsturmes im dritten Wiener Gemeindebezirk in einen „Contemporary Art Tower“ (CAT), einen Turm für zeitgenössische Kunst mit seitlichem Media- und Serviceturm, veranschaulicht.


Größer als das Muqua

Mit einer Gesamtfläche von 12.900 Quadratmeter, verteilt auf neun Stockwerke, verfügt der CAT über mehr Fläche als der Fischer-von-Erlach-Trakt im Wiener Museumsquartier mit seinen rund 11.000 Quadratmetern. Für künstlerische Eingriffe an und in der Haut des geschichtsträchtigen Baukörpers konnten Jenny Holzer und James Turrell gewonnen werden.


Ein Wiener in New York

„Ich wollte das Projekt frei von Emotionen und in einem anderen Kontext präsentieren und zur Diskussion stellen“, begründet Peter Noever, warum ein Wiener Vorhaben in New York vorgestellt wird. Dass die Wahl auf die für ihren Einsatz von Text bekannte Holzer und den Lichtkünstler Turrell fiel - „Für das Projekt kamen einige Künstler in Frage.“ (Noever) - liege an der Beschaffenheit des sperrigen Baukörpers, dessen „rauhe, abweisende Ästhetik“ erhalten bleiben soll. „Die Dinge sollen nicht dekoriert und verschönert werden und diese Künstler können mit diesen Substanzen umgehen.“


Text und Licht

Holzers CAT-Projekt ist von Wladimir Tatlins Entwurf für das „Denkmal der III. Internationale“ (1920/21) inspiriert und besteht aus zwei Teilen, aus Text-Projektionen (mit Xenon-Technik oder/und elektronisch) auf den Turm und um ihn herum sowie einem Suchlicht. Dieses soll von der Spitze des rund 90 Meter hohen Mediaturmes strahlen, der an der Südseite in einigen Metern Abstand neben dem Flakturm geplant ist und dessen Gerüst Platz für Service- und Bürocontainer bietet.


Skyspace von James Turrell

Turrell hat eine Skyspace Bar für eine der vier Plattformen auf dem Turm entworfen. Ein vier Meter (im Durchmesser) großes Loch in der Decke soll den Besuchern einen Blick in den Himmel über Wien bieten und „den Raum zwischen Himmel und Erde als materialisiertes Farbfeld wahrnehmen“ lassen. Daneben will Turrell die fensterartigen Öffnungen in den Außenwänden mit blauen Lichtarbeiten füllen. Auch der Durchgang zur Landstraßer Hauptstraße soll in blauem Licht erstrahlen. Beide Interventionen werden nur in der Nacht sichtbar sein.


Kunst und Kommerz

Das CAT-Projekt sieht die Nutzung der ersten drei Ebenen für kommerzielle Zwecke vor - etwa Kunstmessen, Clubbings, Performances und Konzerte. Die Stockwerke drei bis acht - mit Raumhöhen zwischen 2,5 und 6 Meter - sind reserviert für das CAT-Programm. In die turmartigen Plattformen auf dem Dach sollen neben Turrells Skyspace Bar zwei Restaurants und ein Café einziehen.


„Kein neues Museum“

„Die Idee von CAT ist nicht, ein Museum zu wiederholen, was bei den meisten Museumsneubauten nicht gelungen ist“, betont Noever. Es sei darum gegangen, „einen bestehenden Ort mit all seinen Konnotationen zu transformieren“. Diese Umwandlung von etwas Negativem könne nur Kunst leisten. „Nur Kunst kann negative Stimmung mit positiven Energien besetzen“, meint Peter Noever.


Vom Provisorium zum CAT?

Entwickelt hat sich das CAT-Projekt aus einem Provisorium. Das MAK adaptierte zwei der insgesamt neun Geschoße als Depot für seine Gegenwartskunstsammlung. Seit 1995 sind Teile aus dieser Kollektion auf einer Etage (1.400 Quadratmeter) an jedem ersten Donnerstag im Monat sowie am Nationalfeiertag öffentlich zugänglich.

Zu sehen sind dort neben Architekturmodellen und Stücken aus der Sammlung auch Multiples aus der „Edition Parkett“. Vor allem für größere Sammlungsobjekte sind die Räumlichkeiten ideal. So steht dort beispielsweise eine raumgreifende Arbeit Bruno Gironcolis aus den frühen 70er Jahren, eine speziell für den Ort entstandene, mit Schrift bedruckte Glasschiebetüre von Eva Schlegel, und Ilya Kabakovs aus seiner Installation „Der rote Waggon“ (für die MAK-Ausstellung „Tyrannei des Schönen“) entstandene Arbeit „No Water“. Und Chris Burdens „Pizza City“ hat genug Platz, sich weiter zu entwickeln.


Der Luxus des Übervolumens

Die Räume - so Noever - „funktionieren“ und der Turm biete den „Luxus des Übervolumens“. Von den Räumen, die so nie für ein Museum gebaut würden, hätten sich bisher auch viele Künstler angetan gezeigt. Angetan war auch Thomas Krens, Direktor der Guggenheim Foundation, der an der Bespielung der sechsten Etage mit Wechselausstellungen aus der Guggenheim-Sammlung interessiert ist.


Internationale Berater

Krens gehört auch dem „CAT International Advisory Board“ an, einem Team internationaler Experten, das als Berater in programmatischen und finanziellen Dingen fungieren soll. Weitere Mitglieder sind die Kuratorin und document-X-Leiterin Catherine David, der Kunstsammler Georg Geyer, der Philosoph und Kunsttheoretiker Boris Groys, der Industrielle und Kunstsammler Cornelius Grupp, der Museumsdirektor und Kurator Jan Hoet, Erste-Bank-Chef Andreas Treichl sowie der Urbanist und Essayist Paul Virilio.


Knackpunkt Geld

Im vorigen Jahr wurde eine Machbarkeitsstudie zu diesem Projekt dem damaligen Bundeskanzler Viktor Klima und Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer übergeben. Seither gab es Gespräche mit Vertretern des Bezirks. So sei die Höhe des Medienturms nach Gesprächen mit dem Bezirksvorsteher gesenkt worden. Die Nettokosten für den von Noever auf zwei Jahre projektierten Umbau inklusive Einrichtung betragen rund 260 Millionen Schilling. Der Betrieb - so Noever - könne mit den Einnahmen aus Gastronomie und Vermietungen etwa zu zwei Drittel finanziert werden. Vollständig selbst finanzieren werde sich das Projekt nicht können. „Es gibt keine Kunstinstitution, die sich selbst rechnet“, betont Noever.


Tipp:

Die Ausstellung „heaven's gift - CAT Contemporary Art Tower - A New Programmatic Strategy for the Presentation of Contemporary Art“ Ausstellung in der Max Protetch Gallery in New York ist vom 30. Juni bis 28. Juli zu sehen. Zur Schau erscheint ein 72-seitiges Katalogbuch (Hatje Verlag Ostfildern) mit Beiträgen von Catherine David, Boris Groys, Paul Virilio, Lebbeus Woods und Thomas Krens.

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